Marianne Christmann

Doppeltes Spiel


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unterwegs waren.

      „Darauf kommt es an, warte es ab“, sagte ihr Bruder und grinste.

      Zehn Minuten vor acht kamen sie am Institut an. Max hielt vor dem Haupteingang, wo tatsächlich noch ein freier Parkplatz war. Er stieg aus, lief um das Auto herum und öffnete die Beifahrertür. Julia stieg aus.

      Wieder bot ihr Max seinen Arm, dann gingen die beiden auf die Glastür zu und betraten die Eingangshalle.

      Dr. Ritte hatte Julia und ihren Begleiter sofort gesehen und steuerte nun auf die beiden zu, um sie zu begrüßen.

      Die Ankunft von Julia und Max war natürlich nicht unbemerkt geblieben. Mehrere Kollegen standen vor dem Gebäude und rauchten noch eine Zigarette.

      „Seht mal da“, sagte Dr. Vollmer und wies auf die beiden Neuankömmlinge, „wer ist denn das?“

      Fragend schaute er in die Richtung, dann erkannte er Julia.

      „Das … das … das kann doch nicht sein“, stotterte er, „das ist doch Julia Sommer, die dort kommt, oder? Ich hätte sie fast nicht erkannt.“

      „Wer ist der Mann neben ihr?“, fragte Renate, „ist das ihr Mann oder ihr Freund?“

      Mit offenem Mund sahen sie den beiden nach, als sie durch die Glastür gingen. Sie beeilten sich, ebenfalls in die Halle zu kommen, denn sie wollten hören, was gesprochen wurde.

      Dr. Ritter bahnte sich einen Weg durch die Menge und blieb vor Julia und Max stehen.

      „Guten Abend, Dr. Sommer“, begrüßte er sie und schüttelte ihre Hand, „es freut mich, dass Sie gekommen sind. Wen haben Sie mitgebracht?“

      Julia wurde verlegen und wusste nicht, was sie sagen sollte. Max stellte sich vor: „Maximillian Sommer. Sie sind sicher Julias Chef, Dr. Ernst Ritter?“

      Dieser nickte.

      „Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen“, sagte er dann und schüttelte auch Max die Hand, „möchten Sie etwas trinken?“

      Beide bejahten.

      Dr. Ritter reichte jedem ein Glas, dann sagte er: „Entschuldigen Sie mich, ich muss weitere Gäste begrüßen.“ Er verschwand in der Menge. Julia war das nur Recht. Sie sah sich um.

      „Achtung“, wisperte sie dann ihrem Bruder zu, „da kommen einige von meinen Kollegen. Die platzen bestimmt vor Neugier. Alle halten uns für ein Ehepaar.“

      „Bleib locker“, erwiderte Max, „ich mach das schon. Wir haben nicht gesagt, dass wir verheiratet sind und wenn sie uns für ein Paar halten, dann ist das ihr Problem.“

      „Ah, guten Abend Frau Sommer“, sagte Dr. Vollmer, der sich inzwischen einen Weg durch die Menge gebahnt hatte und nun vor Max und Julia stand.

      „Ich hätte Sie fast nicht erkannt in dem Kleid“, setzte er dann noch hinzu und betrachtete sie ausgiebig.

      „Und Sie sind?“, fragte Max und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.

      „Gerhard Vollmer“, antwortete dieser, „ich bin ebenfalls Pathologe hier am Institut.“

      Er machte eine kleine Verbeugung, was sehr affektiert wirkte. Julia verbiss sich ein Lachen.

      „Maximillian Sommer“, stellte sich nun Max vor.

      „Ihre Frau macht ihre Arbeit gut“, ergänzte Dr. Vollmer und sah Max neugierig an.

      „Ich weiß, dass Julia ihre Arbeit liebt und sehr engagiert ist“, erwiderte Max leichthin, ohne auf die Bezeichnung ‚Ihre Frau‘ einzugehen.

      „Max, das sind Renate Bauer und Florian Läufer aus der Forensik“, stellte Julia die beiden vor, die inzwischen die kleine Gruppe erreicht hatten.

      Max schüttelte jedem die Hand und stellte sich vor.

