meisten Grauen sprechen sie, aber bisher konnte keiner sagen, wie sie heißt und was sie damit bezwecken. Nun lass uns aber weitergehen."
Sie setzten sich in Bewegung und gelangten schon bald an die besagte Kreuzung, ihrem ersten Zwischenziel. An einer Ecke lauschten sie abermals und hasteten dann über sie hinweg, nachdem nichts auffälliges zu bemerkten war. In den ersten Gang bogen sie ein, dort brannten keinerlei Fackeln und somit kamen sie nur noch sehr langsam vorwärts. Nach einhundert Metern blieb Klaso an einer Kurve stehen und drehte sich nach Firah um.
"Hier in den unbeleuchteten Wegen sind wir sicherer als in den beleuchteten", erklärte Klaso. "Die Grauen kommen nur selten hier her, dadurch ist die Gefahr geringer. Wir werden ihnen noch früh genug begegnen und dann können wir nur hoffen, daß wir nicht gefangen werden."
"Halte dich weiter an Klaso, vertraue ihm und ihr werdet bald in der Nähe deines Zieles sein", meldete sich völlig unerwartet die Stimme bei Firah. Er versuchte zu ergründen, wer hinter dieser Stimme steckte, konnte sie aber niemanden zuordnen. Er erschrak, als er heftig von Klaso gerüttelt wurde.
"Träumst du, Firah? Wo bist du mit deinen Gedanken? Ich habe dich gefragt, ob du dich hier ein wenig ausruhenwillst oder wir gleich weitergehen können?"
"Verzeih mir. Ich habe wieder diese Stimme gehört. - Ja, von mir aus können wir weitergehen."
"Von was für einer Stimme redest du da?"
"Ich höre seitdem ich hier unten bin, immer wieder eine Stimme. Sie sagt mir, was ich tun oder lassen soll. Ich habe sie eben zum fünften Mal gehört."
"Und was hat sie eben gesagt?" erkundigte sich Klaso, der keineswegs verärgert darüber war, dass Firah ihm noch nichts von der Stimme erzählt hatte. So berichtete Firah ihm von ihr und was sie ihm bisher gesagt hatte.
"Hast du keine Idee wessen Stimme es sein könnte? Ist es nicht möglich, dass sie einen von den Beiden am Burgtor gehört?"
"Du meinst Schamir oder Schimar?", und nachdem Klaso ihm zustimmend zunickte, fuhr er fort. "Nein, die Beiden hatten andere Stimmen und sie sind ja auch miteinander verschmolzen und vereint habe ich sie nicht reden gehört. Da sie sich aber schnell neu kleiden konnten, weiß ich nicht, ob sie auch ihre Stimmen ändern können."
"Grübele nicht mehr soviel darüber nach. Wenn du die Stimme wieder hörst, sag mir Bescheid. Nun sollten wir erst einmal weitergehen, um das Gold zu finden."
So drangen sie immer tiefer in die unendlich scheinende Finsternis. Trotz Klasos Worte, dachte Firah weiter über die Stimme nach und so sehr er sich auch anstrengte, er konnte niemanden damit in Verbindung bringen. Das es die Beiden waren, die ihn hier hinunter geschickt hatten, wollte er nicht glauben. Sie hatten ihm zwar gesagt, sie seien in Gedanken bei ihm, aber auch, dass sie nicht nach hier unten könnten. Klaso dachte seinerseits darüber nach, war allerdings der Meinung, es könnten nur die Beiden von der Burg sein oder Firah hat einen guten Schutzengel. Denn wie jemand der seinen Verstand verliert, wirkte Firah nicht auf ihn.
"Da vorn kommt gleich eine Biegung", unterbrach Klaso ihre Gedankengänge. "Danach müsste eine Abzweigung kommen, die uns zu einem anderen Versteck bringt. Dort werden wir uns ein wenig ausruhen."
Sie gingen um die Kurve und nach 40 Yekas bogen sie nach rechts ab. Vorher schaute Firah nach vorne und erkannte in der Ferne einen schwachen Lichtschein. Er wollte wissen, wo sie dort hinkamen.
"Dort hinten ist der Platz, wo wir uns getroffen haben. Wenn wir dorthin gehen würden, liefen wir bestimmt den Grauen direkt in die Arme. Sie werden da bestimmt Wache halten, nachdem sie uns heute früh dort aufgescheucht haben."
Sie gingen nun etwas schneller und schon bald stoppen sie. Klaso entfernte wieder einen Stein aus der Wand und es kam ein röhrenartiger Gang zum Vorschein, indem sie hineinkrochen. Firah verschloss die Öffnung hinter sich und kurz darauf hörten sie einige Stimmen. Klaso stoppte und klopfte gegen den vor ihm befindlichem Stein. Er rief seinen Namen und schon bald darauf konnte man eine größer werdende Öffnung sehen.
