Hermann Büsken

Die Tore der Atlanter Buch 3 von 4


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      »Warum läufst du nicht einfach weg?«

      »Ich habe deinem Vater versprochen, ein paar Tage zu bleiben.«

      »Weil du Mitleid mit mir hast?«

      »Nein, nicht nur, ich habe von Edra eine Menge gelernt, ich will es bei dir anwenden. Lege dich gegen meine Brust und entspann dich, ich meine alle Körperteile, lass sie einfach fallen.« Seine Hände lagen seitlich an ihren Kopf, als er seine Energie in ihren Körper schickte. Ähnlich dem, was er ihr vorher beigebracht hatte, trieb Kristian die graue Energie aus ihrem Körper in den Boden. Es mochten zehn Minuten vergangen sein, als er Klaras gleichmäßige Atemzüge hörte. Er ließ sie schlafen und machte noch eine Energieübertragung. Nach einer halben Stunde, als er sie aufwecken wollte, drehte sie sich auf die Seite und kuschelte sich an seine Brust.

      »Klara aufwachen.« Erschrocken fuhr sie hoch.

      »Ich hab doch nicht geschlafen?«

      »Doch hast du.«

      »Kristian hast du eine Freundin?«

      »Ja.«

      »Schade.«

      »Du wirst sie kennenlernen, wenn du gesund bist.«

      »Dann werde ich sie wohl nicht kennenlernen.«

      »Hast du schon wieder alles vergessen was ich dir erzählt habe, du sollst positiv denken. Dir wird es bald besser gehen, versprochen.«

      »Ja, ja.«

      »Wirst du dich anstrengen, wenn ich dir verspreche, dich mit ins Mittelalter zu nehmen?«

      »Meinst du das ernst?«

      »Versprochen. Und denke daran, dass du deinem Vater nichts erzählst, was mit Edra zusammenhängt. Nur das, was ich dir mit der positiven Energie beigebracht habe.«

      »Schon gut.«

      »Weißt du, was es heute Mittag zu essen gibt?« fragte er. »Woran du schon wieder denkst, ich habe keinen Hunger.«

      »Denke dran.«

      »Ich weiß, positiv denken.«

      »Komm, wir gehen zurück.« Vom Hügel aus sahen sie zum Haus. »Wenn du willst, darfst du dich bei mir einhaken.«

      »Ja gerne.« Langsam gingen sie zurück.

      »Kristian, ich fühle mich so müde, ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen?«

      »Ein Gutes natürlich.« Da es für das Mittagsessen noch zu früh war, setzten sie sich draußen vor das Haus und sahen zu, wie die Sonne sich hinter den Wolken verzog.

      »Kristian, muss mein Vater ins Gefängnis, weil er dich entführt hat?«

      »Wenn ich ihn anzeige, dann ja.«

      »Und tust du das?«

      »Nein, er wollte nur dein Bestes.« Ehe er sich versah, saß sie auf seinen Schoß und umarmte ihn. Als sie keine Anstalten machte, sich wieder von ihm zu lösen, schob er sie sanft von sich.

      »Meinst du nicht, dass man daraus falsche Schlüsse ziehen könnte?«

      »Ist mir egal.«

      »Deinem Vater aber sicher nicht.«

      »Morgen muss ich wieder ins Krankenhaus.«

      »Du kommst doch wieder?«

      »Ja, es sei denn, mir geht es noch schlechter.«

      »Du kannst beruhigt sein, wird es nicht.«

      »Kristian, ich habe von den Germanen und Römern gelesen, warst du auch dort?«

      »Ja, wir waren im Kastell, als die Germanen angegriffen haben.«

      »Sehen die Römer so aus wie wir sie aus den Filmen kennen?« »Ja.«

      »Und deine Freundin ist auch immer dabei?«

      »Meistens ja.«

      »Ich beneide sie.«

      »Komm, lass uns rein gehen, ich habe Hunger.« Er wusste, was sie sagen wollte und hob den Finger, »positiv denken.« Es gab Hähnchen mit Buttergemüse. Klara schien durch ihren Ausflug doch Hunger bekommen zu haben. Hatte sie erst sparsam ihren Teller gefüllt, nahm sie noch einen Nachschlag plus Dessert.

