Frank Pfeifer

Magic Stoner


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für deine Abteilung bist.«

       »Meinst du wirklich?«

       »Wie willst du überhaupt nach oben kommen? Ewig wird dir der Abteilungsleiter vor der Nase sitzen! Verbinde die Möglichkeiten, die die Firma dir bietet! Du hast Zugang zu den Rechnern, an denen du für die Firma aber nach Dienstschluss forschen und gleichzeitig dir ganz privat noch etwas dazu verdienen könntest. Im Endeffekt würdest du dadurch eine bessere Stellung und mehr Geld bekommen! Das ist doch in jeder Hinsicht optimal.«

       »Aber wie sollte deine Idee in meiner Abteilung von Nutzen sein, die sich vorwiegend mit der Erstellung von Nutzerprofilen befasst?«

       »Das weiß ich nicht, Manfred! Fühle dich gefordert. Hat dich denn nach dem Studium jemals wirklich wieder die Neugier, der Forschergeist gekitzelt?«

       Manfred verstummte eine Weile am anderen Ende der Leitung.

       »Du hast recht, Wolf. Großteils ist meine Arbeit inzwischen reine Routine.«

       »Siehst du! Fühle noch einmal das jugendliche Feuer deiner ersten Studienjahre.«

       »Ja, Wolf. Weißt du, damals sah das Leben wirklich noch anders aus. Ich hatte diesen Professor, der mich protegierte und wirklich große Stücke auf mich hielt… und weißt du noch, wie wir uns trafen und ich die Platzwunde über dem Auge hatte? Da hatte ich mich mit einem Typen geprügelt, der an mein Mädchen wollte…«

       »Du warst ein wirklicher Held, Manfred!«

       »Es war eine gute Zeit.«

       »Das bist du immer noch, du hast dich nicht verändert, ich spüre deine Energien.«

       »Wirklich?«

       »Aber klar doch! Schon an dem Abend, als wir uns zufällig trafen, hattest du dieses Feuer in den Augen und ich dachte mir, das ist Manfred wie er leibt und lebt, das ist der einzige, der mir helfen kann.«

       »Ich werde es mir noch einmal überlegen.«

       »Ich werde eine der Götzen nach dir benennen.«

       »Das wäre nett.«

       »Also, hau rein, Manfred!«

       »Werde ich machen, ok. Wir telefonieren dann noch mal. Ciao!«

       »Ciao, Manfred.«

       Das Badewasser war inzwischen kalt geworden, meine Haut bereit, sich in kleinen weißen Fetzen abzulösen. Puh, nochmal geschafft. Ich hoffte nur, dass der gute Manfred nicht zu viel Aufsehen erregen würde, der erwachte Workaholic. Auch wusste ich nicht, inwieweit mein Appell an seine jugendliche Heldenehre unter dem Druck des Alltages vorhalten würde. Hoffentlich war er klug genug, den Begriff Hacker nicht im Beisein fremder Ohren zu äußern. Ein falsches Wort zu einem ungünstigen Zeitpunkt, neugieriges Nachfragen und ein wenig autoritärer Druck und Manfred würde alles erzählen, meinen Namen nennen, meine Telefonnummer. Ich kam unter meiner Schrumpelhaut ganz schön ins Schwitzen. Vielleicht war es doch nicht so eine gute Idee gewesen, Manfred in unseren Plan Zamaon lahmzulegen, einzuspannen?

      5

      Nanas Studien waren ebenfalls sehr interessant. Sie erzählte mir Storys vom INTERNATIONALEN POLIZISTEN, die meine Verfolgungsvisionen sehr real aussehen ließen.

       »Hör dir das an! Es geht eigentlich um einen Typen des Chaos Computer Clubs. Der INTERNATIONALE POLIZIST glaubte, dass er Verbindungen zum Terrorismus hatte. Er überwachte seine E-Mails und beobachteten dann zeitweise die Adressaten, besonders in Berlin. Der Typ schien ein Beschaffer von konspirativen Wohnungen zu sein. Er arbeitete in einer Online-Makleragentur, seine Tätigkeit im Chaos Computer Club war sein Hobby. Dadurch hatte er beste Verbindungen zum Immobilienmarkt. In Berlin nutzte er immer wieder leerstehende Wohnungen, teils selbst, teils wurden unbekannte Personen gesichtet. Zivilbullen interviewten die Nachbarn. Dadurch stellte sich heraus, dass die unbekannten Leute, die da gut beobachtet plötzlich und unerwartet in den verdächtigen Wohnungen auftauchten und wieder verschwanden, Mitglieder einer internationalen Arbeitsgruppe zum Thema Knast waren. Der Typ organisierte Forschungsprojekte über den AStA der Technischen Universität, der alle paar Monate Gäste nach Berlin lud, um dort über die unterschiedlichen Erfahrungen in unterschiedlichen Ländern zu diskutieren. Die E-Mail-Überwachung funktionierte bei Adressen aus außereuropäischen Staaten nicht so gut, und daher vermutete man erstmal Kontakte zu staatsfeindlichen Bewegungen. Während einer fingierten U-Bahn-Kontrolle konnte dann einer der Berliner Gäste identifiziert werden. Der Idiot war schwarzgefahren, und die Vermutung des INTERNATIONALEN POLIZISTEN wurde erhärtet. Der Schwarzfahrer war Katalane und in Spanien als anarchistischer Cypherpunk registriert. Der Verdacht, dass der Typ aus Hamburg dadurch Kontakt zum INTERNATIONALEN TERRORISMUS hatte, veranlasste den INTERNATIONALEN POLIZISTEN bei nächstbester Gelegenheit dazu, eine Abhöraktion zu starten.

