Annika Engemann

Vollzeitreisende


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austauschen kann über das Erlebte. Außerdem war ich auf meinen Reisen nie ganz allein. Ich konnte auf die Einheimischen vertrauen, mich mit anderen Reisenden austauschen und wenn ich doch mal Hilfe benötigte, hatte ich meist keine Probleme jemanden für mein Problem zu finden. Oft habe ich sogar mehr Hilfe erhalten, als ich gedacht hätte.

      Nach der Australien-Reise war mein Reisefieber vollends gepackt! Jede freie Stunde wurde mit der Reiseplanung verbracht, um möglichst viele Urlaubstage in meinen Terminkalender und zwischen Semesterferien, Weihnachtsfeiern und der Fußball-Sommerpause zu packen. Im Januar 2017 folgte dann eine weitere Fernreise mit meinen Eltern nach Curacao. Einmal nicht Alleinreisende, aber trotzdem ein super Abenteuer!

      2017 war ohnehin mein absolutes Reisejahr. Neben Curacao und einer Wohnmobilreise durch Österreich und Italien stand im November das Highlight Nepal an: Meine erste Wanderexpedition zum höchsten Berg der Welt! Spätestens nach dieser Reise war trotz aller Strapazen die sprichwörtliche „Wanderlust“ gepackt. Fernweh gepaart mit Wanderfreude, eine gute Mischung für viele weitere spannende Expeditionen. Kaum wieder daheim plante ich schon die nächste Wandertour. Im folgenden Jahr sollte es zum Kilimanjaro nach Tansania gehen! Jedes Jahr eine andere Fernreise, wie ist das trotz meines eng getakteten Zeitplans möglich?

      Die Antwort liegt in guter Organisation, optimaler Ausnutzung der klausur- und studienfreien Zeit und Sparen. Denn dadurch, dass ich mehrmals im Jahr Urlaub in fernen Ländern machte, wurde natürlich auch mein Sparkonto etwas beansprucht. Aber da ich Vollzeit berufstätig war und keine anderen großen Ausgaben hatte, war das auch kein Problem. Zudem bin ich ein Sparfuchs und suche auch mal ein paar Tage lang nach dem besten Preis für einen Flug oder ein Hotel. Die Tricks der Fluganbieter sind mir schon längst bekannt, sodass ich bei diesen Buchungen immer ein paar Euro sparen kann.

      Für mich ist dieser Lebensabschnitt perfekt für Fernreisen. Ich bin jung und sportlich, will die Welt entdecken, verdiene Geld und kann meine Reisen selbst planen, da mein Mann ohnehin die meisten Fernreisen nicht mitgemacht hätte. Er begeistert sich nicht für die Wandertouren, von denen ich träume, akzeptiert aber, dass ich auch alleine reise. Das rechne ich ihm hoch an.

      Im November 2018 flog ich also allein nach Tansania, ehe es im folgenden Jahr etwa zur gleichen Zeit nach Südamerika ging, genauer nach Patagonien, Argentinien, Chile und Brasilien. 2019 sollte ein gutes Reisejahr werden, da ich mir gemeinsam mit meiner Mutter einen Traum erfüllte und im April nach Kanada reiste, natürlich zum Skifahren! Im April ist es in den kanadischen Skigebieten noch sehr schneesicher, sodass es für uns die perfekte Zeit für eine Skireise nach Kanada war.

      Dank meiner vielen Reisen in den letzten Jahren habe ich mir meinen Traum erfüllt und bereiste sechs Kontinente vor meinem 25. Geburtstag, insgesamt 31 Länder und dutzende Kulturen. In Nordamerika bereiste ich Kanada und die USA, in Südamerika Argentinien, Brasilien und Chile, in Afrika Tansania, in Asien Nepal, in Europa dutzende Länder und natürlich Australien. Selbstverständlich habe ich nicht alle Kontinente von Norden nach Süden und von Westen nach Osten bereist. Doch ich habe einen Einblick in die dortige Kultur erhalten, die auf den verschiedenen Kontinenten teilweise doch sehr unterschiedlich sind.

      Nordamerika, Südamerika, Afrika, Asien, Australien, Europa - Check! Ihr wisst vielleicht, was noch mein absoluter Traum wäre: Eine Antarktis Expedition! Um auch noch den siebten und letzten Kontinent „abzuhaken“. Aber das wird erstmal hinten angestellt.

      Begleite mich auf meiner Reise über sechs Kontinente durch die verschiedenen Länder, begegne den Menschen, die mir auf meinen Reisen ans Herz gewachsen sind und fühle die Reiselust, die mich auch im Alltag stets begleitet.

      USA

      Unsere Reise mit der ganzen Familie führte uns im März 2010 in den Westen der USA, von Denver über Las Vegas und San Francisco nach Los Angeles. Eine Familie, meine Eltern und einer meiner beiden Brüder, und ein Wohnmobil. Drei Wochen auf engsten Raum mit pubertierenden Teenagern, na wenn das mal gut geht…

      Wir Kinder bezahlten die eigenen Flüge selbst, meine Eltern hatten das Wohnmobil ohnehin gebucht. Ich jobbte in einer „Weihnachtsbäckerei“ für Kinder, um die Flüge zu bezahlen und hatte sogar noch etwas „Urlaubsgeld“ übrig.

