Solveig Kern

Brautwerbung


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gemeiner Verbrecher gefallen war, würde ihm unnötig das Herz schwer machen.

      Im Lager der Rigländer kraulte die junge Königin ihrem Gatten die Brusthaare, während sie mit ihm zwischen den Fellen lag. „Es ist geschafft“, frohlockte sie. „Den neunmalklugen Dietrich seid Ihr auf alle Zeit los!“

      „Schon wurde gemunkelt, dass die Stämme Dietrich an meiner Stelle zum König ausrufen wollen!“ knurrte Rigbert.

      „Wolfram hat sie aufgewiegelt. Nun ist er vogelfrei, und keiner wird wagen, Euch den Thron streitig zu machen.“

      „Das will ich ihnen geraten haben!“ murmelte Rigbert düster. Er überlegte eine Weile. Einiges an den Geschehnissen kam ihm merkwürdig vor: „Wer gab Malwin eigentlich den Befehl, Dietrich zu beseitigen?“

      „Dafür brauchte er keinen Befehl. Wir unterhielten uns bloß ein wenig durch den Mondstein, den er Sigrun abgenommen hat!“ lächelte Yelva. Als Rigbert nicht gleich verstand, erläuterte sie: „Das Lösegeld für Tellia von Moringart und die üppigen Vorräte in Dietrichs Lager waren Anreiz genug, der Schwester diesen kleinen Liebesdienst zu tun. Wir sind schließlich verwandt!“

      Rigbert erinnerte sich an die freudige Überraschung, als die beiden einander erkannten: „Wie schön, dass Ihr Euren Bruder wiedergefunden habt. Er ist sympathischer als der Rest Eurer merkwürdigen Familie.“

      „Was meint Ihr, wie glücklich ich bin? Keiner von uns ahnte, dass Malwin noch am Leben ist. Plötzlich steht er vor mir, als hätte ich ihn gerufen!“ gluckste Yelva fröhlich.

      „Den Überfall auf Dietrich hinterher Hartmut in die Schuhe zu schieben, war eine geniale Idee von ihm. Damit sind wir sie beide los.“

      Yelva lächelte hinterhältig: „Nicht von ihm. Die Idee stammt von mir.“ Als Rigbert sie erschrocken ansah, fügte sie hinzu: „Habt Ihr mir nicht erzählt, dass die Furukim erst vor Jahresfrist ohne Kriegserklärung die Grenze überschritten haben? Plündernd sind sie durch das Rigland gezogen und haben die Besten Eures Volkes erschlagen. Es war höchste Zeit, dass Ihr Euren Vater rächt. Eure Untertanen werden es zu schätzen wissen.“

      Nun begriff Rigbert, was abgelaufen war: „Ihr seid voller Tücke, Weib. Wäre ich nicht Euer Gemahl, müsste ich Euch fürchten.“ Er dachte nach: „Dietrich hatte viele Freunde hier. Keiner darf jemals die Wahrheit erfahren, sonst erginge es Euch schlecht!“

      „Erginge es uns schlecht“, korrigierte Yelva ihn. „Ich weiß. Hartmut muss schnellstens zum Schweigen gebracht werden. Ich bat bereits Königin Innath um Hilfe, die sie mir bereitwillig zugesagt hat.“

      „Sie hat wohl auch ihre Gründe, ihn los zu werden.“ Rigbert seufzte: „Ich hoffe wenigstens, Sigrun geht es gut!“

      „Seid unbesorgt. Erst kürzlich habe ich mit Fürstin Morriell gesprochen. Das funktioniert wunderbar, seit jede von uns einen Mondstein besitzt. Sigrun ist wohlauf, nur etwas zänkisch, wie die Boten beklagen. Den halben Weg hat sie schon hinter sich. Morriells Oheim gefällt ihr bestimmt. Es war doch alles nur zu ihrem Besten!“

      „Ich hoffe, der Mann ist so tapfer und stark, wie Fürstin Morriell ihn geschildert hat. Ich hätte ihn gerne vorher kennen gelernt. Schließlich ist er mein nächster Verwandter.“

      „Das werdet Ihr sicher bald nachholen können, Geliebter. Großer König, sollte ich besser sagen.“

      Kapitel 2: Neue Truppen für den König

      Das Tribunal

      Nach Schlobarts Abreise zwang Mauro sich, den Blick wieder nach vorne zu wenden. Er vergrub seinen Schmerz tief im Innersten und ging seinem Tagewerk nach. Mit niemandem teilte er seine Nöte, auch nicht mit Zeldis, die ihm nicht von der Seite wich. Nach außen hin funktionierte er wie gewohnt. Doch innerlich schien etwas zerbrochen zu sein.

      Soeben kam ein Bote und meldete, dass die Stadtwache aus Mandrilar eingetroffen war. Sie hatte den Wehrsold mitgebracht, den der König den reichsunmittelbaren Truppen schuldete.