      »Braves Kind«, sagte er, was sie zum Lachen brachte.

      »Klara, nach dem Essen möchte ich ein anderes Pferd satteln und mir die Gegend ansehen, das geht doch klar?«

      »Du kommst doch wieder?«

      »Versprochen.« Zweifel keimte in ihren Augen.

      »Klara, wie wäre es, wenn du dich für eine Stunde hinlegst?«

      »Du redest schon wie mein Vater.« Kristian ging in den Stall, sattelte ein Pferd, führte es nach draußen und saß auf. Er nahm den Weg, der ins Tal zum nächsten Ort führte. Das Pferd mochte ihn leiden und machte keine Zicken. Kühe kamen zum Zaun gelaufen, als er vorbei ritt, und machten übermütige Sprünge. Nach einer Dreiviertelstunde sah er unter sich eine kleine Stadt, oder besser, ein Dorf liegen.

      Langsam ritt er durch die Straßen. Das schien normal zu sein, denn kaum einer drehte sich zu ihm um. Vor einem Straßenkaffee hielt er an und überlegte, ob er es wagen konnte, sein Pferd anzubinden. Es hatte sich zwar nicht schreckhaft gezeigt, aber man konnte ja nie wissen.

      Eine junge Frau schaute zu ihm hoch. Sie hatte auf die Satteldecke gestarrt, auf der ein Symbol eingestickt war.

      »Sie kommen von den Melchiors?«

      »Ja.«

      »Wie geht es Klara?«

      »Meinst du nicht, dass du sie das selber fragen solltest.« »Ich weiß, und habe auch ein schlechtes Gewissen, ich konnte es nicht mehr mit ansehen, wie sie langsam stirbt. Alle wissen es und Klara auch.«

      »Klara wird nicht sterben«, sagte er.

      »Ihr geht es schon besser«? fragte sie hoffnungsvoll.

      »Bald. Willst du nicht vorbeikommen und sie selber fragen?« »Ich weiß nicht, sie ist bestimmt sauer auf mich.«

      »Sicher nicht ohne Grund.«

      »Sie haben recht, ich komme heute vorbei.«

      »Klara wird sich freuen.« Kristian stieg ab und band das Pferd in der Nähe eines Kaffees lose an einen Baum fest, setzte sich und bestellte einen Kaffee. Entspannt schaute er dem Treiben auf der Straße zu. Schließlich machte er sich auf den Rückweg auf. Auf halbem Weg hupte ein Auto hinter ihm. Er ließ es vorbei, Herr Melchior hob grüßend die Hand. Am Haus angekommen, wartete Klara auf ihn, gemeinsam gingen sie in den Stall.

      »Ich bin froh, dass du wieder da bist.«

      »Du hast doch nicht im Ernst daran gedacht, dass ich mit der Polizei zurückkomme?«

      »Woher weißt du, woran ich gedacht habe? Aber du hast recht, hätte ja sein können.«

      »Und was ist mit dir, hast du fleißig positiv gedacht?«

      »Hey, du machst dich lustig über mich.« Sie hieb ihre Fäuste gegen seine Brust. Um ihren Übermut zu bändigen, umfasste er sie so, dass sie ihre Arme nicht mehr bewegen konnte.

      »Kristian küsse mich.« Ihre großen Augen fixierten ihn.

      »Wenn du mehr nicht willst.« Gleichzeitig drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn. »Nein, nicht so, richtig.«

      »Hat dich schon mal ein Junge geküsst?«

      »Nein, ich weiß nicht, wie das ist.«

      »Dann warte, bist du den Richtigen triffst.«

      »Kristian, bitte.« Er ließ sie los.

      »Wenn dein Vater uns so gesehen hätte, was würde er wohl denken?«

      »Er