Celine Ziegler

Lives Collide


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lächelt warm. „Hast du es eilig? Oder hast du vielleicht Lust auf einen Kaffee? Auf ganz freundschaftlicher Basis natürlich", fügt er noch hinzu, als er merkt, dass ich überlege.

      Einen Kaffee mit Ben? Instinktiv will ich Nein sagen, doch er ist nett und an Aiden will ich gerade nicht denken müssen. Außerdem habe ich Ben tatsächlich schon lange nicht gesehen und es interessiert mich wie es ihm und Robert geht, jetzt, wo Tammy tot ist.

      Ich lächele. „Gerne."

      „Also", sagen Ben und ich gleichzeitig, als wir uns in ein Café in der Stadtmitte setzen.

      Er sagt, dass es hier den besten Kakao in der Stadt gibt und es eine Schande wäre, wenn ich ihn nie probieren würde, also sind wir hierher gegangen.

      „Du zuerst", lache ich.

      Ben lacht nickend. „Okay." Er fährt sich kurz mit der Hand durch die kurzen braunen Haare. „Also erzähl mal, was hast du in den letzten Wochen gemacht."

      Ich schürze die Lippen, weil ich wieder an Aiden denken muss.

       Tja, ich habe meine Zeit damit verbracht Aiden durch seine Trauer zu begleiten und habe einfach vor mich hingelebt.

      Diese Gedanken beiseite schiebend, zucke ich mit den Schultern und rühre durch den Kakao vor mir. „Na ja, ich war viel für Aiden da. Die Zeit nach Tammys Tod war wirklich nicht einfach für uns beide."

      Ben nickt verständnisvoll. „Ja, das stimmt. Das Krankenhaus ist so trostlos geworden, seit sie nicht mehr da ist. Ich dachte sogar, dass Robert kündigt."

      „Wieso?" Ich runzle die Stirn.

      „Er war wie vom Erdboden verschluckt. Erst nach zwei Wochen war er wieder da. So, wie er nun mal ist. Du kennst ihn ja." Er lacht.

      „Allerdings", gluckse ich. „Und wie geht es dir so?"

      Er seufzt. „Es geht mir gut, wirklich gut. Ich meine, die ganze Sache ist auch nicht einfach so an mir vorbei gegangen. Durch sie habe ich angefangen mich für eine Stiftung zu engagieren, die krebskranken Kindern hilft. Ich arbeite dort, wenn ich mal im Krankenhaus frei habe und es gefällt mir wirklich sehr gut."

      Ich muss lächeln. Ben scheint wirklich ein guter Mensch zu sein. „Das hört sich toll an. Die Arbeit mit den Kindern muss unglaublichen Spaß machen."

      „Das macht sie. Aber lass uns über etwas anderes reden", sagt er lachend. „Diese ganzen Krankenhausgespräche höre ich den ganzen Tag. Ich bin froh, wenn ich mal über etwas anderes außer den Tod und Krankheiten sprechen kann."

      „Dann lass uns doch über das Wetter reden", scherze ich.

      Ben reibt sich nachdenklich am Kinn und schaut aus der Glasscheibe, die uns von der Stadt trennt. „Es ist sehr windig draußen", sagt er mit gespitzten Lippen.

      „Und kalt dafür, dass es schon Juni ist", füge ich hinzu und versuche wie ein Professor zu klingen.

      "Richtig. Das erste Mal war ich heute stolz, dass ich meinen Mantel nicht umsonst angezogen habe. Immerhin war er wirklich teuer."

      „Verständlich. Bei diesem Londoner Wetter weiß man einfach nie, was man anziehen soll."

      „Apropos Londoner Wetter. Auf welches College gehst du eigentlich?"

      „Auf die ZOS", lache ich. „Gute Überleitung."

      „Gute Überleitung ist mein zweiter Vorname”, sagt er stolz. „ZOS also? Bist du auch in dieser Literaturrichtung?"

      „Jap, ich habe mich auf englische Literatur spezialisiert."

      Spezialisiert. So was kann auch nur von einer Autorin kommen."

      „Na ja, Autorin bin ich noch nicht ganz. Nennen wir es angehende Autorin."

      „Hast du schon ein Buch geschrieben?"

      „Ja."

      „Dann bist du eine Autorin, lacht er. „Eine andere Bezeichnung gibt es für mich nicht für Menschen, die Bücher schreiben. Ob veröffentlicht oder nicht."