       Der Typ, hier K genannt, schrieb einem anderen Typen in Köln und kündigte seinen Besuch an. Der INTERNATIONALE POLIZIST startete daraufhin einen Lauschangriff auf die Kölner Wohnung. K kam, die beiden waren alte Studienfreunde, quatschten viel, aber nichts Verwertbares. K wollte einige Sachen für das Maklerbüro klären und ein paar weitere Freunde besuchen. So, so. Vierundzwanzig Stunden lang, drei Tage hindurch, wurde abgehört aber von den konspirativen Freunden in den konspirativen Wohnungen keine weitere Erkenntnis gewonnen. Das schien erst recht suspekt. K fuhr wieder nach Hamburg, sein Freund P wurde weiterhin observiert.

       P war vollständig unverdächtig. Er arbeitete als Ingenieur in einer Installationsfirma, hatte Ehefrau, zwei Kinder, keine Schulden, einen E-Opel, blau. Aber wie sich herausstellte hatte P eine Geliebte, von der seine Frau nichts wusste. Die Abhörelektronik registrierte es mit ihren digitalen Ohren. P traf die Frau in unregelmäßigen Abständen in seiner Wohnung, meist wenn Ehefrau und Kinder Besuche bei der Verwandtschaft machten. P hatte ständig Angst, erwischt zu werden, hatte bisher Glück gehabt, jetzt lauschte der INTERNATIONALE POLIZIST. Die Geliebte war wie er politisch nicht besonders oder wenigstens nicht verdächtig interessiert, das enttäuschte den INTERNATIONALER POLIZIST, hier schien eine Sackgasse zu sein. Weder P noch die Geliebte noch sonst wer äußerten relevante Worte während der gesamten Abhöraktion. Dass die ganze Arbeit umsonst gewesen sein sollte, gefiel dem Dienstleiter überhaupt nicht. Der Plan Integrierung lief an.

       P sollte in den Sold des INTERNATIONALEN POLIZISTEN treten. Immerhin kannte er ja K aus Hamburg. Dieser Kontakt sollte gehegt und gepflegt werden, sodass ein Informationsfluss unbeschreiblicher Schönheit von K über P zum INTERNATIONALEN POLIZISTEN sich in Bewegung setzen würde. Ein Herr mit einer Locksumme von 10.000 Kryptocoins in einer geheimen Wallet klingelte bei P, als dieser zufällig gerade völlig allein zu Hause war. Als P trotz der 10.000 seine Zusammenarbeit verweigerte und stattdessen mit der Macht der Jurisdiktion drohte, zeigte der fein gekleidete Herr einige Videos, die man durch die Aktivierung der Kamera in Ps Laptop erlangt hatte. P mit seiner Geliebten. Der Mann war schnell überzeugt. Er bot seine Mitarbeit an, solange er die Garantie hatte, dass seine Ehefrau nie etwas von seiner Geliebten erfahren würde.

       Obwohl der Kontakt zwischen P und K äußerst spärlich war, blieb P weiter Zuträger des INTERNATIONALEN POLIZISTEN. Aber P bekam Probleme mit seiner Realitätsprüfung. Seit der Lauschaktion vermutete er überall elektronische Ohren. Seine ursprüngliche Wohnung verließ er samt Familie, trotzdem wurde er zusehends seltsamer. Er sprach kaum noch, da er ständig Angst hatte, etwas zu sagen, was ihn erpressbar machte. Mit der Zeit misstraute er allen Freunden, sogar seiner Frau und seinen Kindern. Nach wenigen Monaten sprach er fast gar nichts mehr, nur noch unter der Dusche oder neben einem aufgedrehten Wasserhahn. Die Ehe zerbrach, er verlor seinen Job und landete letztendlich in der Psychiatrie. Dort sprach P nur noch mit seiner Geliebten, das war ungefährlich, da sie ja unverdächtig war, weil die das alles schon wussten. Als ihn eines