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Jean-Pierre Kermanchec
Weiße Rosen aus Névez
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Alle Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Impressum
© 2019 Jean-Pierre Kermanchec, Ulrike Müller
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Das Meer war so ruhig wie schon lange nicht mehr. Von der Pointe de Kerhermén aus, nahe des kleinen Badeortes Kerfany-les-Pins, blickte Jean Audic auf die Wasseroberfläche des Atlantiks, die heute mehr Ähnlichkeit mit einem Ententeich hatte als mit dem gewaltigen Meer, das die Bretonen liebten und fürchteten. Die Fischer aus Guilvinec, Lorient oder Concarneau, konnten ein Lied von den gefährlichen Stürmen des Meeres singen, ganz abgesehen von den Freiwilligen der Seenotrettung, der SNSM. Nicht umsonst war die Seenotrettung an der bretonischen Küste schon vor Jahren ins Leben gerufen worden. An diesem Morgen hatte das Meer seine Bedrohung für einige Stunden verloren. Hunderte von Hobbyseglern waren unterwegs. Es wimmelte von weißen Segeln zwischen den Îles des Glénan, der Küste vor Concarneau und der Mündung der beiden Flüsse, Aven und Belon.
Von seinem Standpunkt aus hatte Jean Audic einen guten Überblick über das gemeinsame Delta der beiden Flüsse, auf den gegenüberliegenden Hafen von Port Manec´h und auf die Îles des Glénan, auf die kleine Île Verte und auf die Île de Groix.
Der Aven war in den letzten Jahren zu einem Liegeplatz für die Boote der Betuchten geworden. Er konnte sich noch gut an die Zeit erinnern, als hinter der Mole von Port Manec´h nur die Fischerboote lagen. Heute gab es nur noch wenige Fischer, die von Port Manec´h aus aufs Meer fuhren. Die Mehrzahl der Boote, die hier und entlang des Aven vor Anker lagen, diente ausschließlich dem Vergnügen der mehr oder weniger reichen Bewohner, sowie den wohlhabenden Besitzern der Feriendomizile entlang der beiden Flüsse. Den Austernzüchtern am Belon wurde die Invasion der vielen Boote suspekt.
Am schlimmsten waren die Segler, dachte Jean, die rücksichtslosen, unvorsichtigen und unerfahrenen Segler. Sie schätzten das Meer häufig nicht richtig ein und brachten sich und andere in Gefahr.
In der letzten Woche war einer von diesen betuchten Segelbootbesitzern von Kerdruc aus zu einer Tour gestartet, die ihn auf die Belle-Île bringen sollte. Man hatte ihn noch vor dem sich ankündigenden Unwetter gewarnt, aber er hatte die Warnung mit dem Kommentar ignoriert: „Ein Segler hat keine Angst vor dem Meer!“
Er war trotz der Warnung zu seinem Segeltörn aufgebrochen. Die Flut hatte gerade ihren Höhepunkt erreicht, als er mit vollen Segeln von Kerdruc aus den Aven hinuntersegelte. Dass das Meer etwas rauer geworden war, hatte er bereits beim Verlassen des Aven gemerkt, als er Port Manec´h hinter sich gelassen hatte, der Wind hatte kräftig aufgefrischt. Zu diesem Zeitpunkt wäre es eine Kleinigkeit gewesen, umzukehren und wieder in den sicheren Hafen einzulaufen. Er hielt Kurs auf Belle-Île. Keine halbe Stunde später war aus dem anfänglich auffrischenden Wind ein ausgewachsener Sturm geworden, sein Boot begann zu schlingern. Von den sich immer höher aufbäumenden Wassermassen wurde die Yacht regelrecht überrollt, und er verlor den Einfluss zu manövrieren.
Sein Notruf erreichte die SNSM an