      Lächelnd nehme ich einen Schluck von dem heißen Kakao. Ben ist wirklich viel netter, als er es im Krankenhaus immer war. Ich meine, zu mir war er zwar immer nett, aber er war mir einfach unsympathisch dadurch, dass er sich ständig mit Aiden in den Haaren hatte.

      Ben ist witzig, charmant und mir macht es tatsächlich Spaß mit ihm zu reden. Ich bin froh, dass ich ihn getroffen habe und nicht mit vollem Kopf zum Campus gefahren bin. Wahrscheinlich würde ich jetzt trauernd in meinem Bett liegen und an nichts anderes denken, als darüber, dass Aiden nach Amerika geht und es anscheinend nicht mal für nötig hält, mir, seiner Freundin, davon zu erzählen. Und über die Sache mit Als wir unendlich waren will ich erst recht nicht nachdenken.

      Meine Kopfschmerzen sind auch verschwunden und meine Laune ist stetig gestiegen.

      „Der Kakao ist tatsächlich der beste, den ich je getrunken habe", sage ich staunend und nippe noch einmal an der Tasse.

      Ben hält sich stolz die Hand über die durchtrainierte Brust. „Vielen Dank."

      „Wofür danke? Du hast den Kakao doch nicht gemacht." Ich hebe neckisch eine Braue.

      „Aber ich finde, das ist die Bestätigung dafür, dass ich der beste Kakaofinder der Welt bin. Ich habe wohl doch noch mehr drauf, als irgend so ein zukünftiger Assistenzarzt zu sein."

      Ich lache lauthals und ich bin froh, dass ich das erste Mal heute lache.

      Ben und ich unterhalten uns noch lange in dem Café und ich habe gemerkt, dass wir uns tatsächlich besser verstehen, als ich dachte. Ich kann eigentlich überhaupt nicht verstehen, wieso Aiden ihn nicht leiden kann, denn Ben ist eigentlich wirklich nett und witzig, genau wie er.

      Mittlerweile ist es sogar schon fünf Uhr nachmittags. Wir haben so viel geredet, dass wir nicht mal gemerkt haben, dass schon die Laternen an den Straßen angegangen sind und der Himmel langsam dunkler wird. Ben erzählt viel von seiner Zeit am College und was er damals alles so lustiges erlebt hat. Und ich weiß, dass wenn meine Zeit nur halb so spannend wird, wie die von ihm, dann werde ich definitiv Spaß haben.

      „Und dann haben die beiden es tatsächlich einfach auf dem Pult des Rektors getrieben!", erzählt Ben lachend und hält sich die Hand auf den Bauch, während wir durch die Stadt laufen. „Ihre Gesichter, als ich reingeplatzt bin, hättest du sehen müssen, das war wirklich ein Bild für die Götter!"

      „So was Ähnliches ist mir auch passiert, hier auf der ZOS. Das war gerade mal an meinem dritten Tag", erzähle ich amüsiert. „Meine Mitbewohnerin hat es einfach mit einem Lehrer auf unsrem Fußboden getrieben und ich hatte die Ehre sie zu unterbrechen."

      „Auch noch mit einem Lehrer? Der Unterricht muss eine Qual gewesen sein am nächsten Tag!"

      „Glaub mir, das war es!", lache ich. „Er konnte mir nicht einmal in die Augen sehen und ich hatte ständig das Bild von ihm im Kopf, wie er gerade splitterfasernackt in unserem Zimmer steht."

      Ben lacht und wir kommen am Bahnhof an.

      „So, hier muss ich jetzt wieder hinunter", sage ich und zeige auf die Treppe die zur Subway führt.

      „Ich kann dich auch mitnehmen, wenn du möchtest", bietet er mir freundlich an. „Dann musst du nicht mit dieser menschenunwürdigen Bahn fahren."

      Ich hebe eine Braue. „Menschenunwürdig?"

      „Ja, menschunwürdig. Oder ist das kein richtiges Wort?", fragt er peinlich berührt.

      „Doch, ich denke schon, egal", lache ich. „Wenn es für dich kein Umweg ist, dann wäre es nett, wenn du mich mitnimmst."

      Sofort ploppt das Bild von Aidens Gesicht in meinem Kopf auf und ich bekomme auf Anhieb ein schlechtes Gewissen. Ich weiß nicht, wie er reagieren würde, wenn er wüsste, dass ich mit Ben den ganzen Tag verbracht habe und mich jetzt auch noch von ihm zum Campus fahren lasse.