George Curtisius

Das FBI gegen die Macht des Gebets III


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bestimmt, wie lange unser Leben auf der Erde währt.

      Als der Arzt anfing, mich wieder ins Leben zurückzuholen, kam in dieser Phase plötzlich ein Engel zu mir. Er sagte mir, ich hätte hoffentlich verstanden, dass der Dschihad, wie er im Koran gelehrt wird, ein spiritueller Kampf sei, mit dem man sich selbst besiegen solle und keinen anderen.

      Der Dschihad bedeute, dass jeder Muslim seine niederen Triebe und Neigungen besiegen solle. Er solle jegliche Feindseligkeit gegen seinen Nächsten sowie Hass und Neid, Missgunst, Lieblosigkeit, Rechthaberei und Ungeduld überwinden. Er solle ein rechtschaffenes Leben gemäß den Lehren Allahs leben.

      Wenn ein Muslim sich an einem Mitmenschen versündigt habe, solle er voll tiefer Reue nicht nur Allah um Vergebung bitten. Zuvor solle er auch seinen Mitmenschen um Vergebung bitten, denn ohne Vergebung durch den Mitmenschen wird Allah ihm auch nicht vergeben. Das ist das Gesetz für Muslime und auch für alle anderen Menschen. Denn Allah ist der Gott aller Menschen. Es gibt nur einen Gott und keinen Gott nur für Christen und keinen Gott nur für Muslime.

      Der Engel verschwand und es wurde plötzlich wieder dunkel um mich herum. Als ich aufwachte, stand der befreundete Arzt neben mir und beglückwünschte mich zum neuen Leben. Ich war danach unendlich müde und fiel in einen langen Schlaf. Als ich wieder aufwachte und mich bei Kräften fühlte, entschied ich mich, meine außerkörperlichen Erfahrungen der islamischen Welt mitzuteilen.

      Viele meiner Brüder, die an die Lehren von Hassan al-Banna glauben, so wie ich an sie geglaubt hatte, werden meiner Erfahrung nicht glauben. Wenn Sie das gleiche Risiko eingehen wollen, das ich mit meinem Leben einging, sollten sie das gleiche Experiment machen, das ich gemacht habe. Ein Besuch im Jenseits wird sie genauso überzeugen, wie er mich überzeugt hat.

      Von mir werden künftig keine terroristischen Anschläge mehr ausgehen. Man wird in der Welt von mir nichts mehr hören, da ich als einfacher Muslim unter Muslimen leben werde.

      Ich bereue zutiefst, mich an anderen Menschen versündigt zu haben, indem ich ihnen Unrecht, Leid und Schmerz zugefügt und ihnen das Leben genommen habe. Ich bitte alle Menschen und Seelen und Allah um Vergebung für meine Missetaten. Auf diesem Wege grüße ich auch meine Schwester Yasina in Sanaa und bitte sie und meine verstorbenen Eltern um Vergebung. Ich habe unsere Familie durch mein gegen die Lehren Allahs gerichtetes Verhalten in Verruf gebracht.

      Als einer der geringsten Diener Allahs werde von nun an mein Leben dem wahren Dienst an Allah widmen. Ich werde für das Wohl und für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen arbeiten und nicht mehr gegen sie. Allah ist groß. Der Frieden und die Liebe Allahs seien mit Euch und Mohammed ist unser Prophet.“

      Raquis stoppte die Videoaufnahme. Er suchte nun einen Hotspot für den Internetzugang und fand einen in seiner Nähe. Er wählte seine Internetadresse in Pakistan an, mit der er üblicherweise seine Drohbotschaften für die westliche Welt ins Internet stellte. Er lud die Video-Datei hoch und wartete, bis sie auf dem Server angekommen war. Dann startete er seine Video-Botschaft. Er sah noch zwei Minuten zu, wie seine Botschaft gesendet wurde.

      Anschließend öffnete er eine neue Datei im Videoformat. Jetzt sprach er den schon gesendeten arabischen Text in englischer Sprache ins Mikrofon. Als das Video fertig war, loggte er sich in seinen Account bei YouTube ein. Er lud sein Video hoch und war sich nun sicher, dass seine Botschaft möglichst viele Muslime erreichen würde.

      Dann schaltete er seinen iPad aus. Auf den Schreibblock, der auf dem Schreibtisch von Dr. Abdallah lag, schrieb er folgende Worte:

      „Mansur, ich danke Dir für die Gastfreundschaft und danke Dir und Deinem Sohn noch einmal für die Hilfe, die Du mir erwiesen hast. Dank Eurer Hilfe konnte ich meine Reise ins Jenseits machen. Sie vermittelte mir die für mich wertvollsten Erfahrungen meines Lebens. Ich weiß, dass Du mich töten würdest und gemäß Deiner Vorstellungswelt auch müsstest, wenn ich Dir meine Erfahrungen erzählt hätte.

