Petra Hartmann

Ein Prinz für Movenna


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alten Totengötter. Ihm fröstelte. Mit den Fingerspitzen an den glitschigen Steinwänden entlangfahrend, erreichte er den Fuß der Treppe. Endlich fanden seine Finger, wonach er suchte. In einer Wandnische ertastete er Zunderschwämmchen und Feuerstein, daneben einige Pechfackeln. Wulfric betete zu allen Schutzgöttern des Feuers und Eisens, dass der klamme Schwamm trocken genug war. Wütend schlug er die Steine aneinander. Funken, wieder Funken, da endlich hatte der Schwamm Feuer gefangen. Wulfric entzündete die Fackel, und warmes, goldenes Licht strömte durch den Raum.

      Die Höhlenwände waren schwarz vom Fackelrauch der Jahrhunderte, der Boden glattgeschliffen von den Schritten Tausender Sargträger. Wulfric hatte Mühe, auf dem blanken Stein nicht auszugleiten. Doch als er seine eigenen Schritte durch den weiten Raum hallen hörte, gewann er rasch an Sicherheit und trat entschlossener auf. Seine Ahnen waren mindestens so ehrwürdig wie die Geister der alten Schmiede, die hier wohnten.

      Wulfric durchmaß den Vorraum und trat in den dunklen Gang, der zur Halle der Schmiede führte. Der Rauch der Fackel wurde beißend und drang ihm in die Lunge. Hustend erreichte der junge Mann das Ende des niedrigen Tunnels. Vor ihm traten die Höhlenwände auseinander. Wulfric atmete tief ein. Im rötlichen Halbdunkel lag die Geisterschmiede vor ihm.

      Drei Mannslängen hoch zogen sich rechterhand die Regale bis weit in den Raum hinein, dorthin, wo sich der Fackelschein verlor. Sorgsam aufgestapelte verwitterte Totenschädel blickten ihm aus schwarzen Augenlöchern entgegen. In einem der Augen sah Wulfric für Sekundenbruchteile ein Licht aufblinken und hob die Hand grüßend an seine Stirn. Es mochte, dem Brauch Iras folgend, eine Münze in dem Schädel liegen als letzte Gabe an den Verstorbenen.

      Mächtige Sarkophage standen aufgereiht in der linken Hälfte des Raumes. Auf vielen war als Wappen eine Wolfsmaulzange eingelassen, die von zwei Vorschlaghämmern gekreuzt wurde, das alte Zeichen der Ambossmeister aus Ira. In der Mitte des Raumes aber stand auf einem Holzblock der riesenhafte Amboss der Schmiedeahnen und daneben die Esse.

      „Surbolds Sohn grüßt die Ahnen der Schmiede“, sprach er und nickte noch einmal in die Runde der Sarkophage und Schädel. „Möge euren Geistern Frieden beschert und eure Ruhe unangetastet bleiben.“ Mit diesen Worten trat er an die Esse, schaufelte ein wenig Kohle aus dem daneben stehenden Kohleeimer hinein und entzündete das Feuer. Ein leichter Luftzug verriet ihm, dass der gemauerte Kamin noch immer einwandfrei arbeitete. Er griff zum Blasebalg und ließ die Flammen hell aufflackern, legte dann das Eisen hinein. Noch nie hatte er mit solcher Hingabe Luft in die Kohlen gepumpt, wie in dieser Nacht.

      Endlich glühte das Eisen weiß auf, und blitzschnell war Wulfric bereits am Amboss. Die Spitze war rasch gefertigt. Mit der flachen Seite des Vorschlaghammers hieb Wulfric an der rechten Kante des Eisens entlang, hundert, tausend Hammerschläge, dicht bei dicht, fielen im schnellen Takt auf den Amboss. Wulfric schlug eine saubere Mittellinie, wendete dann das Eisen, und erneut fielen hageldichte Hiebe mit der Präzision, die er bei Meister Marten gelernt hatte.

      Wulfric holte tief Atem. Bei der Arbeit war er gewaltig ins Schwitzen gekommen. Mit dem rußigen Handrücken fuhr er sich über die feuchte Stirn. Doch es war ihm egal, dass sein Gesicht mit Kohle verschmiert war. Stolz hielt er sein Werk in die Höhe und sah zu, wie das rötliche Licht sich auf der rußigen Oberfläche brach. „Du sollst Dellingr heißen“, sprach Wulfric feierlich. „Und so lange Movennas bester Krieger dich führt, soll das Heer unbesiegt bleiben.“

      Wulfric stutzte. Ein Geräusch, ein leises Knirschen drang an sein Ohr. Das kam von links, dort von den Sarkophagen her. Da, einer der Steindeckel schob sich zur Seite. Eine Hand wurde sichtbar, ein weißer Schimmer wie von einem Leichenhemd. Ein hohles Stöhnen drang aus dem Dunkel, dann erhob sich eine Gestalt aus dem Schatten und reckte drohend die Hand in Wulfrics Richtung.

      „Wä daut is, dä shall ok liggen blieven“, rief Wulfric aus und verfiel in den alten, heimatlichen Dialekt der Westküste. In einer fließenden Bewegung riss er das Schwert in die Höhe und stieß es dem Geist in die Brust. Blut schoss hervor, das Gespenst taumelte, stürzte zurück in den Sarkophag. Wulfric starrte verblüfft auf die Klinge. Dass Gespenster Blut verloren, hatte er nicht gewusst. Er wischte das Schwert an seiner Schürze ab. Dann nahm er einen kleineren Hammer und gravierte in die Klinge die alte Weisheit aus seiner Geburtsstadt Dichtaby ein: „Wer tot ist, der soll auch liegen bleiben.“ Im frühen Morgenrot verließ er die Höhle.

      Wenige Tage später wagten die Moglàt einen neuen Angriff auf Movennas Westgrenze, und Wulfric nahm Abschied von Meister Marten, um in den Krieg zu ziehen. Moran aber hat er seit jener Nacht nie wieder gesehen.

      *

      „Nimm’s nicht so schwer, Großer.“ Sparrows Hand legte sich auf die Schulter des Riesen. „Hat Wulfric selbst nicht gesagt, so lange das Heer unbesiegt ist, soll Movennas bester Krieger das Schwert führen?“

      Orh hob den Kopf. So herum hatte er die alte Prophezeiung nie gehört. Dann nickte er.

      „Wä daut is, dä shall ok liggen blieven“, murmelte der Bernländer und blickte ein letztes Mal zurück. Die alte Klinge würde dort unten liegen bleiben und vergehen. Mochte Reene sie in ihr blaues Reich aufnehmen. Ein würdiger Platz für ein Schwert, das nie zerbrechen würde.

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