Eckhard Seipelt

Appalachian Trail


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gewöhnliche US-Amerikaner reist lieber mit dem Auto an und begnügt sich dann in der Regel damit, die Natur vom Campingstuhl aus zu genießen. Scheinbar sind wir die ersten Fernwanderer, die heute den Campingplatz erreicht haben.

      Es ist obligatorisch, sich beim Betreten des Nationalparks registrieren zu lassen. Hierfür gibt es an den fünf Eingängen zum Park eigens dafür vorgesehene Wärterhäuschen. Da diese nach Einbruch der Dunkelheit nicht besetzt sind, ist es Wanderern erlaubt, sich selbst zu registrieren. Dafür liegen Anmeldebücher an geschützter Stelle bei den Wärterhäuschen aus. Aber heute Nacht im Sturm hatten wir nach unserer Ankunft andere Sorgen, als uns um die Registrierung zu kümmern. Wir fragen daher den Campingplatzbetreiber, ob es schlimm sei, dass wir uns nicht registriert haben. Dieser weiß, dass sich zufällig eine Rangerin in der Nähe seines Campingplatzes aufhält, und er schafft es sogar, telefonisch Kontakt zu ihr aufzunehmen. Zwar ziehen am Horizont bedrohliche, dunkle Wolken auf, aber wir werden gebeten, noch so lange zu warten, bis die Rangerin eintrifft. Nach zehn Minuten taucht sie in der Tat auf.

      Es ist eine sehr sympathische, freundliche Frau. Sie heißt uns im Shenandoah Nationalpark willkommen und nimmt die Registrierung für uns vor. Außerdem warnt sie uns vor dem herannahenden Unwetter. Es soll wohl nicht ganz so heftig werden wie gestern, aber wir sollten nach Möglichkeit in Sicherheit sein, sobald es über den Park hereinbricht. Wir erklären, dass wir nur noch 0,8 Meilen bis zur nächsten Schutzhütte wandern wollen. Die Rangerin nickt, das ist in Ordnung. Der Campingplatzbetreiber bietet uns an, zu ihm zurückzukommen, falls es irgendwelche Probleme an der Schutzhütte geben sollte. Auf dem Campingplatz ist ein großes, massives Haus, in dem die Gäste schon in der letzten Nacht Zuflucht suchen konnten. Des Weiteren rät uns die Rangerin auf jeden Fall in der Schutzhütte, und nicht im Freien, zu schlafen. Neben den Schutz-hütten gibt es in der Regel auch Stellplätze für Zelte, aber diese werden in der kommenden Nacht keineswegs sicher genug sein.

      Wir verabschieden uns herzlich und wandern weiter. Mareike wäre zu gerne auf dem Campingplatz geblieben. Die Verlockung einer Dusche nach dem schweißtreibenden Tag ist für sie sehr groß. Letztendlich gibt sie aber dem „kollektiven Druck“ ihrer drei männlichen Begleiter nach. Das Unwetter kommt schnell näher. Wir erhöhen unsere Schrittzahl, die Natur hat uns letzte Nacht gelehrt, ihr großen Respekt entgegenzubringen.

      Wir begegnen zwei Wanderern. Sie berichten, dass sie wenige Meter weiter einen Bären gesichtet hätten. Wir verweilen vorsorglich ein paar Sekunden, entschließen uns dann aber, unseren Weg unverzüglich fortzusetzen. Das Gewitter im Rücken fürchten wir mehr als unsere erste Begegnung mit einem Bären. Es war uns von vornherein klar, dass diese Begegnung ohnehin so gut wie unumgänglich sein wird. Der Shenandoah Nationalpark weist eine extrem dichte Population von Schwarzbären auf. Im Moment sind wir jedoch der Meinung, dass wir fürs Erste Abenteuer genug hatten. Unser erster Bär kann gerne noch ein paar Tage auf uns warten. Laut klatschend ziehen wir weiter. Dies ist das gängige Mittel, um den Tieren seine Anwesenheit mitzuteilen. Die Schwarz- bären sind im Grunde genommen sehr gutmütige Zeitgenossen. Man sollte aber nach Möglichkeit vermeiden, sie an einer Wegbiegung unversehens zu überraschen und sie womöglich zu er-schrecken. Unser Klatschkonzert hat Erfolg, einen Bären bekommen wir heute noch nicht zu Gesicht. Er ist uns ausgewichen.

      Am späten Nachmittag erreichen wir die Bearfence Mountain Hut. In der Hütte befinden sich zwei Ebenen aus Holz, auf denen man sich sein Nachtlager einrichten kann. Wir legen unsere selbst-aufblasbaren Schlafmatten aus und legen unsere Schlafsäcke darüber. Mareike gefällt der Gedanke überhaupt nicht, quasi im Freien zu schlafen, zumal offensichtlich auch ein paar Mäuse das gleiche „Hotel“ gebucht haben. Mareike hat eine Mäusephobie. Und die Mücken wetzen sich auch schon voller Vorfreude ihre Stachel.......

