Annika Engemann

Vollzeitreisende


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Was zählt sind die Begegnungen mit den Menschen, die Angst, die man spürt, wenn mal etwas schiefläuft oder die atemberaubende Natur, die mir so viel mehr gibt als die neueste Technik, die nach einigen Wochen schon wieder veraltet ist. Die Erlebnisse und Erinnerungen veralten eben nicht.

      Was mich für lange Zeit glücklich macht, sind die zahlreichen Reisegeschichten, die ich in diesem Buch beschreibe. Die lachenden Kinder in Tansania, die so viel weniger haben als ich in meiner Kindheit, die Schönheit der Natur auf der ganzen Welt oder die Freunde, die ich auf meinen Reisen gefunden habe. Die Freundschaften halten oft für lange Zeiten.

      Darüber hinaus habe ich als Kind bereits eine blühende Fantasie gehabt, dutzende von eigenen kleinen Geschichten geschrieben und super gerne gelesen. Die Bücherei war mein bester Freund, aus der ich jede Woche einen Beutel Bücher mit nach Hause nahm, die dann schnell gelesen werden mussten. Als ich noch nicht lesen konnte, las meine Mutter mir vor dem Einschlafen oft vor. Auch das hat mich sehr geprägt. Klar also, dass ich später in meinem Beruf mit den Medien zu tun haben würde. Bücher sind seit frühester Kindheit mein treuer Begleiter. Als jemand, der „irgendwas mit Medien“ studiert hat, kenne ich mich auch ganz gut im Buchhandel aus.

      Ein Traum, den ich seit der frühesten Kindheit habe, ist daher ein Buch zu schreiben. Wie viele Geschichten ich früher mit der Hand geschrieben und meinen Eltern vorgelesen habe. Geschichten über Fabeltiere, Fußballteams oder gar eigene Fortsetzungen, meine Fantasie war grenzenlos. Bestimmt ist der Keller in meinem Elternhaus immer noch prall gefüllt mit den Geschichten, die ich mir damals ausgedacht habe.

      Bücher und Geschichten, fiktiver oder realer Art, sind also seit frühester Kindheit ein fester Bestandteil in meinem Leben. Der Traum eines eigenen Buches ist mir hiermit in Erfüllung gegangen, du hältst meinen Traum in deinen Händen. Dies ist das Ergebnis einer langen Reise.

      Ein Buch voller Geschichten zu den Wundern auf dieser Welt, Anekdoten und Träumen, die in Erfüllung gegangen sind. Die Erlebnisse meiner Reisen über die ganze Welt habe ich zusammengefasst, mich an die witzigsten Geschichten erinnert und mein handgeschriebenes Reisenotizbuch durchforstet. Man vergisst nämlich nach einiger Zeit immer gewisse Einzelheiten und Gefühle, die dank dem kleinen Reisetagebuch nachträglich erlebbarer werden. Dank dieser Erinnerungen und Notizen konnte ich das Buch verfassen. Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen und nehme dich mit auf meine Reise.

      Wie funktioniert eine Weltreise in Teilzeit?

      Meine Weltreise, die über mehrere Jahre und Stationen läuft, habe ich liebevoll „Weltreise in Teilzeit“ genannt. Als mich die Reiselust so richtig packte, war ich gerade mit dem Abitur fertig und begann eine Ausbildung als Medienkauffrau Digital und Print (Generation: „Irgendwas mit Medien“). Zu dieser Zeit eine Auszeit zu nehmen, um die Welt zu bereisen – unmöglich. Zumindest dann, wenn man einen genauen beruflichen Plan hat wie ich.

      Es gibt auch die Typen Mensch, die dann alles abbrechen würden, sich ein Flugticket um die Welt buchen und neu anfangen. Der Typ bin ich garantiert nicht. Immer auf Sicherheit aus, das Leben schon mit 16 Jahren quasi durchgeplant, das bin definitiv ich. Vielleicht ist vieles von der Gesellschaft vorgegeben. Bloß keine Lücke im Lebenslauf hinterlassen. Das könnte ja schlecht ankommen. Manchmal stehe ich mir durch mein durchstrukturiertes Leben selbst im Weg. Mein Mann ist ein sehr spontaner Mensch, sodass es hier oft Meinungsverschiedenheiten gibt. Aber so ist das nun einmal. Spontan sein muss auch gelernt sein, zumindest für mich.

      Obwohl ich ein relativ konservativer und festgefahrener Mensch bin, breche ich manchmal daraus aus. Ich liebe Herausforderungen. Früher dachte ich, dass Veränderungen einfach nichts für mich sind. Alles sollte so bleiben wie es war, da es ja schließlich gut funktionierte. Mittlerweile weiß ich, dass ich Veränderungen in meinem Leben brauche. Neue Gewohnheiten erlernen machen meinen Kopf frei und offen für das Neue. Ich kann trotzdem konservativ sein, aber gleichzeitig Veränderungen annehmen und sogar einfordern.