"Hier verbergen sich immer ein paar von uns", klärte ihnKlaso auf. "Wir werden hier ein paar Stunden verweilen, uns ausruhen und dann überlegen, wie wir weiter vorgehen." Danach stiegen beide aus dem Gang. Bevor Firah sich aber umsehen konnte, starrten ihn fünf unterschiedliche Gestalten an. In ihren Gesichtern konnte er keine Spur von Freundlichkeit erkennen, ganz im Gegenteil, sie hatten genauso einen Ausdruck in ihren Augen, wie Grimbo als er ihn zum ersten Mal sah. Klaso ergriff das Wort, bevor einer ihrer Gegenüber etwas sagen konnte. Er stellte Firah vor und erzählte ihnen, warum sie hier waren und was sie vorhatten. Zusehends entspannten sich ihre Gesichter und dann stellten sie sich nacheinander vor. Der erste war Bengas, ein 1,50 Meter großer Schlorr, der aus dem östlich von Tamiehland gelegenen Mongan kam. Er hatte eine gelbliche Hautfarbe, war mit einem kleidähnlichen, pinkfarbenen Gewand gekleidet und hatte relativ lange Beine. Dann nannte Raffa seinen Namen, ein Lenzu aus Genoso, einem Land, das westlich an Tamiehland grenzt. Er war 1,70 Meter groß, trug eine blaue Hose, ein buntkariertes Hemd und sprach das "t" als "s" aus. Seine Ohrmuscheln waren spitz zulaufend und die Nase, war im Verhältnis zur Größe seines Gesichtes, sehr klein. Nun sprach Ophra, ein Krop aus Borgland, zu ihm. Es ist das kleinste Nachbarland von Firahs Heimat. Er sah Firah am ähnlichsten, den er war 1,50 Meter groß und sehr muskulös. Er trug zu seiner braunen Hose eine Art Pullover in grünlicher Farbe. Als letztes ergriffen Rifek und Momag das Wort. Sie waren Riggas und kamen aus Nimen, ein Land das nordwestlich von Tamiehland liegt. Ihre Hände hatten wie Klaso auch nur vier Finger. Durch ihre geringe Größe von einem Meter, wirkten sie recht putzig, auch ihre vielen Runzeln im Gesicht und die Glatze konnte das nicht ändern. Dafür war ihr gesamter Körper mit Haaren bewachsen und bis auf eine kurze Hose waren sie unbekleidet. Rifeks war grün, die von Momag rot und drei blaue Flicken schienen einige Löcher zu überdecken. Dann war es an der Zeit, dass sich Firah vorstellte.
"Ich habe nicht gewusst, wie viel andere Lebewesen es in unserer unmittelbaren Umgebung gibt", fuhr er dann fort. "Ich freue mich euch alle kennenzulernen. In meinem Dorf habe ich von den Kriegen, die Kasmir geführt hat, nichts gehört. Vielleicht hat mir meine Mutter auch nichts davon erzählt, um mich nicht damit zu belasten. Da ich auch selten aus Nesse heraus kam, habe ich seitdem ich hier bin, darüber mehr gelernt, als in den Jahren zuvor. Da ich nun weiß, was Kasmir für ein Unglück über all unsere Völker gebracht hat und noch bringen wird, gibt es für mich kein zurück mehr. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um das Gold zu finden und Kasmirs Schreckensherrschaft zu beenden. Werdet ihr mir dabei helfen? Ich werde jede nur erdenkliche Hilfe gebrauchen können."
Sie nickten zustimmend und redeten dann miteinander. Firah nutzte die Zeit, um sich in dem Raum umzusehen. Er war doppelt so groß, wie der Erste, an der Seite war noch ein Gang, der zu einem anderen Raum führte. Er war dunkel, aber Firah erkannte dort einige Liegestellen. Mitten im Raum standen um einen riesigen Stein, zehn kleinere, die wie schon in dem anderen Raum, als Tisch und Stühle dienten. An zwei Stellen hingen hell leuchtende Fackeln. In der einen Ecke war eine Art Regal in die Wand gehauen, dort wurden einige Nahrungsmittel und in Beutel gefülltes Wasser aufbewahrt. Er hatte sich noch längst nicht alles angesehen, als sich Momag an ihn wand.
"Du hast sicher Hunger und Durst? Lasst uns hinsetzen, dann bringe ich euch was zu essen und warten auf die Rückkehr von Kramas. Er ist vor einer Stunde losgegangen, um die derzeitige Lage zu erkunden und er müsste jeden Moment wiederkommen."
Alle setzten sich um den großen Stein und Momag brachte den Neuankömmlingen etwas Brot und Wasser. Während des Essens erzählte Firah noch einiges ausführlicher, wonach die anderen ihn gefragt hatten.
"Ich war letzte Nacht in den Gängen unterwegs", ergriff Raffa das Wort. "Aber es war nirgendwo etwas zu hören. Es kann also, wenn überhaupt, nur hinter den Gefangenenlagern sein."
"Richtig", unterbrach ihn Bengas. "Es ist aber fast unmöglich dorthin zu gelangen, ohne von den Grauen erwischt zu werden."
So diskutierten sie noch eine Weile, bis Klaso sagte, sie würden sich ein wenig hinlegen und versuchen zu schlafen. Ophra brachte sie nach nebenan, wo sie sich auf die am weitesten vom anderen Raum entfernten Schlafstellen legten. Firah hörte noch die flüsternden Stimmen, die immer leiser zu werden