Frater LYSIR

Magisches Kompendium - Runen und Runenmagie


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die Liturgie, die Geschichte und das Recht primär mündlich weiter gegeben wurden, hatten die Runen „keine Zeit“ sich gegen die lateinischen Buchstaben durchzusetzen. In diesem Kontext muss man sich auch noch mal darauf besinnen, das Papier bzw. Papyrus nicht immer einfach zu generieren war, da auch hier die jeweiligen Witterungsverhältnisse eine wichtige Rolle spielen. Runen wurden deshalb als heilige und magische Symbole angesehen und vor allem für Inschriften zum Gedenken an Verstorbene oder an besondere Ereignisse in die Umgebung des jeweiligen Ortes graviert. Holz oder auch Stein ist deutlich langlebiger als Papier. Auch für Weihezwecke oder zur Verzierung von Gegenständen wurde die Runenschrift gern verwendet. Weiterhin war es aber die Priesterkaste, die die Runenzeichen in magisch-religiösen Praktiken verwendeten, sodass auch hier wieder die normale Landbevölkerung, die einen täglichen Kampf des Überlebens ausfochten, keine große Zeit hatten, sich mit den Runen zu befassen und diese zu lernen. Natürlich gab es schon immer Menschen, die klare Besonderheiten darstellten, sei es nun Künstler, Architekten, Krieger oder einfach geborener Anführer. Diese kannten die Runen, sie wussten um die Runen, und sie verwendeten auch die Runen. Die Runen wurden als ein fester Bestandteil unter den Begrifflichkeiten "Galdrar oder Seidr/Seid" verstanden. Hiermit ist ein Gesang gemeint, um die Kraft einer Rune zu beschwören. Dies führte im weiteren Verlauf auch zur Praxis, dass die Runen in Talismane und Schutzamulette graviert/geritzt wurden, welche dann getragen wurden – ähnlich wie heute. Natürlich wurde dieser Runengesang auch verwendet, wenn es um eine divinatorische Verwendung ging.

      Wenn man sich mit den Runen beschäftigt, wird man sich am Anfang auch immer mit der gesprochenen Magie beschäftigen müssen, mit der Macht der Klänge, mit den Möglichkeiten, die das gesprochene Wort beinhaltet. Gerade bei den Runen wird man verschiedene Möglichkeiten finden, Möglichkeiten, die sich auch auf verschiedene Runenreihen beziehen. Im Laufe der ganzen Jahre, im Laufe von kulturellen Entwicklungen, im Laufe von Individualisierung wurden verschiedene Runenreihen ersonnen, verwendet, geschmälert, erweitert und magisch forciert. Bei einigen Runenreihen muss man genauer hinschauen, bei anderen Runenreihen ist der Unterschied mehr als nur klar zu sehen. Bevor ich mich jetzt tiefer in das Gebiet der Runen begeben will, will ich erst einmal unkommentiert die verschiedenen Runenreihen abdrucken.

      Hierdurch kann man erst einmal eine Übersicht kreieren, kann sich selbst die Frage beantworten, wie sympathisch oder unsympathisch einige Runenreihen sind, und man kann nach Gleichheiten und Unterschieden suchen, sodass man hier die erste sympathiemagische Verknüpfung aus seinem Inneren heraus startet.

       Der ältere Futhark 24 er :

Grafik 21557

       Der JÜNGERE Futhark 16 er :

Grafik 21558

       Der Anglo-Friesische Futhark 28er:

Grafik 21559

       Der Anglo-Friesische Futhark 34 e r :

