Manuel Neff

Die Chroniken von 4 City - Band 1-3


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fragt die Rothaarige erneut ängstlich nach. Plötzlich blickt die Oberin auf. Ihr Blick verändert sich wieder zu der gewohnten Härte.

      »Ich habe euch schon viel zu viel erzählt. Geht auf eure Zimmer!«, befiehlt sie harsch. Love und die Rothaarige stehen auf. Als sie fast an der Tür sind, hört Love die Oberin noch etwas sagen. »Es tut mir leid.« Es ist nicht mehr als ein tonloses Wispern und Love ist sich nicht sicher, wen sie damit meint und zu wem sie gesprochen hat. Zu dem halbtoten Mädchen, zu ihnen oder zu sich selbst.

      Love sitzt in ihrem Zimmer und lässt die Ereignisse Revue passieren. Die Schrottsammler treiben Handel mit den Menschen. Nicht mit irgendwelchen Menschen, sondern mit den schlimmsten Kreaturen, die sich Love vorstellen kann. Sie fragt sich, wer furchtbarer ist. Der Master, der die Mädchen eintauscht oder die Käufer? Beide verdienen eine gerechte Strafe! Sie fasst sich an ihr Halsband. Es funktioniert mit Æther und es gibt eine Art Fernsteuerung, die nicht einwandfrei ist. Warum sonst waren auch die Bänder der anderen Mädchen und ihr eigenes davon betroffen, als der Mann den Sender für das Halsband des schwarzhaarigen Mädchens betätigt hat? Sie muss das Ding loswerden oder es zerstören. Nicht auszudenken, wenn sie an einen ähnlichen Menschen wie diesen Widerling heute verkauft werden sollte. Sie muss verstehen, wie das Halsband beschaffen ist. Ein Buch darüber lesen oder es so wie immer machen. So wie mit allen anderen kaputten Apparaten, die ihr Vater angeschleppt hat. Es auseinanderbauen und die Logik dahinter entschlüsseln. Das ist Loves Talent.

      Das Band kann sich um den Hals zusammenziehen und es kann auch explodieren, überlegt sie. Wenn man es öffnet, tritt Dampf aus und darunter hat etwas schwach geleuchtet. Das war das Ektoplasma, kombiniert Love und es ist eine Technologie der Menschen. Mehr weiß sie im Grunde noch nicht darüber.

      Die Oberin gibt ihr Rätsel auf. Sie scheint auch eine Gefangene zu sein, auch wenn sie kein metallenes Halsband trägt.

      Als es im Korridor ganz still geworden ist und nur noch vereinzelt ein feines Weinen oder leises Schluchzen von einem der anderen Mädchen zu hören ist, schleicht Love lautlos zur Tür. Wie nicht anders zu erwarten war, ist sie abgeschlossen. Türen zu knacken ist für Love ein Kinderspiel. Alles was sie dazu braucht, ist das richtige Werkzeug. Sie löst die kleine metallene Haarnadel und die letzte lange Strähne ihrer ursprünglichen Mähne fällt auf ihre Schultern. Eine Minute später hat sie das Schloss geknackt und öffnet die Tür. Erst einen Spalt breit und als sie sich sicher ist, dass die Luft rein ist, schleicht sie sich hinaus auf den Flur. Drei Zimmer weiter drückt sie die Türklinke nach unten. Diese Tür ist nicht abgeschlossen. Sie schlüpft hinein und findet das arme Mädchen auf dem Bett liegen. Love stülpt sich der Magen um, als sie den Geruch bemerkt. Der Darm und die Blase des Mädchens müssen sich entleert haben. Love presst die Lippen zusammen und versucht, den Geruch, den der Tod mit sich trägt, zu ignorieren. Sie legt zwei Finger auf die Halsschlagader des Mädchens und erhält Gewissheit. Jetzt wandert sie mit leicht zittrigen Händen zu dem beschädigten Halsband und versucht seinem Geheimnis auf die Schliche zu kommen.