      Diese Absicht verzeihe ich Dir. Auch Allah möge Dir vergeben, so wie ich Dir vergeben habe. Mein Rat ist: ‚Kehre um!’ Du und alle anderen Anhänger der Lehren von Hassan al-Banna, Ihr seid alle auf dem falschen Weg. Ihr werdet im Jenseits dafür schrecklich leiden müssen. Lebe wohl Mansur! Es grüßt Dich Dein Bruder Umar bin Raquis.“

      Er legte wieder seinen künstlichen Bart und die Perücke an. Er packte seine Sachen zusammen und verließ die Klinik durch ein Fenster zum Hof, das er öffnete. Durch einen Nebeneingang des Hofs verschwand er und wurde nicht wieder gesehen.

      Als später Dr. Abdallah und sein Sohn vom Freitagabendgebet in die Klinik zurückgekommen waren, um Raquis zu töten, begaben sie sich in das Behandlungszimmer von Dr. Abdallah. Sie hofften, dort den schlafenden Raquis vorzufinden. Raquis war jedoch verschwunden. Von ihm wurden auch keine von den Sachen gefunden, die er bei seiner Ankunft mit sich geführt hatte. Sie blickten kurz in die wenigen Krankenzimmer, nickten den noch wachen Patienten kurz zu, aber fanden keine Spur von Raquis.

      Aufgrund des Verschwindens von Raquis waren sie einerseits erleichtert, dass sie die sie bedrückende Tatabsicht, ihn zu töten, nicht ausführen mussten. Andererseits waren sie zutiefst enttäuscht, dass sie nun nicht wussten, was Raquis im Jenseits erlebt hatte. Dann fanden sie die Notizen, die Raquis für sie auf dem Schreibblock hinterlassen hatte. Sie erkannten, dass er offenbar keine guten Erfahrungen aus dem Jenseits mitgebracht hatte. Das verunsicherte sie.

      Am nächsten Morgen erhielten Sie einen Telefonanruf vom Imam Abdel al-Yussuf, dass sie sich im Internet über das Neueste informieren sollten. Bei ihrer Recherche fanden Sie die Botschaft von Raquis in arabischer Sprache. Sie waren sehr enttäuscht, dass die Lehren von Hassan al-Banna, an die sie ihr Leben lang geglaubt hatten, nicht der Wahrheit entsprechen würden.

      Es gab danach lange Diskussionen zwischen Vater und Sohn. Am Ende konnte der Sohn seinen Vater überzeugen, dass die Lehre von Hassan al-Banna falsch ist. Sie kamen zu der Überzeugung, dass der Imam Recht hat mit seiner der Mehrheit aller Religionsgelehrten entsprechenden Interpretation des Korans. Der Dschihad ist tatsächlich als spiritueller Kampf zu verstehen, bei dem der einzelne Muslim seine niederen Neigungen besiegen solle, die ihn von Allah trennen.

      Das FBI untersucht das christliche Kreuz aus Lordsplace

      Bob Woller vom Team der Behavioral Analysis Unit (BAU) hatte das in Lordsplace beschlagnahmte christliche Kreuz in das technische Zentrum des FBI gebracht. Hier war der Ingenieur Victor Molder zuständig für Geräte der Telekommunikation. Obwohl es ein Sonnabend war, hatten die noch arbeitsfähigen Mitarbeiter des FBI Dienst zu leisten. Gegen die Krise aufgrund des Sündensyndroms konnte man nicht mit freien Wochenenden ankämpfen.

      Molder hatte sich vor drei Tagen krankgemeldet. Direktor Siller hatte jedoch von ihm verlangt, dass er möglichst schnell für einige Stunden in sein Labor käme, um sich ein Sendegerät anzuschauen und es zu überprüfen. Doch das stieß auf die üblichen Schwierigkeiten. Wo Molder wohnte, fuhren keine Busse und keine Bahnen. Sein Auto hatte zu wenig Benzin, um ins Labor zu fahren. Seine nächstgelegene Tankstelle hatte kein Benzin mehr und war vorübergehend geschlossen.

      Siller hatte einen noch arbeitsfähigen Agenten schicken müssen, um Molder von seinem Haus abzuholen. Inzwischen kümmerte sich eine kleine Gruppe von Agenten darum, die noch arbeitsfähigen Mitarbeiter des FBI mit Benzin für ihre Autos zu versorgen.

      Ingenieur Molder war zunächst überrascht, dass er ein Holzkreuz untersuchen sollte. Er fand das lächerlich und betrachtete es als eine Missachtung seiner Tätigkeit. Die vom Kreuz ausgehende sanfte Strahlung erregte jedoch seine Aufmerksamkeit. Auch er wurde davon angenehm berührt. Er hatte das Gefühl, dass sich Harmonie in seinem Körper ausbreitet. Seine Schmerzen wurden geringer. Er konnte plötzlich wieder klarer denken.

      Bob Woller zeigte Molder die Fuge im Kreuz und wies auf den Bergkristall am Kopf des Kreuzes hin. Er sagte Molder, dass dieses Kreuz die Aufgabe habe, Gebete zu verstärken. Es könnte sich deshalb hier um einen Verstärker oder sogar um einen Sender handeln. Molder fragte, ob Woller Grund für die Annahme habe, dass das Kreuz diese Wirkung ausübe. Woller erklärte, dass er im Moment davon ausgehen müsse, dass mit dem Kreuz Gebete verstärkt und in die Atmosphäre