Frank Pfeifer

Magic Stoner


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       »Etwas Fremdes.«

       »Etwas Angsteinflößendes.«

       »Lassen wir die Angst weg!«

       »Ok, nehmen wir es einfach als neue Erfahrung.«

       Die grinsenden Joghurts und die leuchtende FUCKING-BIER-INTERNATIONAL-Dose beunruhigten mich jetzt nicht mehr. Und außerdem schmeckte das FUCKING-BIER-INTERNATIONAL einwandfrei, leicht bitter und schön kühl. Nana blickte gedankenverloren auf ihren Laptop, ihre Finger glitten ziellos über das Touchpad.

       »Ich hätte ja noch eine Story auf Lager.«

       »Oh nein, Nana, tu mir das nicht an.«

       »Eine Selbstverarschungsstory des INTERNATIONALEN POLIZISTEN?«

       »Ok, um was geht es?«

       »Es war einmal Manager X. X arbeitete in einem Unternehmen, das Elemente für die Elektronik von Computern herstellte, die von der Rüstungsindustrie für Raketenlenksysteme verwendet wurden. Alles war höchst geheim. Und das Unternehmen war höchst erfolgreich, unterstützt von den Forschungsgeldern aller möglichen Interessenten. Das Unternehmen wollte expandieren. Es benötigte neue Arbeitskräfte. Zum Teil auch einfache Fließbandarbeiter für den Gerätebau. Da gab es keine Empfehlungsliste, die die seelische Verfassungstreue für die Firma bezeugten. X entschloss sich, eine ehrwürdige Unternehmensberatungsfirma zu beauftragen. X traf sich mit einem Vertreter der Firma, der ihm versicherte, genügend Kenntnis in der Personalforschung zu besitzen, um die Personen mit den notwendigen Veranlagungen herausfiltern zu können. X konnte sich erinnern, dass das Gespräch bald sehr vertraulich wurde. Beide fanden sich von Anfang an sympathisch und in ihren Interessen vereint.

       Jetzt arbeitete X auch für den INTERNATIONALEN POLIZISTEN. Dabei ging es weniger um die Geheimnisse der Computertechnologie als um das außerdienstliche Verhalten der Geheimnisträger. Der INTERNATIONALEN POLIZIST hatte X selbst über seinen Alkoholismus gekapert. Er soff und teilte erfreut mit, wenn einer seiner Kollegen auch soff. Oder homosexuelle oder ehebrecherische Neigungen zeigte. Oder Unregelmäßigkeiten im Dienst. Einer seiner Kollegen war Vegetarier, das schien verdächtig. Aber im Großen und Ganzen waren sie ein annehmbarer Haufen. Sie soffen, vögelten, fraßen und sie arbeiteten und das recht gut. Aber X war nicht besonders glücklich. Ob er nun soff, weil er unglücklich war oder unglücklich, weil er soff, blieb ihm bis zum Erscheinen von Priester Alpha ein Rätsel. Priester Alpha war der Unternehmensberater, mit dem sich X sogleich so gut verstanden hatte.

       Priester Alpha war Mitglied der Vulpis-Sekte und zeigte Manager X den Weg der Erlösung. Die Sekte ist hierarchisch als Geheimbund organisiert, auf jeder Stufe gab es einen neuen Happen Geheimwissen mit dem Versprechen von Erfolg und Glück. Manager X trank bald weniger und las öfters die Schriften der Sekte. Er besuchte Seminare und Trainingslager und machte schnell Karriere innerhalb der Organisation. Zusammen mit Priester Alpha versuchten sie vorsichtig auch andere Angestellte auf ihre Linie zu bringen. Schließlich erreichte Manager X die Weihung, die ihm seinen bisherigen Lehrer ebenbürtig machte. Dies war eine der ausgezeichnetsten Stellungen innerhalb der Sekte und gleichzeitig ein Sprung in eine ganz andere Wissensebene, gegen die sich die vorab gereichten Informationen wie kalter Kaffee ausnahmen. Aber um diese Schwelle der Erleuchtung betreten zu können, musste X eine Prüfung ablegen. Die Prüfung lag darin, Informationen vom INTERNATIONALEN POLIZISTEN zu beschaffen. Manager X bestand die Prüfung, erhielt das dritte Coptagramm der Erleuchtung und trank wieder etwas mehr, sein Job war nun doppelt gefährlich.