      Mauro hatte ein starkes Bedürfnis nach Bewegung und stürmte auf der Stelle selbst auf den Burghof hinaus, wo königliche Beamte, die mit der Stadtwachte gekommen waren, gerade die Auszahlung vornahmen. Akribisch wurde jeder einzelne Goldtaler dokumentiert. Die mandrilanischen Beamten waren für ihre Unbestechlichkeit berühmt. Keine einzige Münze würde in eine Tasche wandern, in die sie nicht gehörte.

      Mauro forderte den Stadtkommandanten auf, ihm Bericht zu erstatten. „Habt Ihr die Familien der Verräter von den Distelfeldern dingfest gemacht?“ fragte er mit herrischer Stimme.

      Der Stadtkommandant meldete, dass der Fürst von Neylar seinem Leben selbst ein Ende gesetzt hatte. Zum Beweis zog er dessen Kopf aus einem Beutel. Die Familien der anderen Verräter hatten frühzeitig eine Warnung erhalten. Sie waren spurlos verschwunden. Die Stadtwache hatte bloß ein paar Frauen und minderjährige Töchter als Faustpfand mitgebracht.

      Die Mädchen in ihren weißen Kleidchen, die nun zitternd vor ihrem König niederknieten, waren kein geeignetes Objekt für Mauros Abrechnung mit den Mandrilanen. Sie taugten eher dazu, die Menge gegen ihn aufzubringen, wenn er zu hart mit ihnen verfuhr. Diese Erfahrung hatte Mauro schon in Passar machen müssen. Deshalb richtete er seinen Zorn gegen den Stadtkommandanten. Der Anlass kam ihm gerade Recht, um Dampf abzulassen: „Wollt Ihr mir glauben machen, in einer Gesellschaft, wo jeder jeden kennt, könnte eine ganze Sippe vom Erdboden verschwinden?“ schrie er den Mann an. „Wahrscheinlich habt Ihr so lange getrödelt, bis jeder gewarnt war!“

      Der Stadtkommandant kniete vor dem König, den Blick nach Landessitte auf den Boden geheftet. „Ich habe Euch erzürnt, mein Herr. Nehmt mein Leben als Sühne und verschont meine Männer“, sagte er mit fester Stimme. „Das sind tapfere Krieger, die nichts weiter als ihren Dienst tun. Seht, sie haben die Kisten mit dem Wehrsold zuverlässig bis hierher transportiert!“

      Mauro blickte in die Runde. Die mandrilanischen Stadtwächter waren tatsächlich stolze Krieger. Sie unterschieden sich sichtbar von den Mandrilanen, die auf den Distelfeldern gekämpft hatten. Bestens ausgerüstet, wohlgenährt und erhobenen Hauptes standen sie da. Das stachelte seine Wut weiter an. „Wie ich sehe, habt Ihr ein Heer von richtigen Kriegern. Eurem König jedoch habt Ihr unerfahrene Bauern geschickt, die unter den Schwertern der Feinde fielen wie reife Ähren! Dafür werde ich Euch zur Verantwortung ziehen. Ihr kommt vor ein Kriegstribunal. Eure tapferen Krieger marschieren sofort ab nach Gralta. Auf den eintönigen Felsen können sie sitzen und darüber nachdenken, was Pflicht bedeutet. Ich werde euch Mandrilanen lehren, euren König zum Narren zu halten!“ Mit einer zornigen Geste bedeutete er den Wachen, den Stadtkommandanten abzuführen.

      Mauro machte sich sofort daran, das Tribunal vorzubereiten. Bei dieser Gelegenheit würde er auch die Verräter von den Distelfeldern aburteilen. In seiner momentanen Gemütslage dürstete ihn nach Blut. Irgendjemand würde bezahlen müssen….

      „Für Militärgerichtsverfahren gibt es selbst in diesem Lande eine Verfahrensordnung. Die werden wir einhalten. Die Vorgänge in Passar sollen ein Einzelfall bleiben. Ich möchte dem Volke zeigen, dass es unter meiner Regierung gerecht zugeht!“ Mauro sprach mit lauter Stimme, als müsste er sich selbst überzeugen.

      Mit seinen Beratern ging er das Verfahren im Detail durch. Die Fürsprecher der Angeklagten wurden bestimmt und die Schöffen. Mauro sollte als oberster Richter das letzte Wort behalten.

      „Es gibt da noch ein Problem“, ließ sich einer der anwesenden Ratsherrn vernehmen. „Ihr braucht eine Legitimation, um Recht zu sprechen. Ihr seid noch kein gekrönter König.“

      Sofort polterte Mauro los: „Was heißt dass, kein gekrönter König? Ist die Tatsache, dass ich diesen Krieg gewonnen habe, nicht Legitimation genug?“

      Der Ratsherr zog betreten den Kopf ein.

      Mauro erschrak über seine eigenen Worte. Der Wüterich, der so sprach, hatte nichts gemein mit dem Herrscher, der er sein wollte. Er mäßigte