      Die spontane Weltreise nach dem Abitur trotz festem Ausbildungsplatz fiel also aufgrund meines festen beruflichen Plans raus. Trotzdem nutzte ich die Zeit während und nach meinem Abitur für diverse kleine Projekte. So gewann ich bei einer Verlosung eine Reise nach Sölden, um an einem Snowboardcamp teilzunehmen. Niemals hätte ich damit gerechnet, mit meinen gerade 18 Jahren und ein paar Jahren Snowboarderfahrung mit einer Olympia-Silbermedaillengewinnerin Snowboard zu fahren. Dazu kam die erste kurze Reise alleine mit der Bahn nach Sölden. Dafür, dass ich ansonsten bei Verlosungen und Gewinnspielen immer Pech habe, hatte ich hier wirklich Glück gehabt und neben der Reise ein unvergessliches Erlebnis gewonnen.

      Zudem folgte nach meinem Abitur eine Reise nach Ungarn zu einer Austauschschülerin, die ich fünf Jahre zuvor während eines Schüleraustausches kennengelernt hatte. Noch immer sind wir regelmäßig in Kontakt. Die Zeit während, beziehungsweise nach meinem Abitur war eine Zeit zum Genießen und Träumen. Nach dieser Zeit wurde mir immer stärker bewusst, dass der Drang nach Freiheit in mir schlummert und mir die Welt offensteht. Leider war die Freizeit irgendwann auch wieder vorbei und der Ausbildungsstart rückte näher.

      Ich begann meine Ausbildung in einem Zeitungsverlag in Essen, las nebenbei dutzende Reisebücher und schrieb mir eine To-Do-Liste mit den Reisezielen, die ich unbedingt sehen möchte. Fernweh pur. Nach ersten kleineren Alleinreisen und dem Beenden der Ausbildung Anfang 2016, stürzte ich mich auch noch in ein berufsbegleitendes Studium „Medienwirtschaft und Medienmanagement“ neben dem Beruf als „Ad Manager“ im Medienunternehmen. Also hieß es ab jetzt fast jeden Samstag den ganzen Tag in der Uni sitzen und studieren. Zudem spiele ich seit meinem vierten Lebensjahr Fußball und war somit jeden Sonntag und dreimal die Woche zum Training ausgebucht. Dazu kommen noch Hobbys, wie Klavierspielen, Motorrad fahren oder Snowboarden. Ob ich meinen Freund damals oft gesehen habe? Beantwortet sich von allein.

      Wie soll man mit diesem Terminplan und trotz 40-Stunden-Job um die Welt reisen? Funktioniert, kann ich euch sagen. Mit gutem Zeitmanagement, Disziplin und Ehrgeiz kann man auch mit dem engen Zeitplan eine Menge Reisen. Alle Feiertage bestmöglich ausnutzen, möglichst abends und nachts fliegen, um einen Urlaubstag zu sparen und jegliche Wochenenden ausnutzen, damit gewinnt man schon einmal einige potenzielle Reisetage mehr. Aus 30 Urlaubstagen werden dann vielleicht 40, wenn man gut und effizient plant.

      Als frische Vollzeitbeschäftigte machte ich meine erste große Reise im August 2016 nach Australien. Na klar, gleich bis ans Ende der Welt! Wenn Weltreise dann richtig, dachte ich mir und machte mich allein auf in die große weite Welt. Die einzelnen Beschreibungen meiner Reisen findet ihr in den folgenden Kapiteln.

      Warum ich meist allein durch die Welt reise? Na ja, ganz allein bin ich ja nicht. Immer an meiner Seite ist mein Kuscheltier Kängi, das mich seit meiner Geburt begleitet, mir Beistand gibt und immer mit auf Reisen geht. Spaß beiseite. Ich würde sagen, es hat sich einfach so ergeben. Mein Freund steckte damals noch im Studium, meinen Eltern waren meine Reisen meist zu verrückt und zu weit und eine/n Freund/in habe ich auch nicht für meine Reisevorhaben gewinnen können. Also allein raus in die Welt.

      Alleinreisend gibt es so manche Vorteile. Man muss nicht auf andere Rücksicht nehmen, kann sich seinen Plan ganz allein machen und sucht sich seine Restaurants selbst aus. Es gibt keinen Streit, außer manchmal mit seinem eigenen Ich. Dafür muss man sich natürlich um alles selber kümmern, hat keine andere Meinung bei schwierigen Entscheidungen und muss sich auf sich selbst verlassen.

      Auf meinen Reisen in ferne Länder habe ich meinen Freund und jetzigen Ehemann natürlich sehr vermisst. Insbesondere wenn man Abenteuer für die Ewigkeit erlebt, die schönste Natur vor sich hat oder sich einfach nur kurz austauschen will, aber keinen Handyempfang hat. Wie schön wäre es, diese Momente mit jemandem zu teilen? So gut es geht, habe ich natürlich meine Familie und Freunde über SMS oder die sozialen Medien auf dem Laufenden gehalten. Auf einigen meiner Reisen gab es aber eben für einige Tage keinerlei Handyempfang, sodass ich mit meinen Gedanken und Erlebnissen allein klarkommen musste. Für mich sind die Reisen, die ich allein unternommen hat, eine kleine Reise zu mir selbst. Ich muss mich allein in der Welt zurechtfinden, auch mal fremde Leute ansprechen, die mich nicht verstehen oder Entscheidungen ganz allein treffen.

      Keineswegs einfach, aber auch Überwindung. Ich würde jedem raten,