Markus Jacobs

Hände hoch! Unterhalt!


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bezeichnen.

      Meine Gedanken gehen zurück an meinen ersten von zahlreichen Rechtsanwaltsterminen, die ich in den vergangenen 14 Jahren im Trennungsstreit mit meiner Ex-Frau wahrnehmen musste. Da saß ich nun im Wartezimmer eines modernen Gebäudekomplexes mit meinem Stapel an Unterlagen - wie Verdienstabrechnungen, Unterhaltswünschen und Rechtsanwaltsschreiben meiner zukünftigen Ex-Frau. Ich wartete auf die erste Besprechung mit meinem Anwalt. Vorab hatte ich ihm die Unterlagen bereits per Fax übermittelt, damit er sich einen ersten Überblick über meine Situation verschaffen konnte. Dann betrat ich sein sehr beeindruckendes, großes Büro: ein gewaltiger Schreibtisch, an der Wand eine perfekt abgestimmte Tapete mit zarten Paragraphenzeichen und am anderen Ende des Raumes eine weiße, elegante Ledersitzgarnitur. So stellt sich mancher ein top-modernes Wohnzimmer vor, aber bestimmt nicht das Büro eines Rechtsanwaltes. Offensichtlich schien es meinem Anwalt für Familienrecht nicht gerade schlecht zu gehen. Mir gegenüber saß ein schlanker, sportlicher Typ mit kurzen gräulichen Haaren, Mitte 50. Die Lesebrille auf seiner Nasenspitze wirkte wie angeklebt.

      Zwischen uns sein imposanter Schreibtisch und ca. 100 verschiedene blaue Aktenmappen, die gestapelt auf dem über Eck gefertigten Tisch verteilt waren. Meine Akte hielt er aufgeklappt in seinen Händen und überflog noch einmal meine Unterlagen und natürlich auch die zahlreichen Schreiben meiner Frau Uschi. Sein Haupt in die Papiere gesenkt las er kopfschüttelnd noch einmal einige Passagen durch. “Herr Jacobs“, sagte er und hob dabei seinen Kopf, um mir in die Augen zu schauen. „Ich lese mir ihre Unterlagen zum dritten Mal durch und ich bin immer noch sprachlos über die Unverschämtheiten ihrer von ihnen getrennt lebenden Ehefrau.“ Er legte meine Akte zur Seite, lehnte sich lässig zurück und sprach: „In ihrem Fall, Herr Jacobs, kann ich ihnen nur Folgendes empfehlen: Provozieren sie einen Streit mit ihrer zukünftigen Ex und erschlagen sie die mit einem Hammer. Totschlag im Affekt, dafür gehen sie noch nicht einmal in den Bau. Ich mache schließlich auch Strafrecht. Das sind maximal drei Jahre auf Bewährung und sie ersparen sich jede Menge Probleme. Falls es droht eng zu werden, bringen wir eine schwere Kindheit ins Spiel und sie sind durch mit der Sache.

      Wissen sie, Herr Jacobs, ich mache diesen Job mehr als 25 Jahre und ich behaupte von mir, dass ich ein guter Anwalt bin. Wenn aber eine Frau schon zu Beginn einer Trennung ihre völlig überzogenen Ansprüche derart geltend macht, dann nimmt das selten ein gutes Ende. Vor allem dann, wenn nicht sie, Herr Jacobs, sich von ihrer Frau getrennt haben, sondern ihre Frau sie seit langer Zeit mit einem anderen Mann betrügt.

