Ralph Scheible

Die Rote Baskenmütze


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der stadtbekannte Schreihals-Billy, der eigentlich gar nicht Billy heißt. »Hey Billy, siehst du da irgendwo Wasser? Du wirst auch immer blöder, gell« kontert Max. »Ha komm, bei dir weiß man nie. Hasch du en Ouzo dabei?« fragt er fast höflich. »Kein Paddelboot, kein Ouzo, sonst noch was?« fragt Max und möchte weiter. »Papperlapapp kein Ouzo, komm rück scho was raus. Hollerödidi. Hey ihr do drüba, der Spinner do isch a mol nach Afrika paddelt, aber echt« schreit er, wie so oft, die Passanten auf der anderen Straßenseite an. Manche zeigen ihm den Vogel, andere ziehen einfach weiter. Genauso macht es auch Max. »Sag a mol, gehsch du jetzt zum Johann? Dann komm i au vorbei« meckert er Max hinterher, der jetzt nur noch abwinkt. Endlich an der Drehscheibe angekommen, so nennt sich der Platz in Kühlacker mit den vielen Shopping-Läden wo es fast alles für einen einzigen Euro gibt, außer im italienischen Eiscafé natürlich und im Drogerie-Markt nebenan. Frühschoppen-Sven sitzt dort auch schon brav vor seinem dunklen Hefeweizen. Außenbestuhlt und ohne Sonnenschirm, er will ja schließlich urlaubsbraun werden, beobachtet er das Treiben der 1 Euro Shopper und vor allem deren Outfits und Bodydesigns, bis er Max ankommen sieht.

      »Hallo Max, du brauchst aber lange für die paar Meter per pedes«

      »Bin ich etwa auf der Flucht? Und ständig werde ich aufgehalten. Am längsten vom Schreihals Billy, der sucht wieder einen Ouzo-Sponsor. Der denkt wir sind beide beim Johann, womöglich kommt er gleich vorbeigejodelt.«

      »Oh je, oh je. Hoffentlich sieht der uns nicht, den kann ich jetzt gar nicht gebrauchen.«

      »Warum denn nicht, sonst hängst du auch ab und zu mit ihm ab?« fragt Max.

      »Pfff, der nervt zur Zeit, weil ich ihn noch nicht online gemacht habe.« ist Online-Sven genervt.

      »Was, dachte das ist schon seit einem halben Jahr erledigt? Der arme Schreihals, der will doch bei YouTube Broadcast Yourself berühmt werden mit seinem Können, und ganz groß rauskommen.« lacht Max.

      »Hä, der Heini will en Brotkaschte für sich selber?« lacht die junge schlanke und immer Beschwipste, die sich inzwischen neben Vorstadt-Sven breit gemacht hat.

      »Hallo erst mal« sagt Max und geht in die Eisdiele. »Ja genau, hallo Marina, wo kommst Du her um diese Uhrzeit?« fragt der heiratsunwillige Sven.

      »Sag a mol Sven, wann heirate mir zwei jetzedle?«

      »Jetzt schon gar nicht, du kannst mir aber sofort ein schönes, kühles Hefeweizen bestellen« »Ha komm, des isch doch a Eiscafé und koi Drinkhalle und außerdem han i koi Geld, un heirate wilsch me au net. Warum eigentlich net?« ist die immer Beschwipste mal wieder enttäuscht. »Ist doch ganz einfach, ich habe selbst so einen kolossalen Durst. Möchte ja nicht austrocknen« grinst Weizen-Sven. »Ha jo, weil i dir alles wegdrinka dät, oder?« erregt sich die blonde Marina mit hin und her wedelndem Pferdeschwanz.

      »So, da bin ich wieder, habe drinnen schon mal drei Hefeweizen bestellt« kommt Max wieder zurück.

      »Ja wie, ganz ohne Ouzo?« fragt Marina.

      »Wenn es oben bei Tratma, im türkischen Feinkost-Imbiss, griechischen Ouzo gibt, heißt es noch lange nicht, dass man beim Italiener automatisch auch griechischen Ouzo bekommt. Außerdem ist das keine Trinkhalle, wie du vorhin schon bemerkt hattest« erwidert Max.

      »Hey, jetzt schwätz net so gschwolle daher, Ouzo gibt’s überall, uf der ganze Welt« ist sich die immer Beschwipste sicher.

      »Da hat Max vollkommen recht. Wie du schon festgestellt hattest, ist das ein Eiscafé hier und diese Biere gibt es nur als Ausnahme für uns, jetzt genieße das Bier und gib endlich Ruhe« sagt Frühschoppen-Sven. »Guck da kommt Julian Fahrian aus dem Treve-Aufzug und der ist immer noch ohne Fahrrad unterwegs. Der kann wohl nicht mehr so richtig in die Pedale treten, bemerkt Max. »Oder er darf nach seinem letzten Unfall laut Gerichtsbeschluss nicht mehr fahren.« lästert Sven.

