Carsten Dohme

Forsetas


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und du bleibst salonfähig.«

      »Und das von einem Mädchen, das es für völlig normal hält, im Dunkeln mit einer Sonnenbrille herumzulaufen oder in Flipflops mit Glitzersteinchen in die Disco zu gehen. Trotzdem danke.«

      Richard schwang sich ein Handtuch um die Hüfte, griff sich die Badehose und ging auf die Badehäuschen zu.

      »Da stiert man nicht so drauf, Freddy!«

      »Ich stiere da nicht drauf. Du bist gerade in was Schwarzes getreten. Sieht aus wie Hundescheiße.«

      »Sch … Nein, das ist Öl.«

      »Öl?«, fragte Freddy.

      »Ja, Öl von gesunkenen Schiffen oder irgendwelchen Pennern, die es über Bord kippen.« Richard stieg in die Badehose.

      »Fertig. Besser so, die Damen und Herren? Ab ins Wasser. Wer kommt mit?«

      Freddy musterte die schwarzen Ölreste an Richards Fuß.

      »Später vielleicht.«

      »Ich brauche erst meinen Bikini, damit ich nicht wieder falsch gekleidet bin«, spöttelte Kimberley.

      Angela hielt sich raus aus der Diskussion. Sie sammelte lieber Muscheln und anderes Strandgut. Jackson folgte ihr voller Tatendrang mit einer großen Ikeatüte, die er offensichtlich zu füllen gedachte.

      Als Richard wieder aus den Fluten gestapft kam, schaute ihn Angela fragend an.

      »Was?«

      »Du siehst aus wie Jack Nicholson in Shining.«

      Richard strich sich durch das zerzauste Haar und imitierte das irre Grinsen Nicholsons.

      »Das wagst du nicht.«

      Noch ehe Angela vor ihm fliehen konnte, zog er sie an sich, drückte seinen nassen durchkühlten Körper fest an sie und presste ihr die Lippen auf den Mund.

      »Mmh. Lass uns hinter die Hütten gehen«, nuschelte Angela und entspannte sich.

      »Papa, was sind das für Hütten?«

      Als Richard nicht reagierte, zupfte ihn Jackson an seinem Handtuch.

      Das Ferienhaus am Stadtrand von Løkken duckte sich in die Mulde eines Dünenkamms direkt am Meer. Es war geräumig und hell. Die Räume reichten bis unter die mit Holz verkleideten Dachschrägen. Aus den Astlöchern quoll immer noch Harz hervor und verbreitete einen angenehmen Duft.

      Die rund um das Haus laufende Veranda bot einen herrlichen Blick auf die Fischerboote, den Strand und das Meer auf der einen Seite und auf die Lichter der Stadt auf der anderen. Komplett ausgestattet mit jedem erdenklichen Schnickschnack von Whirlpool über Satellitenfernsehen, Wireless-Lan und Sauna. Auf allen Gesichtern zeichnete sich zu Richards Beruhigung volle Zufriedenheit ab.

      Die Schlacht um die Zimmer und Betten war schnell

      geschlagen. Jackson inspizierte den Holzofen und bettelte darum, ein Feuer machen zu dürfen, Freddy richtete auf allen elektronischen Geräten die Internetverbindungen ein, Kimberley war längst im Pool verschwunden, und Angela, die es nach einer Stunde geschafft hatte, den Inhalt ihrer Koffer sauber im Schrank zu verstauen, war nun dabei, das Haus nach ihren Vorstellungen umzudekorieren. Für sie war ihr Job eine Berufung.

      Als Innenarchitektin ständig auf der Suche nach Inspiration, hatte sich Angela in den Staaten einen guten Ruf in der Branche erarbeiten können. Sie hatte es geschafft, einen eigenen Einrichtungsstil zu entwickeln, der sich an der skandinavischen Lebensart orientierte, aber weit über das übliche Ikea-Katalogprogramm hinausging. Das führte aus Richards Sicht manchmal zu einer peniblen Positionierung von Dekorationsgegenständen, deren Wirkung, um wenige Millimeter nach links oder rechts verschoben, ein Mann nur schwerlich beurteilen und im schlimmsten Fall gar nicht bemerken konnte.

      Er saß lieber mit einem Kaffeebecher in der Hand und einer Zigarette im Mundwinkel in einem Liegestuhl und hing seinen Gedanken nach. Er war der Erste, der mit Einräumen fertig gewesen war. Schranktür auf, Seesack rein, Tür zu.