      Von Denver ging es durch kurvige enge Straßen und atemberaubende Landschaften in Richtung der ersten Sehenswürdigkeit, dem Arches Nationalpark. Hier sind die imposanten Felsbögen das Highlight und man kann schöne Wanderungen unternehmen. Eine Anekdote, die in unserer Familie noch oft erzählt wird, ist das fehlende englische Verständnis meines Vaters. Er meinte, dass wir doch immer auf dem Wanderweg „Stay on trail“ bleiben müssten, als wir an einem der Schilder vorbeikamen. Wir schauten ihn ungläubig an, sahen, dass er es nicht als Scherz gemeint hatte und prusteten dann los vor Lachen. Auch Jahre später kommt diese Geschichte auf Geburtstagen oder sonstigen Feiern gerne wieder zur Sprache.

      Nachts wurde es im Arches Nationalpark empfindlich kalt und wir hatten sogar noch auf Schnee, sodass wir im Wohnmobil die Heizung anmachen mussten und uns mit dicken Decken einkuschelten.

      Weiter ging es an vielen anderen Nationalparks entlang in Richtung Grand Canyon Nationalpark. Der Colorado River bestimmt hier die Landschaft und teilt die Felsformationen förmlich in zwei Hälften. Die Schluchten, die sich vermutlich vor etwa fünf bis sechs Millionen Jahren gebildet haben, lassen den Canyon fast schon unwirklich wirken. Der Grand Canyon ist etwa 450 Kilometer lang und bis zu 1.800 Meter tief. Über den Grand Canyon gibt es keine Brücken, was dem Naturschutz zu Gute kommt. An einigen Stellen kann man die Schichtenabfolgen super erkennen. Die unterschiedlichen Farben der Gesteinsschichten wirken fast so, als ob sie jemand mit Farbe angemalt hat.

      Von den vielen Aussichtspunkten kann man die Schönheit dieser Natur sehen. Man sollte beim Fotografieren jedoch aufpassen, dass man nicht zu nah an den Felsrand gerät! Hier soll es schon einige tödliche Unfälle bei der Suche nach dem perfekten Foto gegeben haben. Man kann im Grand Canyon Nationalpark Wanderungen unternehmen, auf Eseln in die Schlucht reiten oder einfach nur die Aussichten genießen. Das Panorama des Grand Canyon hat sich sehr in mein Gedächtnis eingebrannt und ist für mich eines der schönsten Naturwunder unseres Planeten.

      Neben dem Grand Canyon hat mich auch das Monument Valley sehr begeistert. Es liegt auf dem Colorado-Plateau an der Grenze von Utah und Arizona im Navajo-Reservat. Dank seiner einzigartigen Tafelberge und bizarren Felsformationen diente es bereits in einigen Filmen als Kulisse für Dreharbeiten. Hier wurden diverse Western und Filme, wie „Spiel mir das Lied vom Tod“ oder „Easy Rider“, gedreht. Das Navajo-Volk ist das zweitgrößte der indianischen Völker der USA. Der Monument Valley Park wird von dem Volk eigenständig verwaltet und bietet einen kleinen Campingplatz, auf dem wir übernachteten.

      Im Monument Valley Park kann man auf kleinen holprigen Straßen sogar mit dem Wohnmobil fahren. Zwar sind auf unserer Fahrt durch das unebene Gelände einige Teller und Tassen aus den Schränken gefallen, die mein Bruder und ich gleich wieder einsammelten. Zum Glück war das Geschirr bruchsicher und die Fahrt konnte weitergehen.

      Wir sahen viele Kojoten auf dem Weg durch den Park und konnten die verschiedenen Felsformationen und großen Tafelberge bequem aus dem Wohnmobil aus bestaunen. Die Felsen haben fast alle Namen der Ureinwohner erhalten. So gibt es einen „linken“ und einen „rechten Handschuh“, da die Felsen bei genauerem Hinsehen genau an diesen erinnern. Man kann zudem auch seiner Fantasie freien Lauf lassen und andere Dinge oder Tiere in den Felsformationen erkennen.

      An jeder beliebigen Stelle kann man anhalten und die Gegend auch zu Fuß erkunden. Der Park ist im Vergleich zu den größeren Nationalparks recht wenig besucht, sodass man hier fast immer ungestört ist.

      Am Parkeingang befindet sich ein kleines Museum des Indianerstammes, welches sehr interessant ist und die verschiedenen Entwicklungsphasen in der amerikanischen Geschichte aufzeigt. Das Monument Valley war für mich das Highlight dieser USA-Reise. Das Panorama wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben, da bin ich mir sicher.

      Anschließend ging es für uns weiter über Lake Powell nach Las Vegas. Ein Spielertraum wird wahr. Aber auch ohne viel Gewinn ist diese Stadt etwas ganz Besonderes! Da ich noch nicht volljährig war, durfte ich in die „richtigen“ Casinos nicht hinein, was ich