Marianne Christmann

Doppeltes Spiel


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ich herausfinden, dass du es herumerzählst und an die große Glocke hängst, wirst du mich kennenlernen.“

      Caro blickte ihn mit grimmiger Miene an. Sie sah aus wie eine wütende Tigerin, die ihr Junges beschützt.

      Kevin kannte seine Chefin inzwischen gut genug, um sich ausmalen zu können, wie sie reagieren würde, wenn es publik würde. Nun, er konnte den Mund halten und würde es niemandem sagen. Er hatte auch kein Problem damit. Es war für ihn nur völlig überraschend gekommen.

      „Ich werde niemandem davon erzählen, warum sollte ich? Wir müssen einen Mord aufklären und es ist mir egal, was Verena Schneider in ihrem Privatleben macht“, versicherte er Caro.

      „Dann ist es ja gut.“

      „Nur noch eine Frage: Wer ist Julia? Ist das die Pathologin?“

      „Ja, Julia ist Pathologin, ich war vorhin bei ihr, um nach den Ergebnissen der Obduktion zu fragen. Sie ist meine Schwester und mit Verena Schneider verheiratet. Sonst noch Fragen?“

      „Nein, jetzt ist alles klar. Was hier besprochen wurde, bleibt in diesem Büro.“

      „Hoffentlich“, meinte Caro.

      Sie sah ihn prüfend an. Kevin war das Funkeln in ihren Augen nicht entgangen. Er wollte es sich in keinem Fall mit ihr verderben. ‚Sie kann bestimmt sehr ungemütlich werden‘, dachte er bei sich, ‚ich gebe ihr keinen Grund, sich mit mir anzulegen‘.

      „Was haben denn deine Ermittlungen in der Bank ergeben und hast du herausgefunden, wer Kramers Anwalt ist?“, ging Caro nun zur Tagesordnung über.

      Kevin war über den Themenwechsel erleichtert. Er zog seine Unterlagen zu Rate.

      „Die meisten Kollegen aus der Bank konnten mir auch nicht mehr sagen, als wir bisher schon wissen. Aber einer, ein gewisser Walter Huber, der kannte ihn näher. Er sagt, sie hätten öfter zusammen ein Feierabendbier getrunken und hin und wieder gingen sie gemeinsam kegeln. Über die Familie oder familiäre Hintergründe wusste er nichts, aber dafür, wer Kramers Anwalt ist.“

      Kevin sah sehr zufrieden aus und blickte Caro erwartungsvoll an.

      „Und wer war nun Kramers Anwalt?“

      „Die Kanzlei Berger & Partner. Die haben nicht weit von hier ihre Kanzlei. Der Seniorchef persönlich war Kramers Anwalt. Er heißt Friedrich Berger. Wir sollten mit ihm sprechen.“

      „Das finde ich auch. Lass uns das sofort machen.“

      Die beiden verließen das Kommissariat und gingen die kurze Strecke bis zur Anwaltskanzlei zu Fuß.

      Kapitel 16

      Jedes Jahr, kurz vor der Urlaubszeit, fand im Institut ein Sommerfest statt, für alle Mitarbeiter des Instituts. Ihr Chef, Dr. Ritter, bestand darauf, dass alle kamen. Das Fest sollte zum Kennenlernen dienen und zum besseren Verständnis untereinander beitragen.

      Julia hatte keine Lust, daran teilzunehmen, zumal auf der Einladung stand, dass sie in Begleitung kommen sollte. Sie hatte mit Dr. Ritter gesprochen, aber der hatte durchblicken lassen, dass er gerade von ihr erwartete, dass sie an dem Fest teilnahm.

      „Sie haben sich hier gut eingelebt und leisten sehr gute Arbeit“, sagte er, „bei Ihren Kollegen haben Sie sich Respekt erarbeitet. Setzen Sie das nicht alles aufs Spiel, indem Sie nicht kommen. Das hätte den Anschein, als wollten Sie mit Ihren Kollegen nur beruflich zu tun haben und nicht auch mal mit ihnen feiern. Verstehen Sie? Sie müssen ja nicht endlos bleiben, aber sehen lassen sollten Sie sich schon.“

      „Muss ich denn unbedingt in Begleitung kommen?“, wollte Julia wissen.

