null H.Loof

Kleine Ewigkeit


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mir verbieten ihn wiederzusehen?“, fragte Amber unsicher.

      „Nein so schlimm ist es glaube ich nicht. Es ist nur, bei dem Gespräch heute Morgen mit ihm hat Kerwin so etwas fallen lassen wie unausgereifter Idiot. Kurzum er scheint nicht viel von ihm zu halten.“

      Amber machte die Aussage wütend. Wie konnte Kerwin sich so eine Meinung bilden. Nur weil er mit dem Verletzten recht hatte? Gideon war eben nicht so herzlos wie er.

      „Und Du, was hältst Du von ihm“, fragte Amber weiter.

      „Ich kenne ihn zu wenig, um mir eine Meinung zu bilden“, antwortete Berta: „aber das ist auch völlig egal. Entscheidend ist doch was Du denkst!“

      Mit diesen Worten ließ Berta sie allein und wandte sich den gerade neu eingetroffenen Gästen zu. An diesem Tag hat Amber noch lange über alles nachgedacht, ohne aber ihre Gefühle ordnen zu können.

      In den darauffolgenden Wochen kümmerte Amber sich intensiv um ihr Training. In dieser Zeit traf sie sich noch häufiger mit Gideon, der für sie zu einem echten Freund wurde. Mit ihm konnte sie über alles sprechen, denn er hatte für all ihre kleinen Sorgen immer Verständnis. Die Waldstadt wurde langsam zu ihrem neuen Zuhause, in dem sie inzwischen fast alle Einwohner kannte. Amber dachte immer seltener an ihr kleines Dorf und ihren Vater zurück und hatte inzwischen auch kaum noch Heimweh.

      Eines sonnigen Tages, als Amber und Kerwin von ihrem täglichen Training zurückkehrten, merkte sie sofort, dass irgendetwas Besonderes passiert war. Die Menschen benahmen sich nicht wie sonst, sondern standen häufig zu mehreren zusammen und unterhielten sich. Amber hätte am liebsten jemanden gefragt, was denn los sei, aber Kerwin schien es ziemlich eilig zu haben. Daher folgte Amber Kerwin, der geradewegs zu Bertas Schänke lief.

      Dort angekommen, wollte er direkt zu Berta nach unten gehen, blieb dann aber oben an der Reling stehen, als er die Fremden bei Berta entdeckte. Amber schien es, als ob Kerwin die Leute kannte und nicht gerade erfreut war, sie hier zu sehen. Sie stellte sich neben Kerwin an die Reling, um besser nach unten schauen zu können. Es waren 4 Personen zu sehen, die bei Berta standen und sich mit Ihr unterhielten. Berta war wie immer auffallend gekleidet. Heute hatte sie einen feuerrotes Kleid an, das mit beißend grünen Streifen durchzogen war. Es sah einfach lächerlich aus, aber Amber hatte in den paar Wochen, die sie hier schon verweilte, noch nie erlebt, dass Berta nicht lächerlich aussah. Trotzdem mochte Amber sie wirklich gerne. Sie sah in ihr so etwas wie eine Ersatzmutter, zumindest stellte sich Amber immer vor, ihre Mutter wäre auch so fürsorglich gewesen, hätte Amber sie jemals erlebt. Die anderen Personen waren allerdings fast ebenso auffällig gekleidet. Sie hatten Kleidung an, die aussah, als ob sie aus hunderten kleinen einzelnen Stofffetzen zusammengenäht waren und jeder Stofffetzen hatte scheinbar eine andere Farbe.

      „Was sind das für Leute?“, fragte sie Kerwin.

      „Das sind Gaukler und Spielmänner“, antwortete er und als Amber ihn fragend ansah, fuhr er fort: „Ich frage mich nur, warum sie gerade in dieses abgelegenes Nest kommen?“

      Langsam gingen die beiden nach unten. Nachdem sie die Gruppe erreicht hatten, war zu erkennen, dass sich drei Männer und eine Frau mit Berta unterhielten. Als die beiden Neuankömmlinge bemerkt wurden, verstummte das Gespräch abrupt und alle wandten sich ihnen zu. Amber hatte eine gute Gelegenheit sich die Personen genauer anzusehen. Links stand ein sehr großer und massiger Mann mit dunklen kurzen Haaren, Amber schätzte ihn auf mindestens 42cm. Er war wie die ganze Gruppe in diesen Flickenteppich gekleidet. Rechts neben ihm stand eine Frau die im Vergleich richtig klein aussah. Sie hatte ein ebenmäßiges Gesicht, lange schwarze Haare und große dunkle Augen. Am auffälligsten war aber der Mann direkt neben Berta. Er war von durchschnittlicher Größe, hatte aber seinen Kopf völlig kahl rasiert und vom linken Auge führte eine Narbe bis zu seinem Mund. Dieser wurde so verzogen, dass der Eindruck entstand, als ob er permanent schief grinsen würde. Im Gegensatz zu den anderen drei, wirkte der vierte Fremde richtig unscheinbar. Amber hätte ihn glatt übersehen können, wenn nicht dieser verächtliche, stechende Blick auf Kerwin geruht hätte.