Grafik 21560

      Durch die verschiedenen Reihen der Runen sieht man sehr deutlich, dass es hier und da unterschiedliche Ausprägungen gibt. Nun ja, dies findet man aber auch bei anderen Alphabeten, Schriftnomenklaturen, Buchstaben, Symbolen und Glyphen. Wenn man sich die Runen unter dem Gesichtspunkt einer Schrift anschaut, muss man erst einmal ganz klar sagen, dass die Runen hier ein universelles Kommunikationsmittel darstellen, welches jedoch individuell und vollkommen autark genutzt werden kann. Um etwas Universelles zu nutzen, muss dieses „Etwas“ eine gewisse Bandbreite besitzen. Wenn man sich die verschiedenen Runenreihen anschaut, findet man Minimum 16 verschiedene Zeichen, Maximum 34 verschiedene Zeichen. Wie die Bezeichnungen der verschiedenen Runenreihen nahelegen, ist das Futhark, welches 24 Symbole bzw. Runen beinhaltet, und auch als das ältere Futhark bezeichnet wird, der absolute Klassiker. Um Informationen weit zu verbreiten, ist die Schrift absolut essenziell. Dies gilt natürlich auch für die Runen, wobei man hier gleichzeitig aber auch sagen muss, dass die Verbreitung nicht so groß war, wie es andere Alphabete, Symboliken oder Sprachen geschafft haben. Doch es ist immer wieder sehr spannend, wenn eine schriftliche Manifestierung erscheint, in verschiedenen Stammeskulturen, die primär das vergängliche gesprochene Wort forciert haben. Alles wurde von Mund zu Mund, von Geist zu Geist, von Bewusstsein zu Bewusstsein weitergegeben. Nur wenig wurde niedergeschrieben. Dass sich hierdurch sehr viele Verluste ereignen können, dürfte jedem klar sein. Daher ist es von kultureller Bedeutung, dass Informationen so konserviert werden, dass sie die Zeiten, die Äonen überdauern. Im magischen Kontext könnte man jetzt natürlich sagen, dass sowieso alle Informationen in der sogenannten Akashachronik, im geistigen Äther, im Weltengedächtnis, im kollektiven Unterbewusstsein, gespeichert sind. Doch der Zugriff auf diesen Wissensspeicher ist absolut individuell. Für naturwissenschaftliche Analysen ist diese Chronik ungeeignet. Für naturwissenschaftliche Analysen muss etwas Greifbares existieren, etwas Dinghaftes, sodass man es nicht nur anfassen, sondern auch begreifen kann. Dieses Begreifen bedeutet letztlich auch, dass man es untersuchen, erkennen, verstehen, verifizieren und letztendlich auch anwenden kann. Die Anwendung ist hier das Alpha und das Omega - oder, wenn man so will, das Fehu und das Othala. Eine Schrift ermöglicht wahrlich eine Erinnerung an die Geschichte, da das geschriebene Wort deutlich langlebiger ist, als das rein gesprochene Wort. Doch ob es nun ein geschriebenes, oder ein gesprochenes Wort ist, welches sich kulturell durchsetzt, kommt auch immer auf die jeweiligen Menschen, auf deren Umfeld, auf deren Gesinnung, auf deren Religion und auf das jeweilige Pantheon an. Welche Götter haben sie verehrt? Wie haben Sie diese Götter verehrt? Welche Eigenschaften hatten die Götter? Ging es um Kunst, um Schrift, um Symboliken? Oder ging es um Kampf, Fruchtbarkeit und Expansion?

      Eine Festschriftsicherung einer jeglichen Sprache, bildet die Möglichkeit, traditionsstiftend zu sein, wodurch sich auch eine Tradition erhalten lässt. Traditionen sind im kulturellen Belangen erneut das Alpha und das Omega, das Fehu und das Othala.

      Die Runenreihen bzw. die Runenalphabete, die es gibt, beziehen sich neben den verschiedenen Zeiten, natürlich auch auf einen kulturellen Gebrauch. Hierbei muss man die Bandbreite abdecken, die zwischen den Jahren 200 und 1400 existierte. So wurden die verschiedenen Runenreihen, bzw. die jeweiligen Symbole, nach und nach entworfen, sodass man auch hier wieder sagen kann, dass das ältere Futhark der Ursprung war, die Grundidee, das Fundament, auf dem neue Ideen aufgebaut wurden. Wenn man sich die verschiedenen Funde anschaut, dann sind die sogenannten Bryggen-Inschriften sehr interessant, da es sich hierbei um einen Fund handelt, der ca. 670 Runenfundstücke beinhaltet, die meisten auf Kiefernholz, einige aber auch auf Knochen, die für die Nachwelt erhalten sind. Erst im Jahr 1955 wurde dieser Fund gemacht, und zeigte sehr deutlich, dass die Runen auch im Alltag verwendet wurden, da diese 670 Runenfundstücke einen alltäglichen Gebrauch der Runen zeigten, wobei hier auch Alltagsgebete und christliche Aussagen zu finden sind. Die christlichen Bezüge tendieren daher, dass diese Funde offensichtlich aus dem 14. Jahrhundert stammen, sodass hier auf der einen Seite die Christianisierung sehr klar fortgeschritten war, auf der anderen Seite sich das lateinische Alphabet aber offensichtlich nicht so stark durchgesetzt hat, wie die ursprünglichen Runen. Zwar wurden die meisten Runeninschriften als eine Art Kennzeichnung von Eigentum verwendet, sodass hier Inschriften gefunden wurden, die die Besitzverhältnisse von Gegenständen klärten, doch zeigt dies, dass der Alltag und die Runen deutlich harmonisiert haben. Es gibt aber auch längere Mitteilungen, die man als Geschäftsbriefe bzw. auch als Bestellungen verstehen kann, und natürlich die besagten religiösen Inschriften, die sich auf lateinische Sprüche beziehen, jedoch in Form der Runen niedergeschrieben wurden. Doch Runeninschriften wurden in diesem Kontext auch in andere Hölzer eingebracht, wobei leider vieles verloren gegangen ist. Man kann fest davon ausgehen, dass