Eric Gutzler

Der Anschlag auf London am 11. Sept. 2101 nebst seiner Vorgeschichte


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Kenne ihn nicht.“

      „Ich habe keine Zeit für Ausflüchte. Wir haben Rasha Orit in London gefasst, sie hat gestanden.“

      Aljawi entging Raisas Geste eines kleinen Triumphes nicht. Daher fuhr er fort. „Rasha Orit, die du ins Ausbildungslager für Selbstmordattentäter geschickt hast, war keine Verräterin, keine westliche Agentin. Sie war eine Vertraute ihres Mannes. Seit seinem Tod in London haben wir sie beobachtet und ihr nachgespürt. Sie hat versucht, sich bei ihrem Bruder, diesem zwielichtigen Samar Aljawi zu verbergen, der so tut, als sei er unpolitisch, aber heimlich konspiriert, aber wir haben sie aufgespürt. Wir wissen, dass sie in dem Ausbildungslager Dadullah begegnet ist, und wir haben ihren Weg nach London verfolgt. Leider hat sie sich dort von Mansur Dadullah getrennt, ihn haben wir aus den Augen verloren, sie aber geschnappt. Aber genug der Rederei.

      Ich frage noch einmal; wenn du nicht antwortest, werde ich deinem Sohn einen Finger abschneiden, dann den zweiten, dann den dritten. Danach nehme ich mir die andere Hand vor, danach, wenn du immer noch nicht redest, werde ich ihm die Füße abhacken. Anschließend werde ich ihm die Zunge abschneiden, Nägel in die Ohren treiben und schließlich die Augen ausstechen. Aber er wird nicht sterben. Also, rede!“

      Raisa schüttelte den Kopf.

      „Wenn ich mit deinem Sohn fertig bin und du noch nicht geredet hast, werde ich das Gleiche mit dir machen. Schließlich aber werde ich diese Spritze nehmen“, er deutete auf die Spritze, die vor ihm auf dem Tisch lag, und dir ein Serum spritzen. Es ist ein neues, von den Russen entwickeltes Wahrheitsserum. Danach wirst du alles sagen. Das Serum hat nur einen kleinen Nachteil: Anschließend wirst du verrückt.“

      „Wenn das Serum diese Wirkung hat, warum benutzen Sie es nicht sofort?“ versuchte sie zu trotzen.

      „Weil ich Sadist bin und gerne Kinder quäle. Ihre Schreie sind mir Tröstung und Herzensnahrung.“

      Raisa blickte zu Boden und schwieg. Die Stille wurde durch ein Poltern unterbrochen, das aus einem benachbarten Raum oder vielleicht einem Flur des Hauses zu kommen schien. Dem Poltern folgten laute, wütend klingende Männerstimmen und kurz darauf der Schrei einer Frau. Es war der Schrei einer Gefolterten, ein Schrei, in dem sich Entsetzen und körperlicher Schmerz grässlich zu mischen schienen. In die anschließende Stille hinein sagte Aljawi: „Ich habe es mir anders überlegt“, öffnete eine Schublade unter der Tischplatte, holte ein dünnes Glasröhrchen heraus und hielt es hoch.

      „Weißt du, wofür man dieses Glasröhrchen benutzen kann?“

      Raisa antwortete nicht.

      „Es wird dir bestimmt aufgefallen sein, dass dein Sohn schon ein Alter erreicht hat, in dem er Erektionen bekommt.“

      Raisa blickte zu Boden.

      „Hör mir gut zu! Ich werde jetzt deinem Sohn die Kapuze und die Augenbinde abnehmen. Dann werde ich einen meiner Männer rufen, der dich in Gegenwart deines Sohnes entkleiden und vergewaltigen wird. Frontal und anal. Wenn dein Mann dich nie anal benutzt hat, wirst du vor Schmerzen schreien. Dein Sohn aber, den wir auch entblößen, wird eine Erektion bekommen. Dagegen kann er sich nicht wehren. Sobald er sie hat, werde ich dieses Glasröhrchen in seine Harnröhre stoßen, und danach werde ich einen Hammer nehmen und auf den Penis einschlagen, bis das Röhrchen in tausend Stücke zerplatzt. Weißt du, was das bedeutet? Kannst du dir seine Schmerzen vorstellen, die er zukünftig immer haben wird, wenn er pissen muss? Kannst du es ertragen, dass er dich nackt sieht und die Erinnerung an deine Vergewaltigung nie vergessen wird?“

      Wogen aus Scham und Entsetzen zerbrachen Raisas Widerstandskraft. Mit leiser Stimme sagte sie: „Der Mann ist der Perser.“

