Christoph Hoenings

DAS GESCHÄFT - TEIL 1


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in deren VW die Garage und fuhren über die Plaza Almirante Grau auf die Via Expresa. Die führt parallel zur Avenida Arequipa.

      An der Unterführung bei der Avenida Javier Prado würden sie rechts abbiegen, bis zur Avenida Arequipa fahren, dort auf die Gegenfahrbahn wechseln und nach dem gelben Toyota Ausschau halten.

      Graf freute sich, mal wieder in einem VW-Käfer zu sitzen, in Deutschland waren die inzwischen zur Rarität geworden. Sie würden zwar etwas verspätet an dem Treffpunkt mit dem gelben Toyota sein, aber das war Graf egal.

      Graf legte den Arm auf Roxanas Rücklehne und kraulte ihr den Nacken.

      Roxana legte den Kopf zurück und seufzte. Sie musste sich bemühen, sich auf den Verkehr zu konzentrieren.

      Trotzdem legte sie ihre rechte Hand auf Ruperts Oberschenkel.

      Rupert hatte ihr erklärt, wo ein anderes Fahrzeug warten würde. Das endgültige Ziel der Fahrt kenne er auch nicht.

      Das war ihr egal, Hauptsache, sie war mit ihm zusammen.

      Er hatte ihr erzählt, was der in Deutsch geführte Anruf zu bedeuten hatte, und dass sie unbesorgt mit ihm zur Garage fahren könnte.

      Sie sah zu ihm herüber und lächelte ihn an.

      Ein interessanter Mann! Sie wusste nicht, ob sie interessante Männer liebte, aber sie wusste, sie liebte Rupert.

      Sie verstärkte den Druck ihrer Hand auf seinem Schenkel.

      ---

      Enrique Pato sollte am nächsten Morgen verwundert sein, als er die Telefonate Kinzels abhörte. Sein Computer hatte sowohl den Anruf Grafs gespeichert, der Kinzel aufforderte, im Hotel anzurufen, zu bitten, Carlos Garcia Alvarez auszurufen, und dann aufzulegen, sobald der sich melden würde, als auch den Anruf Kinzels im Hotel, mit dem er diese Anweisung befolgte.

      Seine Verwunderung würde nicht geringer sein als die Ludwig Kinzels. Auf Kinzels Frage, um was es denn ginge, hatte Graf nur gesagt:

      "Das erzähl´ ich dir morgen, Lutz."

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      Oberst Carlos Garcia sollte nicht verwundert sein, sondern er sollte sich maßlos ärgern!

      Zunächst einmal aber ärgerte er sich jetzt.

      Hätte er nicht soviel Whisky getrunken, hätte er sich nicht dermaßen über Roxana aufgeregt, nie wäre er auf einen so blöden Trick hereingefallen!

      Auch er fuhr auf der Via Expresa.

      Er wollte so schnell wie möglich zu Roxanas Haus. Er überlegte, dass Graf womöglich in einem Taxi unterwegs dorthin war. Er überlegte, wie es wäre, vor Graf dort zu sein. Er stellte sich vor, wie Roxana, glaubend es wäre Graf, die Tür öffnete. Er überlegte, was er mit ihr anstellen würde. Sie verprügeln? Das war zu wenig! Sie quälen? Sie quälen! Sie sollte die selben Qualen durchmachen wie er heute Abend! Und Graf würde draußen vor der Tür stehen und ihr Schreien und Flehen hören!

      Garcia trat das Gaspedal noch weiter durch.

      Fast hätte er Roxanas VW nicht erkannt.

      Er trat voll auf die Bremse und hatte Mühe, die Schleuderbewegungen des Toyota auszugleichen.

      ----

      "Da ist Garcia!"

      Graf hatte zwar das Aufleuchten der Bremslichter des weißen Toyotas gesehen, der sie gerade überholt hatte, dies aber nicht mit sich oder Roxana in Verbindung gebracht.

      "Ja und?" fragte er.

      "Er fährt vor uns her!"

      "Dann fahr langsam!" Graf kraulte immer noch ihren Nacken.

      ----

      Walter Fernandez sah mit Liliana die Spätnachrichten im Fernseher an.

