ihr dicht auf den Fersen. Ich nutze seinen Windschatten und fahre genau neben ihn. Er sieht mich von der Seite an und nickt mir provozierend zu. Ich sehe ihn schelmisch grinsend an und dränge ihn jetzt an den Rand.
Er schüttelt lachend den Kopf und rammt mich einmal leicht.
Joe fährt über einen Ast, der auf der Fahrbahn liegt, dieser verheddert sich in ihren Reifen und ihr Kart fängt langsam an zu stoppen. "SHIT!", flucht sie laut und haut auf ihr Lenkrad.
Jetzt gibt es also nur noch Aiden und mich, denn Aby ist noch mindestens hundert Meter hinter uns. Ich sehe das Ziel schon von weitem und Aiden und ich sind immer noch gleich auf. Mir kommt ein Tipp meines Dads in den Sinn, den er mir mal verraten hat, als ich noch klein war. So kann man den Gegner locker aus dem Konzept bringen.
Ohne viel nachzudenken gebe ich Vollgas und trete gleichzeitig ein wenig auf die Bremse. Ich rieche schon den Rauch, der um mich aufsteigt und tue so, als wüsste ich nicht, was hier gerade passiert. "Scheiße, Aiden!", schreie ich und zeige hektisch auf mein Kart.
"Du rauchst!", ruft Aiden mir entsetzt zu, deutet auf meine Hinterreifen und verlangsamt sich. Ich wusste, dass er darauf hereinfällt.
Ich fahre ebenfalls langsamer, halte aber immer noch die Bremse, damit der Rauch stärker wird.
"Raven, du musst von dem Ding runter!" Er verlangsamt sein Kart.
Ich nicke und passe mich seiner Geschwindigkeit an.
Aby kommt uns immer näher und da ich es nicht riskieren kann, dass sie Erster wird, trete ich kurzerhand voll aufs Gas und düse vor Aidens Augen einfach davon. Dennoch entging mir währenddessen nicht sein verdutztes Gesicht.
Im Ziel angekommen stelle ich mich an den Rand und warte auf die anderen. Aby kommt nach mir und danach Aiden. Noah ist vierter, dann Leon und Lucas ist immer noch am Fahren. Joe kämpft immer noch mit dem Ast.
"Wow, ich wusste gar nicht, dass du das so gut kannst", sagt Aby erstaunt, während sie neben mir hält und ihren Helm abzieht.
Ich ziehe meinen Helm ebenfalls ab und grinse stolz. "Ich sagte doch, dass ich früher oft mit meinem Dad gefahren bin."
Aiden kommt jetzt ebenfalls angefahren, hält neben Aby und zieht sich den Helm ab. "Ich kann nicht glauben, was gerade passiert ist." Er lacht und schüttelt seine Haare zurecht.
"Rave hat dich fertig gemacht, das ist passiert", meint Noah, der neben mir hält und mir auf die Schulter klopft.
Ich setze mein breitestes Gewinnerlächeln auf und zeige es Aiden stolz.
"Okay, sofort eine Revanche!", schreit Leon, der gerade angefahren kommt. "Diesen Verlust lasse ich auf keinen Fall auf mir sitzen. Mich haben zwei Mädchen überholt!"
"Mach dir nichts draus, man. Sie haben uns alle überholt", lacht Noah und steigt aus seinem Kart.
Wir setzen uns auf eine Bank in der Nähe und beobachten Lucas, der immer noch mit der Strecke und den Kurven kämpft und lachen uns halb tot. Nachdem Joe und Lucas auch endlich ins Ziel gekommen sind, fahren wir noch einige Runden. Dann stehen wir schließlich in der Abenddämmerung vor dem Gebäude.
"Danke, Leute", seufzt Aby und schließt ihr Auto auf. "Das hab ich heute wirklich gebraucht."
"Wissen wir doch", sagt Leon und nimmt Aby zum Abschied nochmal in den Arm.
"Ich würde dir ja anbieten, deinem Ex-Lover ein paar zu verpassen, aber er ist auch mein Matheprofessor. Ich denke nicht, dass das besonders intelligent wäre", lacht Noah und nimmt Aby auch in den Arm. Ich wusste gar nicht, dass Noah so etwas tun würde.
"Nein, ist schon in Ordnung", kichert Aby.
"Noah und ich gehen aber jetzt, ich muss noch zu meiner Freundin", bemerkt Leon, "Haut rein!" Noah nickt und sie fahren davon.
