Susanne Kilian

Brave Tochter, altes Kind


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zu dieser Beerdigung kommt.

      Warum hören sie denn jetzt nichts mehr?

      Ich kann mir inzwischen denken, warum meine Kusine nicht mehr anruft.

      Sie wird ganz genau wissen, dass meine Eltern sich diese Beerdigung nicht entgehen lassen werden, so alt sie auch sind und so beschwerlich die Reise auch sein mag.

      Und sie kann sich sicher auch vorstellen, dass Onkel und Tante sich gemütlich bei ihr einrichten wollen.

      Schlafen. Essen.

      Und in ihrer unausrottbaren Kommissar-XY-Manier jedes Detail zum plötzlichen Ableben ihrer Mutter aus ihr heraus fragen werden.

      Wenn niemand weiß, wann die Beerdigung ist, dann kann auch niemand kommen.

      So einfach ist das.

      In diesem Augenblick entschließe ich mich, meine Eltern auf dieser Reise zu begleiten.

      Nicht weil sie alt sind.

      Das würden sie schon alleine schaffen, mit Zug und Taxi und Abholen und Bringen.

      Nein, ich hege eine vage Hoffnung.

      Ein ganz zartes Pflänzchen.

      Möglicherweise könnte sich durch diesen gänzlich unerwarteten Tod meiner Tante irgendetwas ändern.

      Vielleicht kämen wir uns auf dieser Reise näher und könnten doch mal über das eine oder andere in aller Ruhe reden.

      Und gleichzeitig könnte ich meine Kusine ein wenig vor der Aufdringlichkeit meiner Eltern bewahren; die wird genug um die Ohren haben.

      Wild entschlossen rufe ich meine Eltern an und sage, dass ich sie auf dieser Reise begleiten werde.

      Mein Vater ächzt:

      „Hach. Das brauchst du doch nicht. Wir wissen ja immer noch nicht mehr. Ja. Hach, ja. Und die Sitzungen an den zwei Fastnachtssonntagen, hach, die muss ich nun auch gleich abbestellen. Und dieser Wind, dieser Wind, der wird ja immer schlimmer. Susel. Es bricht alles über mich herein. Dass das aber auch so plötzlich kommen muss … Hach. Wir haben schon viel zu lange geredet. Wenn Sabine jetzt anruft, ist ja besetzt! Die Leitung muss …"

      Hätte meine Tante mich vorher gefragt, dann hätte ich ihr gleich sagen können, dass sie jetzt drei Dinge ganz falsch gemacht hat:

      Ohne Vorwarnung plötzlich über Nacht zu sterben.

      Sich so ein miserables Wetter dafür auszusuchen.

      Nicht das Ende der Fastnachtszeit abgewartet zu haben.

      Sie haben jetzt endlich Sabine selbst angerufen, fünf Mal.

      Immer besetzt.

      Sie haben sich trotz allem schon nach Zügen erkundigt. Weil sie aber nicht wissen, wann die Beerdigung ist, konnten die auch nicht sagen, ob Sonntag oder werktags gefahren wird. Die Leute waren sehr unfreundlich.

      Er weint nicht.

      Er klingt nicht mal traurig.

      Gebetsmühlenartig wiederholt er immer wieder, dass er auf Nachricht von meiner Kusine wartet. Er regt sich furchtbar auf, weil niemand bei ihr ans Telefon geht. Er nimmt es ihr übel, weil jetzt Stunde um Stunde vergangen ist und er da sitzt und immer noch nicht über das Datum der Beerdigung informiert wurde.

      „Hach, diese Ungewissheit. Das ist doch die Höhe. Dieses Wetter, jetzt schneit es auch noch. Und das alles jetzt in der Fastnachtszeit. Ach. Alles bricht über mir zusammen. Ich werde kein Auge zu tun heute Nacht. Nein, wirklich. Das gehört sich doch nicht. Ganz und gar nicht gehört sich das. Wir müssen doch wissen, woran wir sind."

      Wie immer geht es nur um seine eigene Befindlichkeit.

      Um neunzehn Uhr ein kurzer, knapper Anruf meines Vaters.

      Übermorgen fahren wir.

      Morgen wird gepackt und er besorgt die Fahrkarten. Nein, ich kenne mich da nicht so aus. Er macht das schon.

      Diesen Samstag wird die Beerdigung sein.

      Das muss man sich mal vorstellen.

      Wenn er nicht endlich die Sabine erreicht hätte, die hätte gar nicht mehr Bescheid gesagt. Das ist doch wirklich nicht zu fassen.

      Das ist ein Affront!

      Nach dieser Nachricht muss ich unbedingt mit meiner Kusine reden und ich habe auch irgendwann Glück.

      Sie weint.

      Mein dunkler Verdacht bestätigt sich. Sie wollte überhaupt niemanden über die Beerdigung informieren. Die soll im allerkleinsten Kreis in aller Stille stattfinden. Du liebe Güte, wieso wollen denn meine Eltern kommen? Die haben es in den letzten Jahren zu ihrer lebenden Mutter nicht geschafft, was wollen sie jetzt bei der toten? Kommen die wirklich?

      Sie weint.

      „Verdammt noch mal, deine Eltern werden wie immer in der Wohnung meiner Mutter ins Gästezimmer wollen. Was soll ich denn da machen? Ich kann sie nicht ausladen. Du weißt doch, wie beleidigt die immer gleich sind. Aber das steh ich nicht durch. Mein Bruder ist doch da mit Frau und Tochter. Die nerven mich schon genug. Ich kann einfach nicht noch …"

      Sie weint.

      Hätte ich mich nicht schon vorher entschlossen, jetzt steht fest, dass ich meine Eltern begleite.

      Als Sabine sich einigermaßen beruhigt hat, einigen wir uns auf Folgendes:

      Sie wird gleich Hotelzimmer für uns bestellen, sowie sie etwas Luft hat.

      Ich werde versuchen, ihr meine Eltern - so gut ich kann - vor und nach der Beerdigung fernzuhalten.

      Weder sie noch ich sagen meinen Eltern, dass wir miteinander telefoniert haben.

      Selbstverständlich nehmen meine Eltern an, sie werden in ihrem angestammten Gästezimmer wohnen, eben dann zu dritt.

      Was für ein Horror.

      Als sie hört, ich würde mitkommen, sagt meine Mutter prompt:

      „Das ist sehr gut. Da kannst du ja der Sabine helfen. Betten beziehen. Die Wohnung ausräumen. Den ganzen Papierkram ordnen, der da so anfällt. Du kannst auch für uns alle kochen."

      Sie hocken gemütlich plaudernd in der Landschaft und ich ordne Papiere, schleppe Möbel, koche?

      Wir fahren zu einer Beerdigung.

      Und nur zur Beerdigung.

      Wie lange hättet ihr denn vor, euch da breit zu machen?

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