      Plötzlich fuhr er hoch.

      Der Sprecher hatte gerade über den Besuch von Fischereiminister Bustamante in Chimbote berichtet. Man sah Bustamante, wie er mit einer Gruppe von Leuten diskutierte, die als Repräsentanten der Fischereigenossenschaft erwähnt wurden. Es sei eine sehr heftige Diskussion gewesen, in der es um die immer geringer werdenden Fischmengen gegangen sei.

      Zum Abschluss des Berichtes sagte der Sprecher:

      "Minister Bustamante hat heute am frühen Abend verlautbaren lassen, dass er in Abstimmung mit Präsident Scaloni den Oberkommandierenden der Marine Vize Admiral Rogerio Chavez zu sich rufen wird, um die Verbesserung des Schutzes der peruanischen Seegebiete zu besprechen. Die Marine soll die Beschaffung neuer und effektiver Schiffseinheiten untersuchen. Nur mit neuen Schiffen kann den kriminellen Elementen Einhalt geboten werden, die unberechtigt in unsere nationalen Gewässer eindringen, um ihr räuberisches Unwesen zu treiben."

      Dann kamen Sportberichte.

      Walter griff zum Telefon und wählte die Privatnummer von Rogerio Chavez.

      "Hast du gerade die Nachrichten gesehen?"

      "Ja. War das unser Freund? Der war doch heute Nachmittag dort."

      "Ich nehme es an. Er hat mir nur gesagt, es sei alles gut gelaufen."

      "Wir sprechen morgen. Grüße an Liliana!"

      "Bis morgen."

      Walter legte auf.

      Am liebsten hätte er auch Kinzel angerufen, fand dann aber, dass die Abendstunde zu weit fortgeschritten sei.

      Er goss sich ein Glas Whisky ein, brachte Liliana ein Glas Sherry. Als sie ihn verwundert ansah, sagte er:

      "Liebling, ich glaube, jetzt werden wir reich. Ich meine nicht wohlhabend, ich meine reich, richtig reich. Salud!"

      Er hob sein Glas und trank es auf einen Zug aus.

      "Wie reich?" fragte Liliana.

      "Sehr reich, mein Schatz."

      ---

      Kapitel 3

       3. Scaloni

      Ludwig und Karin Kinzel hatten die Nachrichten auch gesehen. Kinzel rief im Sheraton an, um Graf zu informieren. In dessen Zimmer meldete sich niemand, und eine Nachricht wollte er nicht hinterlassen.

      Er wunderte sich, wo Rupert jetzt noch stecken könnte.

      Wahrscheinlich war er in der Bar und flirtete mit einer jungen Dame.

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      Roxana fädelte sich auf der ganz rechten Spur ein.

      Garcia fuhr auf der linken Spur, war jedoch merklich langsamer geworden. Hinter ihm wurde gehupt.

      „Er glaubt, wir fahren zu mir nach Hause,“ sagte Roxana. „Das wäre die übernächste Ausfahrt.“

      Beim Abbiegen von der Autobahn sahen sie, wie Garcias weißer Toyota mit unverminderter Geschwindigkeit weiterfuhr.

      Als sie sich der Avenida Arequipa näherten, wies Graf sie auf den am Rande der Gegenfahrbahn stehenden gelben Toyota hin.

      Roxana wendete bei der Kreuzung, und als sie noch fünfzig Meter von dem Wagen weg waren, sah Graf, dass nur das linke Rücklicht brannte. Er bat Roxana, die Lichthupe zu betätigen.

      Auf ihr Zeichen hin fuhr der Toyota an.

      Sie folgten dem Fahrzeug ungefähr zwei Kilometer.

      Dann fuhr der Wagen nach rechts in ein Wohngebiet.

      Trotz der Dunkelheit konnte Graf erkennen, dass sie sich einer Gegend mit villenartigen Häusern befanden. Es ging um mehrere Ecken, um dem Einbahnstraßensystem zu folgen.

      Dann hielt der Toyota vor einem hell erleuchteten Haus, vor dem mehrere andere Fahrzeuge standen.

      In einem Teil der Autos saßen Männer, die sich nach ihnen umsahen, als Roxana und Graf ausstiegen.