Angelika Nickel

Angstgeflüster


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Möglichkeit haben, zu einer Hexe zu kommen, tröstete sie sich.

      »Da hörst du es, Nan‘. Deine Tochter und ich, wir grillen heute Burger.«

      »Weil du dafür ja auch soviel können musst, du armer Mann.«

      »Sag das nicht! Ich muss immerhin aus dem Froster die Burger holen.« Nick grinste breit.

      »Pass nur auf, dass du dich dabei nicht überanstrengst«, versuchte Nancy, in strengem Ton, zu sagen. »Und achte auf deine Finger. Wir wollen ja nicht, dass dir am Ende noch Frostbeulen wachsen.«

      Nick betrachtete seine Hände. »Ich werde gut auf die beiden aufpassen«, konterte er lachend; und auch Susan fiel in das Lachen mit ein.

      3 –Grandpa sagt

      »Grandpa ist da!«, freute Susan sich, als sie den blauen Van ihres Opas, in der Einfahrt stehen sah. »Bestimmt hat er wieder eine neue Geschichte für mich.«

      »Aber nicht wieder über Hexen, hoffe ich«, kam es ernst von Nick.

      »Grandpa sagt, dass es sehr wohl Hexen gibt«, lachte Susan und rannte davon.

      »Toll, der hat mir gerade noch gefehlt«, stöhnte Nancy. Der Gedanken an Hexen jagte ihr einen unangenehmen Schauer über den Rücken. »Und jetzt hast du es selbst gehört, woher sie ihre Spinnerei mit den Hexen hat.« Ihre Mundwinkel zogen sich nach unten. »Dein Vater redet ihr das ein! Überhaupt«, sie amtete hart aus, »warum tut er das nur immer wieder?«

      Nick bemerkte nicht, dass sie erzitterte, bei dem Gedanken an Hexen.

      »Was hast du nur gegen meinen Vater?«, kam es genervt von Nick. Er wusste zu gut, dass seine Frau seinen Vater sehr gut leiden konnte, weniger allerdings mochte sie, dass der Mann ihrer Tochter stets irgendwelche Schauermärchen erzählte. Sie machte den Mann auch dafür verantwortlich, dass Susan diese Marotte mit den Hexen hatte. Nick unterdrückte ein Stöhnen. Als wenn er etwas dafür konnte, was sein Vater an Geschichten an seine Tochter weitergab. Ihm war dieser Hexenkram auch nicht recht. Dennoch, man musste es auch nicht derart übertreiben, wie Nancy es tat.

      Hexen, Nancy schüttelte sich, mit denen konnte sie sich schon seit Jahren nicht mehr anfreunden. Auch dann nicht, wenn es nur Phantastereien waren, die sich die Menschen über sie erzählten. Und sie hatte ihre Gründe dafür. Doch davon wusste eigentlich niemand.

      Auch Grandpa Dan, Nicks Vater, war einer von denen, die es liebten, immer wieder aufs Neue, sich Geschichten über Hexen auszudenken – und Susan eine begeisterte Zuhörerin!

      Eine Zuhörerin, magisch von Hexen und deren Geschichten angezogen, wie auch Nancy es einst gewesen war – vor vielen Jahren.

      Susan rannte auf ihren Opa zu.

      Dan fing sie auf und schwenkte sie in seinen Armen. »Hallo, Kleines. Hast du dich schon gut eingelebt?«, fragte er.

      »Geht«, antwortete Susan. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätten sie gar nicht hierher ziehen müssen. Aber ihr Vater war an die hiesige Schule versetzt worden, und so war ihnen nichts anderes übriggeblieben, als nach Coconut-bottle umzuziehen.

      »Hi, Dad, schön, dich zu sehen«, begrüßte Nick seinen Vater.

      »Hallo, Dan.« Nancy umarmte den Schwiegervater. »Aber nicht wieder irgendwelche Hexenmärchen für Susan«, flüsterte sie ihm ins Ohr.

      Dan grinste. »Nancy, du kennst mich doch«, sagte er daraufhin lachend.

      Nancys Blick wurde ernst. »Eben deshalb!«

      »Komm rein, Dad! Susan und ich wollen uns heute im Burger-Grillen üben«, forderte Nick seinen Vater auf, mit ins Haus zu kommen.