      Richard hörte das Klappern von hochhackigen Schuhen hinter sich auf den Holzbohlen. Angela kam in einem weißen Cocktailkleid herein und warf ihm die Einladung zu Fishers Party in den Schoß.

      »Wow! Wo hast du das denn her?«

      »New York. Lies mal vor, was auf der Karte steht, Darling.«

      Er sah auf die Einladung: Dresscode: Casual Elegant. Er betrachtete sein Spiegelbild im Fenster. Seine Uhr hatte den Ärmel der Camel-Jacke ausgefranst, die Jeans war okay – Löcher waren ja jetzt groß in Mode, und die Boots sahen aus, wie Boots auszusehen hatten.

      »Passt. Ich bin casual, und du bist elegant. Perfekt! Wie Bonny und Clyde. Und die Jungs?«

      Auf das Stichwort hatten sie gewartet.

      »Hey, hey, hey. Was sind denn das für schicke Kerle?«, sagte Richard und applaudierte. Angela hatte ganze Arbeit geleistet und die beiden herausgeputzt wie zwei echte Gentlemen.

      Fehlte nur noch Kimberleys Auftritt. Und da war sie auch schon. Mit hochgestecktem Haar und dem hautengen schwarzen Minikleid sah sie atemberaubend aus. Richard nickte beeindruckt.

      »Na, Daddy? Ich gehe davon aus, dass du noch einen Smoking und ein paar Lackschuhe in deinem Seesack vorrätig hast. Oder soll ich dir meine Flipflops leihen?«

      Er schaute Angela fragend an.

      »Auf dem Bett liegt ein Anzug. Zieh den an und kämm dir die Haare. Wir müssen los.«

      AALBORG

      5.

      Vierzig Minuten später rollten sie mit dem Dodge die Zufahrt zum großzügigen Anwesen Fishers hinab, eine lange, mit Partyfackeln gesäumte Allee. Das ehemalige Gutshaus lag im Norden Aalborgs, in unmittelbarer Nähe zum Flugplatz, direkt am Limfjord. Das Gebäude war strahlend hell erleuchtet. Sie hielten vor der Freitreppe an.

      »Und? Wer macht den Damen die Tür auf?«, fragte Angela schnippisch.

      Richard, der sich sehr wohl angesprochen fühlte, antwortete.

      »Darling, es gibt drei Gelegenheiten, bei denen ein Mann einer Frau die Tür des Wagens öffnet. Der Wagen ist neu, die Frau ist neu, oder der Kerl hat was ausgefressen.«

      »Na bitte, da haben wir`s ja. Dann hopp hopp.«

      »Ich mach das«, mischte sich Jackson ein und sprang aus dem Auto, um seinen Vater aus der prekären Situation zu retten.

      Ein junger Mann nahm den Schlüssel des Wagens entgegen und parkte den Dodge. Nachdem sie ihre Einladung vorgezeigt hatten, wurde ihnen ein Willkommensdrink gereicht und der Weg in einen parkähnlichen Garten gewiesen. Dort saßen die übrigen Gäste vor einer eigens errichteten Bühne auf Klappstühlen. Richard fuhr mit dem Zeigefinger zwischen dem Kragen seines Hemdes und dem Hals entlang. Eine ziemlich illustre Gästeliste.

      »Mr Fisher, wir sollten jetzt anfangen«, wandte sich Fishers persönliche Assistentin an ihn.

      »Danke Freja.«

      Er nahm das Mikrofon, stellte sein Champagnerglas ab und ließ das Kristall dreimal aufklingen, um sich bei den Gästen Aufmerksamkeit zu verschaffen.

      »Meine Damen und Herren, ich denke, Sie sind alle sehr gespannt und haben weite Wege auf sich genommen, um heute diesen wunderbaren Moment mit mir zu teilen. Viele spannende Jahre liegen hinter mir und meinem Team, dem ich an dieser Stelle meinen ganz besonderen Dank aussprechen möchte.«

      »Ihr alle, auch die, die heute nicht dabei sein können, ihr habt diese Welt besser und lebenswerter gemacht. Nicht nur die Menschen, sondern jede lebende Kreatur auf unserem wunderschönen Planeten sollte und wird euch dafür dankbar sein. Skøl!«

      Fisher hob das Glas, prostete seinen Gästen