      „Kerwin, Du hier“, presste er hervor. „Der Irre ist also wieder aus seinem Rattennest hervorgekrochen. Keine Angst hier ganz alleine? Aber ich sehe ja, Du hast eine Beschützerin dabei!“, dabei blickte er abschätzend auf Amber.

      „Wir können ja mal ausprobieren, wer den größeren Mut hat Farald“, antwortete Kerwin leise.

      Amber bemerkte, dass Kerwin bei diesen Worten seine rechte Hand an den Schwertgriff legte und seine Körperhaltung sich leicht veränderte. Ein Blick zu Farald zeigte ihr, dass er es wohl auch bemerkt hatte, denn er macht unwillkürlich einen Schritt zurück und sein Gesicht verlor an Farbe.

      In diesem Moment schob sich der massige Körper von Berta zwischen die beiden Männer: „Ich dulde keinen Streit in meinem Haus! Hier drin benehmt ihr Euch gefälligst oder ich schmeiße Euch alle raus!“

      Es war bei allen Beteiligten Erleichterung zu spüren, die Spannung die kurz vorher noch in der Luft lag verblasste.

      „Wir gehen jetzt alle zur Bar und ich spendiere eine Runde auf Kosten des Hauses und Ihr vertragt Euch wieder.“, mit diesen Worten machte sich Berta auf den Weg.

      Amber wollte Berta schon folgen, als sie bemerkte dass Kerwin stehenblieb.

      Sie blickte ihn unschlüssig an.

      „Willst Du nicht mitkommen?“

      „Nein“, kam die knappe Antwort.

      Dann setzte er sich in Richtung eines Tisches in der Ecke in Bewegung. Widerwillig folgte Amber ihm. Kerwin setzte sich so hin, dass er den Raum gut überblicken konnte. Schweigend saßen sie beisammen, wobei Kerwin die Gaukler nicht aus den Augen ließ.

      Nach einer geraumen Weile betrat eine hochgewachsene Frau mit langen blonden Haaren die Schenke. Sie gehörte offensichtlich zu der kleinen Gruppe, denn sie hatte die gleiche seltsame Kleidung an und gesellte sich zu dem Rest. Es schien so, als ob sie sich über Kerwin und Amber unterhielten. Jedenfalls warfen sie häufig Blicke in ihre Richtung. Plötzlich nahm sich die neuangekommene Frau einen Krug und mehrere Becher, dann schlenderte sie zu ihnen herüber.

      „Kerwin, schon lange nicht mehr gesehen.“, mit diesen Worten setzte sie sich einfach zu ihnen, stellte die Becher auf den Tisch und goss erst mal den Wein ein.

      „Auf unser Widersehen!“, prostete sie Kerwin zu. „Und auf neue Bekanntschaften“, fügte sie mit einem Blick auf Amber hinzu.

      Nachdem alle den ersten Becher geleert hatten, fragte Kerwin: „Gwen, Du bist also immer noch mit der Truppe unterwegs, wie kannst Du es bei denen nur aushalten?“

      „Ach, sie hassen ja schließlich Dich nicht mich.“, erwiderte Gwen gutgelaunt.

      „Wenn ich es mir recht überlege, hasst Dich nur Farald. Der Rest mag Dich nur nicht. Und er hat schließlich einen guten Grund dafür, wie Du weißt.“

      „Ich habe getan, was in meiner Macht stand.“, antwortete Kerwin.

      „Wenn einer was hätte ändern können, dann Du. Die anderen sind keine Kämpfer, so wie Du einer bist und schließlich hast Du sie auch angeschleppt“, dabei schaute Gwen ihn durchdringend an.

      „Ich war wohl etwas verblendet und wusste nicht was sie war. Und nein, ich konnte nichts mehr ändern. Das einzige was ich tun konnte, habe ich auch getan.“

      „Ich weiß was Du getan hast.“, antwortete Gwen.

      „Vielleicht hast Du ja Recht, vielleicht hättest Du ihn nicht retten können, aber Du hast es nicht einmal versucht!“

      Amber, die die Unterhaltung zwangsläufig mit anhören musste, spürte wie stark Kerwin durch die Worte getroffen wurde. Man konnte ihm zwar nicht direkt etwas ansehen, aber sie war sich trotzdem sicher. Als Kerwin zu dem Weinbecher griff, meinte sie sogar ein leichtes Zittern der linken Hand zu bemerken.

      „Kerwin, Du hast mir noch nicht Deine süße Begleiterin vorgestellt.“, wechselte Gwen abrupt das unangenehme Thema und schaute Amber an.

      „Hallo