      Ektoplasma

      In der einen Hand hält Love ein paar der Einzelteile, die sie aus dem Halsband des toten Mädchens entfernen konnte. Mit den Fingerspitzen der anderen berührt sie ihren eigenen Metallreif, der sich eng um ihren Hals legt. Æther? Was für ein faszinierendes Element, überlegt sie, als sie wieder auf dem Flur steht. Was man damit alles machen könnte. Eine unerschöpfliche Energiequelle.

      Vielen der Apparate, die Love in den letzten Jahren rekonstruiert hat und leider nie funktioniert haben, könnte sie mit Æther wieder Leben einhauchen. Fast hätte sie über die Faszination ihrer Entdeckung den Tod des Mädchens vergessen. Love schaut sich zu beiden Seiten um. Welchen Weg soll sie wählen? Links geht es zu ihrem Zimmer. Am Ende des Flurs sieht sie eine weitere Tür. Die Neugier siegt. Vorsichtig geht sie Schritt für Schritt auf das Unbekannte zu. Immer einen Finger auf dem Halsband. Wenn sie die Geheimnisse bis jetzt richtig ergründet hat, dann vibriert der Æther, kurz bevor er Energie freisetzt. Sie hat es in ihrem eigenen Halsband gespürt, als das Mädchen davonrannte, und sie hat es auch der Technik des zerstörten Bandes entlockt. Sollte sie sich zu weit von dem Sender entfernen, dann wird der gespeicherte Æther, das Ektoplasma in dem Halsband aktivieren und das Band würde sich um ihren schlanken Hals zusammenziehen.

      Sie erreicht unbeschadet die Tür. Diese lässt sich öffnen und Love betritt die andere Seite.

      Sie hat schon einiges von diesem, aus Backsteinen errichteten Gebäude, gesehen aber dieser Anblick und das, was noch kommen könnte, lässt ihr den Unterkiefer herunterklappen.

      Gold, Marmor und Terrakotta. Der Architekt entwarf die Räume mit gotischen Fassadenelementen und byzantinischen Kuppeln. Er bediente sich unterschiedlichster Stile und doch wirkt alles so, als entstamme es einer anmutigen Geschmackswelt.

      Eine Marmortreppe steigt zu Loves Füßen nach oben an. Sie hebt das Kinn und betrachtet die Mosaike an den Wänden und auf der Decke. Weiter oben flankieren zwei Fresken den Zugang zur nächsten Ebene. Sie geht weiter. Atemlos und fasziniert von so viel Schönheit. Die Fresken tragen die Namen Arbeit und Handel. Sie sind von mehreren kleinen Büsten umgeben, welche Menschen aus der Alten Welt darstellen.

      Love geht weiter geradeaus und will in Erfahrung bringen, was es alles zu entdecken gibt. Ihre nächtliche Inspektion gleicht mehr und mehr einem Museumsrundgang. Diese Bereiche könnten einst zu einer Bank gehört haben, überlegt sie. Die Ähnlichkeit zu dem Gebäude, in dem ihr Vater residierte, ist unübersehbar. Was sich weiter oben befindet, entzieht sich leider Loves Kenntnis, denn plötzlich fängt das Halsband leicht an zu vibrieren. Sie macht einen Schritt zurück und es hört wieder auf.

      »Also gut, bis hierher und nicht weiter«, sagt sie zu sich selbst.

      Dennoch schaut sie nach oben und wendet den Blick nach links und rechts. Auf beiden Seiten oberhalb der Treppe befinden sich riesige Fenster. Da Love dahinter Deckenleuchten erkennen kann, befinden sich dort ebenfalls Räume oder ein weiterer Gang, doch für heute Nacht ist es genug und sie kehrt um. Plötzlich fällt ihr Blick auf ein kleines Detail hinter dem Treppenabsatz. Eine kleine metallene Kiste. Love geht die paar Schritte und ihr Herz macht einen Freudensprung. Ein kleiner Werkzeugkasten. Sie öffnet ihn und findet darin Zangen und Hämmer und weitere Hilfsmittel für Restaurationsarbeiten, aber auch ein kleines Taschenmesser. Sie nimmt es heraus, versteckt es in einer Innentasche ihres Kleides, lächelt und schließt die Kiste wieder. Sie hofft, dass niemand das Messer vermissen wird.

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