Rita Renate Schönig

NOTH GOTTES


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immer so. Bis vor fast einem Jahr stand sie meist sogar in ihrer Tür, wenn Nicole nach Hause kam; oft mit einem Teller in der Hand auf dem ein Brot mit Wurst und Käse lag oder ein paar kalte Frankfurter Würstchen. Das hatte sich geändert, seit Herbert hier sozusagen eingezogen war.

      In den Sommermonaten blieben die beiden abends länger weg, gingen am Mainufer spazieren, saßen außerhalb eines netten Restaurants in der Altstadt oder auf Herberts Terrasse. Manchmal war Nicole eingeladen. Aber eben nur manchmal. Ein wenig traurig war sie schon darüber. Insbesondere nach einem Tag wie diesem, hätte sie sich gerne mit ihrer Helene unterhalten, zumindest ihre Gesellschaft genossen.

      Nicole seufzte. Nun ja, so ist das Leben. Man muss loslassen können.

      Sie erinnerte sich an den Abend, als Herbert quasi bei ihr um Helenes Hand angehalten hatte. Nicht, dass die beiden hätten heiraten wollen. Aber, selbst wenn – Nicole war nur Mieterin in Helenes Haus, nicht ihre Tochter, obwohl sie es sich manchmal wünschte. In den vergangenen Jahren hatte sich zwischen ihnen eine enge freundschaftliche Beziehung entwickelt. Dennoch hatte sie keine Berechtigung, Helene in jeglicher Hinsicht etwas vorzuschreiben. Und das würde sie auch nie tun. Trotzdem hatte sich in ihrem Bauch ein warmes Kribbeln ausgebreitet, als Herbert sich sichtlich nervös erkundigte, ob er im Mädel-Haus, willkommen sei.

      Nichtsdestominder fühlte sich Nicole – gerade jetzt – im Stich gelassen, wenn nicht vernachlässigt. Vielleicht war sie aber auch nur müde und deshalb in einem depressiven Stimmungstief.

      Sie öffnete die Tür zum Balkon und ließ frische Luft in die Räume. Eine Gewohnheit, die sich im Laufe der Jahre zu einem Rituell entwickelt hatte. Ebenso der Blick über das Balkongeländer, auf die zurzeit gähnend leere Terrasse.

      Ein Grund mehr, sich einen Schluck ihres heiß geliebten Greenoore zu gönnen, sozusagen als Trostpflaster. Der irische Whisky war das einzige hochprozentige Getränk, das Nicole sich ab und zu gestattete. Sie füllte die goldene Flüssigkeit einen fingerbreit ins Glas, setzte sie sich mit angezogenen Beinen auf den Liegestuhl und blickte in den dunklen Himmel.

      Ein heimeliges Paradies, dachte sie gewiss zum tausendsten Mal. Die Stille wurde gelegentlich nur durch Stimmen später Wirtshausbesucher vom nahen gelegenen Marktplatze unterbrochen. Oder, wie jetzt, durch Nicoles knurrenden Magen. Seit einer kleinen Mahlzeit am Mittag, bestehend aus einem Salat mit Ei, Käse und Schinken, hatte sie nichts gegessen.

      Lustlos bewegte sie sich in Richtung Kühlschrank und stellte schnell fest, dass der Inhalt kein kulinarisches Diner zuließ ... wieder einmal. Fast mitleidig lächelte sie das Mönchsgesicht von der Schachtel einer Käseverpackung an. Genug gegrinst, murmelte Nicole. Jetzt bist du fällig.

      Mit einer Scheibe Knäckebrot, ihrer eisernen Reserve, dem Käse – die Ränder waren schon etwas gelblich und leicht gewölbt, aber trotzdem noch essbar – sowie einem Glas Cola machte sie es sich auf ihrer Couch bequem und schaltete den Fernseher ein.

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