      Eigentlich wollten Mareike und Mathias nach Möglichkeit immer im Zelt schlafen. Für diese Nacht müssen sie ihr Vorhaben ändern, die Rangerin hatte ausdrücklich von einer Übernachtung im Zelt abgeraten.

      Neben der Hütte steht ein Schild mit dem Hinweis, dass am Shelter regelmäßig Bären auftauchen. Wir verstauen unsere Lebensmittel daher in der dort bereit stehenden Bear Box.

Bild 104897 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.

      Dies ist eine große Kiste, die man sicher verschließen kann, sodass die Bären sich nicht selbst zum Abendessen einladen können.

      Mareike betont zwar immer wieder, dass sie unmöglich im Shelter schlafen kann, aber Mathias überredet sie letztendlich doch noch zu diesem Schlafvergnügen der besonderen Art.

Bild 104778 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.

      Der Himmel verdunkelt sich zusehends und taucht die Schutzhütte in ein unwirkliches, gespens-tisches Licht. Wir erwarten, dass der „Weltuntergang“ jede Sekunde über uns hereinbricht. Es donnert und blitzt in der Ferne, sodass uns Stadtmenschen schon ein wenig bange wird. Aber es ist immer noch trocken. Irgendwann schlafe ich ein. Nach einem anstrengenden Tag funktioniert das selbst bei derartigen Rahmenbedingungen ausgezeichnet. Nachts wache ich immer wieder auf. Die Mäuse veranstalten ein Wettrennen nach dem anderen kreuz und quer durch die Schutzhütte. Einmal nimmt eine Maus die Abkürzung über meinen Bauch. Ich vermute, dass sie später dafür disqualifiziert worden ist.

       Auszug aus dem Buch „Gespräche mit Gott“, Band 1 Seite 17 und 18, von Neale Donald Walsch,

      Das Buch wurde noch vor der Rechtschreibreform herausgegeben. Ich habe die zitierten Passagen der Einfachheit halber unverändert (nach den vormaligen Rechtschreibregeln) übernommen.

      Im Februar 1992 – so um Ostern herum, wie ich mich entsinne – ereignete sich in meinem Leben ein außergewöhnliches Phänomen. Gott begann mit IHNEN zu sprechen – und zwar durch meine Person.

      Lassen Sie mich das erklären:

      Ich war zu dieser Zeit in persönlicher, beruflicher und emotionaler Hinsicht sehr unglücklich, und mein Leben nahm sich wie ein Fehlschlag auf allen Ebenen aus. Seit Jahren hatte ich die Angewohnheit, meine Gedanken in Form von Briefen zu Papier zu bringen (die ich dann gewöhnlich nicht abschickte), und so griff ich wieder einmal zu meinem altvertrauten Notizblock und fing an, mein Herz auszuschütten. Diesmal gedachte ich jedoch nicht einen Brief an irgendeine Person zu schreiben, die mich, wie ich mir einbildete, drangsalierte, sondern mich geradewegs an die Quelle, unmittelbar an den größten Schikanierer zu wenden. Ich beschloß, einen Brief an Gott zu schreiben.

      Es war ein gehässiger, leidenschaftlicher Brief – voll von Ungereimtheiten, Verzerrungen und Verdammungen. Und mit einer Menge zorniger Fragen.

      Warum funktionierte mein Leben nicht? Was war nötig, damit es endlich funktionierte? Warum konnte ich in meinen Beziehungen nicht glücklich werden? Sollte ich mein Leben lang niemals die Erfahrung machen, über ausreichend Geld zu verfügen? Und schließlich – und sehr nachdrücklich: Was hatte ich getan, daß ich in meinem Leben ständig derart zu kämpfen hatte?

      Als ich die letzte meiner bitteren, unbeantwortbaren Fragen hingekritzelt hatte und den Stift schon beiseite legen wollte, verharrte die Hand zu meiner Überraschung weiterhin in schwebender Haltung über dem Papier – so als wurde sie von einer unsichtbaren Kraft festgehalten. Plötzlich bewegte sich der Stift ganz von selbst. Ich hatte keine Ahnung, was ich schreiben würde, doch schien ein Gedanke in mir aufzukommen und ich beschloß, der Sache ihren Lauf zu lassen. Heraus kam …

      WILLST DU WIRKLICH EINE ANTWORT auf all diese Fragen oder nur Dampf ablassen?

      Kapitel 5 : Öko taucht auf

      1.7.2012

      Am nächsten Morgen wachen wir etwas mitgenommen auf. An den mitternächtlichen Spuk der Mäuse müssen wir uns erst einmal gewöhnen. Mareike ist etwas verärgert. Es sind nachts nur ein paar leichte Schauer über der Hütte niedergegangen. Sie hätte eigentlich doch im Zelt schlafen können. Aber