       Auf der einen Seite stand der INTERNATIONALE POLIZIST, dem er anfangs noch treu berichtet hatte, auch in Andeutungen von den Arbeitsformen des Herren von der Unternehmensberatungsfirma. Auf der anderen Seite lauerte die Sekte mit ihrer inneren Polizei und Erpressung. Schließlich hatte X auf dem Weg der Weihe so einiges getan, was der Veröffentlichung besser entgehen sollte, wollte er nicht seinen Ruf und damit vielleicht seine Stellung verlieren. Die Doppelfront erhöhte seinen Alkoholkonsum schließlich so weit, dass sein Verbindungsmann beim INTERNATIONALEN POLIZISTEN betreten hüstelte und sein Bruder Priester Alpha ihm Recyclingseminare in der nordamerikanischen Zentrale empfahl. Dann unterlief X ein schwerwiegender Fehler während seiner Informationssuche im Datennetz des INTERNATIONALEN POLIZISTEN. Manager X, alias Priester Gelber Boden, wurde vom Dienst suspendiert, verhaftet, verurteilt. Aber inzwischen hatte er schon sensible Informationen verschiedener Rüstungsfirmen aus den Computern des INTERNATIONALEN POLIZIST auspalavert, die nun die ökonomische Planung der Sekte gut für die Taktik ihrer eigenen Wirtschaftsinteressen verwenden konnte.«

       Nana schüttelte ihren Lockenkopf.

       »Die Sekte hatte in ihrem Leitfaden zwei Gebote unserer Zeit. Glück und Wohlstand. Klingt wie ein typischer Werbeslogan. Unendliche Mittel für unendlichen Konsum hieß es bei Vulpis, unendliches Glück durch Selbstoptimierung und all dies gut verstrickt zu einem passenden Mützchen, das man sich zum Zwecke der Seelsorge und des Ohrenwärmens überziehen konnte.«

       Nana war sichtlich desillusioniert und starrte mich hilflos an.

       »Den INTERNATIONALEN POLIZISTEN hat es dabei wenigstens auch erwischt«, sagte ich, »toter Feind, guter Feind.«

       »Du Maoam«, sagte Nana, »aber gesiegt hat die ewige Suche nach Glück. Das gekaufte Glück.«

       »Was wäre besser?«

       »Das geklaute Glück.«

       Das war einer der Sätze, bei denen ich mir nicht sicher war, wie ernst Nana sie meinte. Ihr Zwang zum Klauen war eine Leidenschaft, aus der sie immer wieder eine Philosophie machte.

       »Ok«, sagte ich, »also noch ein FUCKING-BIER-INTERNATIONAL.«

       Ohne böse Vorahnungen ging ich zum Kühlschrank. Den Vorfall vor einigen Minuten hatte ich schon vergessen. Als ich diesmal die Tür öffnete, wurde ich von einem sprechenden Joghurtbecher empfangen. Er war ein Erdbeersahnejoghurt und sprach in dunklem Bariton.

       »Sei gegrüßt, du nichtsdrehender Eiweißberg.«

       Ich schluckte. Die Halos kamen bei FUCKING-BIER-INTERNATIONAL doch eigentlich höchst selten. Aber ich machte ja auch nur eine neue Erfahrung.

       »Hallo… äh… wer bist du denn?«

       »Ich bin der Rosa Rechtsdreher!«

       »So, ja… und was machst du so?«

       »Ich warte auf den Knecht des Lichts.«

       »Den was?«

       »Den Knecht des Lichts.«

       »Und wer ist das?«

       »Der Knecht des Lichtes ist der Wegbereiter für die Heilige Fackel.«

       »Was für eine heilige Fackel?«

       »Die Heilige Fackel, deren herabfallende Glut Glück und Wärme sät und durch deren Asche das Wohlbefinden wächst.«

       »So, und wann kommt der Knecht?«

       »Der Knecht ist gerade angekommen.«

       »Wo ist er?«

       »Du bist der Knecht!«

       »Nee, ich?«

       »Ja, du bist berufen, komm her und friss mich. Du wirst schlank und schön sein und kaum Kalorien aufnehmen. Du bist der Bereiter des Lichts. Komm, komm und friss mich.«

       Ich schlug die Tür wieder zu. Was war heute nur mit dem Kühlschrank los?