Charline Dreyer

Waves


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      Charline Dreyer

      Waves

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Das Geräusch von zerbrechendem Glas

       Blühende Fantasien, realistische Fakten und beunruhigende Tatsachen

       Weißrosa trifft auf Granit

       Verlorene Handys in Seidentuniken

       Steine und Wunderkerzen

       Eintausend Mal

       Salzig-heiß

       Amaryllis

       Sonnenblumengelbe Baumwollshirts

       Gläserne Schneekugel

       Der letzte Hinweis

       Das letzte Detail führt zum letzten Weg

       Was geschah am 5. Juli?

       Bis die Zigarette erlosch

       Tetrodotoxin

       Wie sich sterben anfühlt

       ***

       Das Danach

       Impressum neobooks

      Das Geräusch von zerbrechendem Glas

       Here I go out to sea again

       The sunshine fills my hair

       And dreams hang in the air.

       Seeed

      A D E L I N E

      Mit herangezogenen Knien sitze ich im Sand und beobachte die Wellen, die mit ihren Schaumkronen ans Ufer rollen. Die See ist heute verhältnismäßig ruhig, auf Fuerteventura habe ich schon ganz anderes erlebt. Normal sind hohe, donnernde Wellenberge, eine unermessliche Strömung, die beim Baden sehr gefährlich sein kann und es hängt so gut wie immer Gischt über der Ebene.

       Nicht so wie heute. Der Horizont zieht sich haarscharf übers Grau des Atlantiks, ich lege den Kopf in den Nacken und atme die salzige Seeluft ein, vergrabe meine Hände im feuchten Sand und nehme das Tösen der Saharawinde in mir auf. Lasse es auf mich wirken. Seufzend schließe ich meine vom Weinen verquollenen Augen, lasse die milde Abendsonne auf meine beanspruchte Haut scheinen. Ich beiße mir auf die Unterlippe, die schon wieder zu bluten anfängt. Ich bin leider der schlimmste Lippenbeißer, den es gibt. Manche haben die Angewohnheit, an ihren Nägeln zu kauen, bei mir sind es die Lippen.

       Jemand räuspert sich direkt neben mir und ohne mich auch nur umzusehen, platze ich heraus: „Gott, könnt ihr mich nicht einfach alle in Ruhe ...“, doch ich stutze, denn als ich aufblicke und einen verschämten Elijah neben mir sehe, wird mein Herz weich. „Oh, es tut mir so leid“, stammle ich und weiche dem Blick seiner Augen aus, ihre Farbe kommt der des Ozeans vor mir sehr nahe. „Ich bin nur so ... Es ist nur … Egal, du weißt schon.“

       „Ich weiß was?“ Mit einem tiefen Atemzug lässt er sich neben mich in den Sand fallen und ich rücke automatisch ein Stück von ihm ab, obwohl wir den gesamten verdammten Strand für uns haben. „Dass wir beide betrogen, verarscht und hintergangen wurden?“

       „Du hast das ‚seit drei Jahren' vergessen“, füge ich nüchtern hinzu und vergrabe mein Gesicht in beiden Händen. Ich muss fürchterlich aussehen, aber Elijah scheint das nicht wirklich zu bemerken. Zum Teufel, er sieht selbst fertig aus, mit dem unregelmäßig gestutzten Bart, der sonst immer perfekt aussieht und dem tiefschwarzen Haar, welches so lang geworden ist, dass er es zur Zeit meist zu einem kleinen Knoten am oberen Hinterkopf zurückgebunden trägt. Er scheint nicht ganz so am Ende wie ich, eigentlich sogar noch relativ gefasst, aber ansatzweise fertig.

       „Wir sollten es positiv sehen“, sagt er, so zuversichtlich wie möglich, jedoch bleibt seine tiefe Stimme brüchig, „besser wir erfahren es so, als gar nicht.“

       Ich schnaube und strecke die Beine aus. „Den Anblick hätte ich mir sehr gerne erspart.“

       „Es war abartig, oder?“ Er verzieht das Gesicht und gibt ein Würgegeräusch von sich. „Hat aber auch was Gutes. Jetzt würde ich sie erst recht nie wieder anfassen wollen, nachdem, was wir gesehen haben.“

       Tatsächlich muss ich kurz grinsen. Doch unwillkürlich schießen mir Bilder von Isabella und Joe durch den Kopf, wie sie komplett nackt auf dem Boden unserer Küche, in der kleinen gemieteten Finker aufeinander liegen und komische Geräusche von sich geben. Mein Grinsen verzieht sich zu einer angewiderten Grimasse. „Ich werde nie wieder in dieser Küche essen.“

       „Ich werde diese Küche nie wieder betreten“, setzt er noch eins drauf. Wir sehen uns an und brechen in Gelächter aus. Es klingt verzweifelt, krankhaft. Ein bisschen hysterisch. Aber immer noch besser, als deprimiert vor sich hin zu grübeln, wieso sie uns das angetan haben. „Wer treibt's denn auch bitte auf dem Küchenboden?“, keuche ich atemlos und wische mir eine kleine Träne aus dem Augenwinkel.

       Und noch eine. Und noch eine.

       Ich hatte übergangslos vom Lachen zum Weinen gewechselt, ohne es so richtig zu bemerken.

       „Ich hoffe, Joe hat sich seine beschissene Hand gebrochen“, schluchze ich. Als er nämlich bemerkt hat, dass er beobachtet wird, ist er wie von der Tarantel gestochen aufgesprungen, dabei nicht gerade elegant gestolpert und auf seine eigene Hand gefallen, welche zuvor noch an der nackten Brust von Elijahs Freundin geklebt hat.

       „Und ich hoffe sie verreckt an ihrem schlechten Gewissen.“

       „Das glaube ich kaum.“

       „Ich meine, nicht weil sie mich betrogen hat, sondern weil sich ihr Lover ihretwegen hoffentlich die Hand gebrochen hat.“ Hinzuzufügen ist, dass Joe über Isabellas ausgestrecktes Bein gestolpert ist.

       Irgendwie bringen mich Elijahs Worte schon wieder zum Lachen, auch wenn ich durch den Schleier aus Tränen kaum noch sehen kann und meine Nase wie Feuer brennt. „Hast du zufällig ein Taschentuch?“

       Er tastet reflexartig an den Taschen seiner Shorts, zuckt dann aber die Schultern und verneint entschuldigend. Die Sonne ist fast hinter dem Horizont verschwunden