      »Des kann natürlich au sei. Der bricht sich doch dauernd d’Schulter beim Abschteigen.« lacht Marina jetzt schon gut beschwipst.

      »Vielleicht hat er auch die Befürchtung, dass sein wahrscheinlich schon festgewachsenes rotgelbes Käppi beim nächsten Unfall operativ entfernt werden wird.« lästert jetzt auch Max.

      »Danach könnte er gut dieses Shampoo Tuning for Men gebrauchen.« meint Sven.

      »Net des mit der Aminosäure?« fragt Marina total ernst.

      »Nein, aber die Haarfarbe mit den botanischen Ölen wäre vielleicht gut ihn, falls er überhaupt noch Haare hat« lacht Max, inzwischen auch schon mit einer halben Glatze durchs Leben gehend.

      »Hallo ihr!« sagt Maya, die auch gerne beschwipst ist, mit einem Notebook unterm Arm.

      »Gut das du da bist Sven, ich habe ein Problem. Was, hier gibt es Bier? Dann setze ich mich kurz zu euch.«

      »Du hast Probleme? Mit deinem elektrischen Notizbuch etwa?« scherzt Geeky-Sven.

      »Ja, dieses Mistding fährt nicht mehr hoch. Mach das mal wieder heile« sülzt sie daher.

      »Ok, 50 Euro in bar und sofort« meint Sven dazu. »Was? Du spinnst wohl?« ist Maya, die auch blond ist und den gleich langen Pferdeschwanz hat als die immer Beschwipste, empört.

      »Gut, dann lassen wir es ganz einfach. Da unten in der Bahnhofstraße ist ein Computerladen, dort reparieren die dir das ruck zuck für 10 Euro« ärgert sich Notebook-Sven. »Jetzt sei doch nicht so« sagt Max.

      »Ich habe meinen Einmal-Rasierer jetzt schon fünfmal benutzt, und überhaupt muss ich auch von etwas leben.« ärgert sich Sven jetzt noch mehr.

      »Dann geh doch arbeiten, dann hast Du Geld.« blubbert es aus Maya, die sich von ihrem Herrn Papa aushalten lässt, völlig gedankenlos heraus. Max schüttelt wortlos den Kopf. Die High Heels beschuhte Marina nimmt EDV-Sven mit den Worten »Der hat doch sei Compjuter Gschäftle, aber wenn niemand zahlt hat er halt au nix, gell« in Schutz. Maya, auf Stöckelschuhen auch nicht kleiner als ihre Freundin, lenkt schließlich ein »Also gut, 30 Euro, aber nur wenn danach alles wieder einwandfrei funktioniert.« »Weil du es bist, 30 Euro fürs gucken und 10 Euro fürs Reparieren. Lass das Ding da und komm in einer Stunde wieder vorbei.« sagt Sven in Geldnot.

      »Außerdem habe ich mich bei allen möglichen namhaften Firmen als Netzwerktechniker beworben und nur Absagen wegen meinem hohen Alter bekommen. Mit 44 Jahren taugt man halt zu nichts mehr.« regt sich Computer-Sven immer noch auf.

      »Gut, dann gehe ich jetzt zum Treve, jeden Tag ein bisschen besser und wenn ich zurück bin funktioniert mein Notebook wieder. Dann gibt es das Geld und noch ein Bier dazu.« meint Maya.

      »Wie hast du dich denn beworben, so richtig schriftlich und mit Bewerberfoto, oder ganz modern im Internet und neutral?« fragt Max.

      »Ja, des will i au wissen.« ist die immer Beschwipste neugierig.

      »Ha, da habe ich mir richtig Mühe gegeben. Ungefähr 500 Bewerbungen waren das und alle handschriftlich mit einem sauteuren Edel-Füllfederhalter. Soll ja schließlich was hermachen, gell.«

      »Und die Kosten für das Papier und die vielen Briefmarken wurden natürlich vom Arbeitsamt übernommen?« fragt Max.

      »Quatsch, mit denen mache ich doch nicht herum. Ich habe alle Schreiben per Flaschenpost verschickt.« lacht Sven.

      »Wie jetzt? Des will i ganz genau wissen.« ist Marina jetzt noch neugieriger geworden.

      »Ich habe mir aus einer Druckerei extra Elefantenhautverschnitt besorgt, das sieht klasse und auch stilvoll aus. Dann habe ich meine Anschreiben, zusammengrollt und in schöne Weinflaschen gesteckt, Korken drauf und los ging’s. Da sind sogar schon Absagen aus Holland und Schottland gekommen.«

      »Ja, und du hast dann mal schnell 500 Flaschen Wein getrunken wegen den Korken und so? Hoffentlich waren da auch edle Tropfen dabei.« ist Max ganz begeistert.

      »Und i war wieder net einglade, des gibt’s doch gar net.« entrüstet sich die immer Beschwipste.

      »Ja klar war ich nur noch am Saufen. Blödsinn,