      „Welcher Mann?“

      „Der Mann, den Dadullah gestern oder heute treffen sollte.“

      „Weiter. Wer ist der Perser?“

      „Seinen richtigen Namen kenne ich nicht.“

      „Hör auf mit den Ausflüchten. Mir reißt die Geduld!“

      „Der Perser ist der Kopf der Londoner Gruppe. Er hat verschiedene Pläne ausgearbeitet und will erst ganz spät entscheiden, wo er zuschlägt.“

      „Ich brauche Hinweise. Welcher Arbeit geht er nach? Wo wohnt er? Hat er einen Spitznamen? Wie sieht er aus?“

      „Einmal hat Jamil erwähnt, dass der Perser im Zoo von London arbeitet und in einem Stadtteil im Süden wohnt. Er hat ihn deswegen sehr gelobt und gesagt, der Perser bewege sich wie ein Fisch im Wasser, er sei ein Vorbild für alle Gotteskrieger.“

      „Ist er verheiratet, oder lebt er allein?“

      „Jamil hat nie von einer Familie des Persers gesprochen. Hätte der Perser Kinder, hätte Jamil es erwähnt, denn er sorgt sich immer sehr um die Angehörigen der Selbstmordkrieger. Mehr weiß ich wirklich nicht. Lassen Sie meinen Sohn und mich jetzt gehen?“

      „Wenn wir ihn gefunden haben, lassen wir dich laufen.“

      Aljawi verließ den Raum, um ein Telefonat zu führen.

      Patsy Ellis lag in tiefem Schlaf, als das Telefon klingelte. Zunächst war das Klingeln Teil eines Traums, bevor sie merkte, dass das aufdringliche Geräusch aus einem Telefon kam, das auf einem Tischchen im Flur vor ihrem Schlafzimmer lag. Eine unfreundliche männliche Stimme sagte: „Mr. Ellis? Tobias Ellis?“

      „Nein, ich bin seine Frau.“

      „Ich muss dringend Ihren Mann sprechen. Er ist doch der Direktor des Londoner Zoos?“

      „Tut mir leid, mein Mann ist nicht hier. Aber wer sind Sie überhaupt?“

      „Ich rufe von der Londoner Polizei an. Es ist außerordentlich wichtig.“

      „Hat er was verbrochen?“

      „Nein, Frau Ellis. Da kann ich Sie beruhigen. Er soll uns helfen. Es handelt sich um ein Thema der Staatssicherheit. Wo ist Ihr Mann? Wo finde ich ihn?“

      „Du liebe Güte. Samstags trifft er sich immer mit Freunden. Sie trinken und spielen Karten.“

      „Benutzt er einen tragbaren Kommunikator?“

      „Er hat einen, lässt ihn aber in seiner Freizeit stets ausgeschaltet und hört auch keine Nachrichten ab.“

      „Wo trifft er sich mit seinen Freunden? In einer bestimmten Kneipe? Oder wo sonst? Wer sind seine Freunde? Haben Sie Nummern der Anschlüsse?“

      „Also, er trifft sich meistens mit … aber …“ Ihre schläfrige Benommenheit wich allmählich dem normalen Misstrauen wacher Erwachsener: „Woher weiß ich, dass Sie von der Polizei sind und kein Verbrecher, der meinen Mann entführen will?“

      Der Mann stöhnte: „Ich habe hier eine Datei vor mir, die persönliche Angaben über Ihren Mann und Sie enthält. Soll ich Ihnen vorlesen, wann Sie geboren sind, wann Sie eingeschult wurden und wann Sie die Schule verlassen haben? Oder dass Ihre Eltern sich getrennt haben, als Sie sieben Jahre alt waren? Oder dass Sie zweimal abgetrieben haben? Dass das zweite Kind nicht von Ihrem Mann war? Soll ich Ihnen vorlesen, welche Medikamente Ihnen in den letzten zwei Jahren verschrieben wurden? Oder welche Flugreisen Sie in den letzten fünf Jahren gebucht haben? Für diese Mätzchen habe ich keine Zeit. Es ist außerordentlich wichtig …“

      Patsy Ellis, die mit dem Telefon inzwischen zum Bett zurückgekehrt war, unterbrach ihn: „Diese Daten können gestohlen worden sein. Ich glaube Ihnen nicht.“

      Nach diesen Worten legte sie auf und verkroch sich ins Bett. Doch das Telefon kannte keine Gnade und begann, erneut zu klingeln. Schließlich nahm sie ab. Wütend brüllte die ihr schon bekannte Stimme los: „Patsy, legen Sie nicht auf! Es geht um die nationale Sicherheit. Wenn Sie mir nicht sofort die Telefonnummern geben, werden Sie wegen Unterstützung einer terroristischen Organisation ins Gefängnis wandern. Haben Sie verstanden?“

      Eingeschüchtert nannte die Frau drei oder vier Namen und ging dann in das Arbeitszimmer ihres Mannes, um die Anschriften und Telefonnummern zu suchen.

      „Damit