      „Natürlich ist das kein muss. Aber wenn Sie alleine kommen, dann schürt das nur die Gerüchteküche. Sie kennen doch inzwischen Ihre Kollegen. Überlegen Sie es sich.“

      Er schaute sie forschend an, dann lächelte er.

      Zu Hause sprach sie mit Verena darüber.

      „Am liebsten würde ich ja mit dir hingehen“, sagte Julia, „aber ich kann mir vorstellen, was dann los wäre. So gefestigt ist meine Position noch nicht.“

      „Ja, da hast du Recht. Ich kann sowieso nicht mit, ich muss meine Reportage fertigstellen und habe nur noch einen Tag Zeit dafür. Ich muss sie heute Abend fertigbekommen.“

      „Wen soll ich dann mitnehmen?“

      Sie überlegten hin und her, dann sagte Verena: „Ich könnte ja mal Harald fragen, ob er Zeit hat. Oder Marco.“

      Aber es stellte sich heraus, dass die beiden zu einer Geburtstagsfeier eingeladen waren und nicht mehr absagen konnten.

      Dann hatte Julia eine Idee.

      „Ich frage Max, ob er Zeit hat.“

      Max und Nadine waren seit einem knappen Jahr verheiratet und wohnten auf dem Land, auf einem ehemaligen Bauernhof, wo sich beide jeweils eine Praxis eingerichtet hatten.

      Nadine war im sechsten Monat schwanger und beide freuten sich schon auf den Nachwuchs.

      Sie wohnten nur eine knappe Viertelstunde von Julia und Verena entfernt.

      Julia wählte die Nummer ihres Bruders und hatte ihn gleich am Apparat.

      „Hallo Schwesterchen“, sagte er, nachdem sie sich gemeldet hatte, „schön, von dir zu hören. Was gibt es Neues?“

      Nachdem sie ein paar Informationen ausgetauscht hatten, kam Julia zum Kern der Sache und dem Grund ihres Anrufs.

      „Deshalb wollte ich fragen, ob du mich eventuell begleiten könntest“, sagte sie zum Schluss.

      Max besprach sich kurz mit seiner Frau, dann sagte er: „Das trifft sich gut. Nadine besucht heute Abend ihre Eltern und kommt erst spät zurück. Ich habe nichts vor, deshalb kann ich dich dorthin begleiten. Es interessiert mich, wo du arbeitest und wie deine Kollegen und dein Chef so sind.“

      Julia fiel ein Stein vom Herzen.

      „Danke, Max“, sagte sie erleichtert.

      „Wann fängt die Feier denn an?“, fragte er noch.

      „Um acht Uhr.“

      „Gut, dann hole ich dich um halb acht ab. Grüß Verena von uns.“

      Dann legte er auf.

      Pünktlich um halb acht klingelte es an der Wohnungstür. Verena öffnete.

      „Hallo Schwägerin“, grüßte Max und trat ein, „ist Julia fertig?“

      „Ja, gleich“, antwortete Verena und lotste ihn ins Wohnzimmer, „sie ist in zwei Minuten soweit.“

      Absätze klapperten auf der Treppe und kurz darauf betrat Julia das Zimmer. Sie trug ein Cocktailkleid, das ihre Figur sehr gut betonte. Ihre Haare fielen ihr in langen Wellen auf den Rücken.

      „Du siehst toll aus“, meinte Max anerkennend.

      Er selbst trug einen leichten Sommeranzug, der ihm gut stand.

      „Dann können wir ja los“, meinte er und bot Julia seinen Arm.

      Sie küsste Verena zum Abschied auf den Mund und sagte: „Bis später.“

      Max, ganz Gentleman, hielt ihr die Autotür auf. Julia stieg ein.

      „Das ist aber nicht dein Auto“, meinte sie dann und sah sich im Wagen um.

      Max lachte.

      „Nein. Ich kann ja nicht gut mit meinem alten Geländewagen zu deiner Feier kommen. Also habe ich mir von Frank sein Auto geborgt. Er braucht es heute nicht.“

      Frank Gabler war Jurist und wohnte mit seiner Frau nicht weit weg von Max und Nadine, ebenfalls auf einem ehemaligen Bauernhof. Die beiden hatten sich vor einigen Jahren bei einem Tennismatch kennengelernt und waren