      »Burger?«, der ältere Mann schaute zu seiner Enkeltochter hin. »Da komme ich ja genau richtig.« Er schwenkte den Blick zu Nancy. »Hast du Kartoffeln im Haus? Und Quark?«

      Die Frau nickte.

      »Dann werde ich mich für die Folienkartoffeln und die Sauercreme zuständig fühlen.«

      »Du willst …«, setzte Nancy an.

      »Yes, I will«, lachte er. »Gib mir nur alles, was ich brauche, und den Rest mach ich. Du kannst ja unterdessen ein Bad nehmen, oder dir eine Soap im Fernsehen anschauen«, schlug er ihr vor.

      »Okay. Nick, zeigst du deinem Vater, wo wir die Kartoffeln und den Quark haben? Wo die Gewürze stehen, weißt du ja auch. Danke«, rief sie lachend, und ging nach oben, um sich ein Badewasser einzulassen.

      Dan zog Susan zu sich heran. »Kennst du schon den neusten Hexenklatsch?«, fragte er sie, und flüsterte dabei.

      »Nein. Du?« Susan schaute ihn mit großen Augen erwartungsvoll an.

      Grandpa Dan nickte nur. Geheimnisvoll legte er den Finger auf den Mund. »Ich erzähl dir später davon. Vielleicht beim Essen.«

      Das Mädchen erschrak sich. »Bloß nicht! Du weißt doch, dass Mom das nicht mag.«

      Er lächelte zuversichtlich. »Irgendwann lernt sie es sicherlich noch, Hexengeschichten zu mögen.«

      »Nein, das glaube ich nicht«, kam es enttäuscht von Susan.

      »Warts doch einfach einmal ab.« Er beugte sich zu ihr hinunter. »Sie kennt vielleicht noch gar nicht die Geschichte, die über diesen Ort, vielmehr über eine Hexe von hier, erzählt wird.«

      »Eine Hexe aus Coconut-bottle?«, fragte das Mädchen erstaunt.

      Und Dan nickte nur.

      »Was, was wird erzählt?«, wollte sie wissen. Wow! Das hört sich spannend an. Sie konnte ihre Aufregung kaum verbergen.

      »Später, Susan, erzähle ich dir davon. Doch jetzt gehen wir zuerst einmal deinem Vater zur Hand, damit unser Essen heute noch fertig wird.«

      »Ich geh zu Dad, Grandpa, und du in die Küche.«

      Er nickte. »Genauso machen wir es.«

      Susan beugte sich zu ihrem Opa hin, die Arme nach ihm ausgestreckt. »Und später erzählst du mir von der Hexe, ja?«

      »Auf jeden Fall!«

      4 –Kindheitstrauma?

      »Bitte, Mom, nur eine Geschichte. Bitte!«, bettelte Susan.

      »Nein. Heute nicht. Und schon gar nicht auf die Nacht. Du musst schlafen, und sollst dabei nicht schlecht träumen.« Ihre Mutter blieb unerbittlich.

      »Aber Grand kennt doch eine Geschichte über Coconut-bottle«, versuchte das Mädchen weiter, ihre Mutter zu überreden.

      Nancy nahm den Kopf ihrer Tochter in beide Hände und schaute sie nachdenklich an. »Woher hast du das nur, diesen ganzen Hexenmist?«

      »Sicherlich von Grandpa. Er mag doch diese Geschichten auch so gerne.«

      »Das befürchte ich auch. Leider. Und genau deswegen wird er auch heute Abend nicht mehr in dein Zimmer kommen.«

      »Darf er mir dann wenigstens noch Gute-Nacht sagen kommen?«

      »Nein. Denn dann erzählt er dir doch nur wieder eine seiner grauenvollen Geschichten.«

      »Mich stört das nicht«, versuchte Susan, ihre Mutter auszutricksen.

      »Nein, habe ich gesagt, und dabei bleibt es!« Ihre Augen funkelten böse, als sie sagte: »Und mich stören diese Geschichten dafür umso mehr!«

      Susan drehte sich zur Seite und schmollte. Aus den Augenwinkeln heraus, sah sie den alten Baum, wie er seinen Schatten aufs Fenster warf. »Dieser Baum macht mir Angst. Er sieht fürchterlich aus«, maulte sie.

      »Vor dem Baum hast du nichts zu befürchten. Mach einfach die Augen zu und schlaf. Morgen früh, wenn das Sonnenlicht auf ihn fällt, wirst auch du ihn