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Sanne Prag
Geisterhäuser
Ein Mystik-Krimi
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Inhaltsverzeichnis
NACHMITTAG
Der junge Mann stapfte über das Hochplateau, flach, steinig, spärlich mit blassem Gras bewachsen, wie Schamhaare einer Jungfrau, dachte er. In dieser Arena der Ereignislosigkeit, vom blaugrauen Kamm der Berge eingeschlossen, spielten seine Gedanken vor allem mit Jungfrauen und mit Machtfantasien.
Die Fläche war belegt mit runden, dunklen Steinen, abgeschliffen, als ob sich jemand daran zu schaffen gemacht hätte. Überblick soweit das Auge reichte. Nicht einmal ein türkischer Ziegenhirte konnte sich hier verstecken. Ein unerwartetes Erlebnis für den Menschen der Großstadt, utopisch. Hier sollte es eigentlich Kornkreise geben, nur mangels Korn mussten die Außerirdischen in Steinkreisen landen. Er war seit Stunden keinem Menschen begegnet. Ein erhabenes Gefühl, wie der erste Mann auf dem unberührten Sand des Mondes. Vielleicht wie Gott, bevor er beschloss, die Welt zu erschaffen - um Gesellschaft zu haben? Ezra hob einen Stein auf und ließ ihn mit aller Gewalt, die er aufbringen konnte, niedersausen. Der Stein war Kopf groß und ziemlich schwer. Er spürte etwas in seinen Muskeln. Ohne Erschütterung sah er auf die Trümmer nieder – er hatte gerade einen Teufel erschlagen. Er freute sich an seiner Kraft und betrachtete das nicht als Omen. Er wusste ja nicht, was kommen sollte. Doch als er an sich hinunter blickte sah er Blut. Viel Blut quoll aus einer Wunde ober dem Knöchel. Ein scharfes Stück des zerberstenden Steines hatte ihn getroffen und er hatte es zuerst nicht bemerkt. Langsam erreichte ihn auch der Schmerz.
Am Himmel hing eine Wolke, die nahm die Form einer riesigen Spinne an. Wirklich eine seltsame Wolke.
In dem Steinkamm der Berge war ein Loch. Dahinter sah er nur blauen Himmel. Eine Falle? Ein Fenster ins Glück? Er kletterte unter Schmerzen steil hinauf, schließlich stand er an der Schwelle. Hinter ihm blieb eine Blutspur, vor ihm, im Jenseits, fiel ein Hang sanft in die Tiefe. Eine Wiese, saftig, weich und grün, darunter ein Weiher – so nennen es die Romantiker. Der Realist nennt es Wasseransammlung, was Ezra für einen ziemlichen Verlust hielt.
Um das Wasser lagen ein paar Häuser, eine kleine Gruppe, aber keinesfalls Gehöfte. Es waren Kunstwerke. Jedes von ihnen – deshalb passte keines zum anderen. Jedes lebte getrennt in seiner Schönheit, fremd zum nächsten. Alle schienen ziemlich groß. Es waren vier – vier Anwesen, die seltsamste Gesellschaft, die ihm je begegnet war. Die gewohnte Kirche fehlte. Der Patriarch, der alles zusammenhält, war nicht da. Als er näher kam, war der Abstand der Gebäude größer als gedacht. Sie wollten sich nicht gegenseitig beschützen, sich nicht anlehnen. Betteln um Hilfe – das Letzte! So standen sie da und schauten ihm milde interessiert entgegen.
Ezra lief den Hang hinunter und wurde dabei immer schneller. Die Schmerzen wollte er nicht zur Kenntnis nehmen. Die Häuser wuchsen mit jedem Schritt. Er erreichte das erste und legte