Jens-Jörg Plep

Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt...


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Unteroffizieren, alle warten. Dann kommt schließlich auch die Besuchergruppe die Treppe hinauf. Hauptmann Welschkopf begrüßt alle sehr formell und führt den Pulk in die Lehrklasse. Er beginnt seinen Vortrag mit der Erläuterung des Computereinsatzes in der inneren Führung. Er klappt die Tafel auf und wird nervös: „Gestern war doch noch ein Tafellappen hier..." Ich schaue in die Gesichter der polnischen Offiziere, sie schauen ernst auf die Tafel, in der zweiten Reihe bekreuzigt sich ein Adjutant.

      Der Kommandeur schreit Welschkopf an: "Was ist das für eine Riesen-Schlamperei? Herr Hauptmann, bewegen Sie Ihren Hintern und besorgen Sie schleunigst einen Lappen und wischen Sie die Tafel ab!" Welschkopf wendet sich an mich, ich kann ihn aber nur weiter verweisen an einen Gefreiten, der mir zurzeit untersteht. Gefreiter Richtig ist ziemlich fix - so braucht er auch nur ein paar Sekunden, bis er dem Hauptmann einen Tafellappen reichen kann. Doch der Hauptmann hat sein psychisches Gleichgewicht längst verloren, er fängt an, einige Erklärungen dahin zu stottern; einen Vortrag kann man das kaum nennen. Währenddessen bemerke ich, wie der Kopf von Oberstleutnant Hoffmann knallrot wird: Gleich wird er explodieren - denke ich mir bei dem Anblick. Jetzt muss ich Welschkopf helfen, fährt es mir durch das Gedächtnis; ich hab da auch schon einen Einfall. Ich stelle ein Toshiba-Laptop auf den Lehrertisch, verbinde den Videoausgang mit dem lichtstarken LCD-Projektor an der Decke. Dann starte ich auf dem Rechner eine von mir erarbeitete Bildschirmpräsentation mit Statistiken und Studien zur computergestützten Ausbildung.

      Der Hauptmann schaut mich kurz an, ich nicke ihm zu und er begreift sofort. Er übernimmt den Platz am Laptop und führt damit seinen Vortrag fort. Der Projektor wirft bebilderte Texte auf die Stirnwand des Raumes, Welschkopf findet seine Sicherheit zurück und die Dolmetscher sind wieder voll beschäftigt. Nach der Präsentation bedankt sich der Hauptmann bei mir für die Unterstützung, ich winke ab: „Ich mache mich doch gerne nützlich, Herr Hauptmann."

      Noch zwei Klassen Unteroffiziere begleite ich durch die Ausbildung, nach dem Mittagessen gehe ich zur Truppenverwaltung und kläre mit dem Leiter den Beschaffungsbedarf für das nächste Haushaltjahr.

      Danach kann ich noch ein paar persönliche Worte mit der Sekretärin führen.

      Sie ist hellblond und recht hübsch, sie zieht öfter im Minirock die Pfiffe junger Soldaten auf sich. Aus früheren Gesprächen mit ihr weiß ich aber, dass sie daheim keine glückliche Beziehung führt. Dazu kommen noch kleinliche Anfeindungen neidischer Kolleginnen - sie ist nicht wirklich das strahlende Girl, das sie meist herauskehrt. Doch außer mir weiß das hier kaum einer, denn sie zieht nur selten jemanden ins Vertrauen. Ich helfe ihr nämlich immer, wenn mal ihr Computer streikt - obwohl das nicht in meine Zuständigkeit fällt. Das mache ich auch mit den Computer-Freaks unter den Offizieren so.

      Dann ist endlich Wochenende - wie Ameisen krabbeln die Mitarbeiter über den Parkplatz, jeder setzt sich in seinen Wagen und fährt heimwärts. Wahrscheinlich ist das beim Geheimdienst nicht anders, denn auf der Heimfahrt werde ich diesmal anscheinend nicht begleitet. Jedenfalls kommen mir die Autofahrer um mich herum nicht wie Agenten vor. Die Agenten haben nämlich spezielle Autonummern; man erkennt die beauftragende Behörde an den Buchstaben nach dem Bindestrich: VN oder UN für die UNO, BN für BND, P für Polizei, BW für Bundeswehr, AA für Auswärtiges Amt, EU oder EG - na ihr wisst schon... Das ist nämlich so, weil die Konspirativen ein gestörtes Selbstwertgefühl haben, da sie über ihre Arbeit immer schweigen müssen - also kaufen die sich einfach passende Wunsch-Autonummern!

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