      „Was machen Sie denn beruflich?“, wollte nun Dr. Vollmer wissen, „arbeiten Sie auch in der Pathologie?“

      „Nein. Ich ziehe lebende Patienten vor, in Miniaturausgabe“, sagte Max mit völlig ernstem Gesicht.

      Alle sahen ihn fragend an.

      „Ich bin Kinderarzt“, erklärte er nun.

      „Oh, sehr schön … sehr schön“, stotterte Dr. Vollmer, denn damit hatte er nicht gerechnet.

      In diesem Moment trat Dr. Ritter zu der Gruppe und verkündete, dass das Buffet jetzt eröffnet sei.

      Julias Kollegen strebten sofort dem Buffet zu. Max fragte: „Soll ich dir etwas holen?“

      „Ja, bitte“, erwiderte sie und Max entfernte sich in Richtung Buffet.

      Ihr Chef sah sie nachdenklich an.

      „Ihr … Mann ist sehr nett“, sagte er dann, wobei er eine kleine Pause vor dem Wort ‚Mann‘ machte.

      Julia lief rot an. Dr. Ritter bemerkte es und sah sie aufmerksam an. Er wollte noch etwas sagen, überlegte es sich dann aber anders.

      „Noch viel Spaß auf der Feier“, meinte er nur und entfernte sich.

      Gerade kehrte Max mit zwei vollbeladenen Tellern zurück. Er reichte Julia einen davon.

      „Läuft doch alles prima“, meinte er dann.

      „Ich weiß nicht“, antwortete seine Schwester, „ich glaube, Dr. Ritter hat etwas gemerkt.“

      „Wieso? Hat er etwas gesagt?“

      „Nein, eigentlich nicht. Er hat nur gesagt, dass mein Mann sehr nett sei und hat dabei das Wort ‚Mann‘ seltsam betont.“

      „Na und?“, sagte Max, „die wissen doch gar nichts. Entspann‘ dich und iss, schmeckt sehr gut.“

      Julia aß nun auch ein wenig von ihrem Teller, aber sie fühlte sich von ihren Kollegen beobachtet.

      Nachdem sie gegessen hatten, schlenderten sie noch ein wenig umher. Julia zeigte Max das Institut. Hin und wieder wurden sie von einem Kollegen Julias angesprochen. Alle betrachteten neugierig ihren Begleiter.

      „Der sieht unverschämt gut aus“, schnappte Julia einen Gesprächsfetzen auf.

      Nach zwei Stunden und einigen weiteren Tellern mit Essen später, traten Julia und Max den Rückzug an. Sie hatte ihren Bruder gebeten, die Feier zu verlassen, denn sie fühlte sich zusehends unwohl.

      „Ich fühle mich unter ständiger Beobachtung“, raunte sie Max zu.

      „Ja, alle sehen uns nach“, meinte er leichthin. „Wenn du nach Hause willst, dann sag es. Wir können jederzeit gehen.“

      Sie suchten Dr. Ritter, um sich von ihm zu verabschieden. Sie fanden ihn ein wenig abseits, in ein Gespräch vertieft. Max trat auf die beiden Männer zu.

      „Entschuldigen Sie die Störung“, sagte er, „aber Julia und ich wollen uns verabschieden. Es hat mich sehr gefreut, Sie kennenzulernen, Dr. Ritter.“

      „Sie wollen schon gehen?“, fragte dieser.

      „Ja, leider. Ich muss zu Hause noch ein wenig Papierkram erledigen“, schwindelte Max, ohne rot zu werden.

      „Das kenne ich. Es hat mich auch gefreut, Sie kennenzulernen, Herr Sommer. Kommen Sie gut nach Hause.“

      Julia und Max strebten dem Ausgang zu und traten ins Freie. Draußen blieb Julia stehen und atmete tief durch.

      „Puh, das wäre geschafft“, sagte sie erleichtert.

      „War doch ganz lustig“, entgegnete ihr Bruder, während er das Auto durch die Straßen lenkte. „Ich fand es sehr interessant.“

      Er setzte Julia vor ihrem Haus ab und wartete, bis sie die Haustür geöffnet hatte und im Eingang verschwunden war.

      Dann fuhr er zu Frank, um das Auto zurückzugeben. Seinen eigenen Wagen hatte Max bei seinem Freund stehen