"Lucas und ich machen uns jetzt auch vom Acker", meint Joe, umarmt Aby und flüstert ihr noch etwas Undeutliches ins Ohr. "Normalerweise umarme ich niemanden so lange, also gewöhn´ dich besser nicht an den Anblick." Sie klopft mir wieder kumpelhaft auf die Schulter.
Ich lache und verabschiede mich von Lucas und Joe. Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich in so kurzer Zeit mit allen so dermaßen gut verstehen werde. Und ich muss zugeben, dass ich unheimlichen Spaß mit ihnen hatte. Am liebsten würde ich jeden Tag so etwas machen.
"Aiden", seufzt Aby und sieht ihn betroffen an. Ihre Laune scheint sich im Minutentakt zu ändern. "Kannst du Rave vielleicht zum Campus fahren? Ich will jetzt noch in die Bibliothek."
Mein inneres Ich macht Luftsprünge und schreit: JA JA JA! Äußerlich jedoch lasse ich mir nichts anmerken, sondern warte nur auf Aidens Antwort.
"Klar, kein Problem", meint er und nimmt Aby ebenfalls in den Arm. Dann sieht er zu mir. "Na dann los, Raven."
"Bis später, Aby." Ich winke ihr zu und folge Aiden zu seinem Auto.
Aby lächelt und steigt in ihr Auto.
"So schnell landest du also wieder in meinem Wagen", bemerkt Aiden und startet den Motor.
"Ganz offensichtlich."
"Ich weiß auch schon, wo wir hinfahren werden."
"Zum Campus?"
"Später, ja. Wir haben gerade mal sieben Uhr."
"Na und? Morgen ist Schule."
Aiden verdreht die Augen und biegt in eine Einfahrt. "Raven, was hab ich dir gestern noch gesagt?"
"Nicht so spießig sein", murmle ich und sinke tiefer in den Sitz.
"Richtig, also lass´ dich einfach überraschen. Übrigens war das eine reife Leistung auf der Bahn."
"Mein Dad hat mir den Trick gezeigt, als ich noch klein war", erkläre ich grinsend.
Aiden lächelt leicht und hält an einer roten Ampel an. "Du bist aufregender als du denkst, Raven."
Ich lächle zurück und schaue aus dem Fenster. Ich hab keine Ahnung was das zwischen Aiden und mir ist, aber ich wünschte, ich wüsste es. Es ist komisch zu wissen, dass ich bei Aiden ständig Herzrasen bekomme und es macht mir, um ehrlich zu sein, tierische Angst. Ich bin unheimlich froh, dass Aiden und ich uns so gut verstehen, aber ich weiß nicht, wie weit das gehen soll. Auch, wenn meine Meinung sich zum Leben und den Menschen verändert hat, habe ich dennoch Angst, dass ich so ende wie mein Vater. Oder Aby. Ich möchte nicht schreien und weinen müssen, weil mich die Person, die ich eigentlich mag, verletzt hat. Man kann es auch in den Büchern lesen. Menschen lernen einander kennen, sie verlieben sich, tun sich weh und bleiben am Ende mit gebrochenem Herzen zurück.
Es ist schon komisch, überhaupt darüber nachzudenken, weil ich Aiden immer noch kaum kenne. Ich weiß nur das Grundlegende. Ich kenne keine Geheimnisse, die vielleicht mehr über ihn aussagen, über seine Persönlichkeit und sein Handeln. Ich habe keine Ahnung, wieso er so ist, wie er ist und vielleicht sollte ich Angst haben, es herauszufinden.
"Woran denkst du?", unterbricht Aiden stirnrunzelnd meine Gedanken.
Ich atme einmal tief ein und schaue wieder nach vorne. "Ich hab mich nur gefragt, wo du mit mir hinwillst", lüge ich.
Kapitel 12
"Sieh genau hin", meint Aiden und nickt geradeaus.
Ich sehe mich um, kann aber nichts Verdächtiges erkennen. Stirnrunzelnd sehe ich ihn an.
Aiden seufzt amüsiert und fährt weiter, weil die Ampel auf Grün springt. "Sieh genauer hin."
An uns zieht ein Schild mit der Aufschrift SILVERLAKE - Schnell - und Tretbootverleih vorbei.
"Du willst an den See fahren?", frage ich mit erhobenen Brauen.
"Jap. Dort kann man den Sonnenuntergang richtig gut sehen."
Mein inneres Ich schmilzt gerade davon. "Hoffnungsloser Romantiker, wie ich schon