      Ich sage ihnen noch etwas: Wenn ein Ehepaar zu mir kommt und will sich scheiden lassen, und mal angenommen, ich müsste wählen zwischen Mann und Frau, dann würde ich immer die Frau vorziehen. Um ehrlich zu sein, da rassele ich meinen Text runter, brülle im Gerichtssaal drei Mal „Unterhalt“ und gehe nach 30 Minuten mit einem Urteil, Unterhaltstitel und Geld für die Frau wieder raus. Da mache ich fast nichts, weil der Mann keine Chance hat. Ich rede dann nur von der armen Frau und den armen Kindern. Herr Jacobs, ganz ehrlich, die meisten Männer, die zur mir kommen, können sich hier ein paar Meter weiter im Wald ebenso gut erhängen. Das ist leider die Wahrheit. Es gibt in Deutschland nur zwei Arten von Männern, die sich eine Scheidung, dazu noch mit Kindern, leisten können. Das sind die, die schon zu Ehezeiten nichts hatten und am Existenzminimum lebten oder die, bei denen es auch im Trennungsfall auf die ein oder andere Million nicht ankommt. Der Rest der Scheidungsfälle verliert auf ganzer Linie.“

      Wow, dachte ich, was für eine Einleitung, das sind ja tolle Aussichten, da fällt gleich zu Beginn der Vorstellung der Vorhang. Ich fragte nur nach meinen Rechten und bekam als Antwort: „Ihre Rechte? Ja, Rechte haben sie, die können wir auch versuchen einzuklagen. Aber vergessen sie besser ihre Rechte, sie haben in Zukunft vor allem Pflichten und das bedeutet, sie müssen die Hosen runter lassen und das alle Jahre wieder. Die Rechte, die hat ihre zukünftige Ex-Frau. Ihnen wird nur das bleiben, was ihnen die Rechtsprechung im besten Fall übriglässt. Sind sie bereit für einen schier aussichtslosen Kampf um Unterhalt und Besuchsrecht, dann nehme ich ihren Fall an.

      Falls sie einer anderen Auffassung sind, rate ich ihnen, holen sie sich weitere Meinungen von anderen Kollegen ein. Wenn sie es wünschen, rechne ich ihren Fall genau durch. Beim Überfliegen kann ich ihnen ungefähr sagen, was da an Kosten auf sie zukommt. Herr Jacobs, verstehen sie mich bitte nicht falsch, ich will ihnen nur jede Illusion nehmen, nur so können sie Kosten sparen. Glauben sie mir, es ist sicher kein Nachteil, wenn man als Mann auf die Welt kommt. Wenn man aber als Mann eine Scheidung durchlebt und gemeinsame Kinder vorhanden sind, dann ist es ein erheblicher Nachteil.“

      Da saß ich nun in diesem feudalen Rechtsanwaltsbüro und versuchte, diese flammende Rede zu verarbeiten. Irgendwie konnte und wollte ich das nicht glauben. Ich dachte mir, was ist das denn für ein arroganter Bursche, sitzt hier in seinem modernen Büro, hat stapelweise Unterlagen auf seinem Schreibtisch rumliegen und versucht mir klarzumachen, dass ich mein Leben am besten in die Tonne kloppe. Das war mir doch alles sehr suspekt und ich sagte: „Gut, Herr Rechtsanwalt, dann rechnen sie das mal für mich durch und sagen mir, was auf mich zukommt.“ „Herr Jacobs, ich schicke ihnen meine Berechnung gerne zu und sie entscheiden dann, wie es weitergehen soll. Es tut mir wirklich sehr leid für sie, ich hätte ihnen gerne bessere Auskünfte gegeben, aber ich pflege meinen Mandanten die Wahrheit zu sagen und keine Geschichten zu erzählen - es heißt nicht ohne Grund - bis dass der Tod euch scheidet. Dieser Satz hat in Wirklichkeit eine sehr große Bedeutung und nicht nur während der Ehe, sondern auch so lange, bis ihre Nochfrau wieder heiratet oder verstirbt. Erst dann sind sie von vielen Problemen erlöst.“

      Verborgene Signale auf Frauen-Art

      Mein Problem begann irgendwann im Frühjahr 2001. Der Urlaub war standesgemäß. Zwei Wochen im 5-Sterne-Hotel irgendwo bei Side an der türkischen Rivera. Meine Frau, die aufgrund unserer zwei Kinder nicht mehr arbeiten ging, sehnte sich nach ihrem wohlverdienten Urlaub und nach Erholung.

      Zwei Kinder, das war unser Traum damals. Und es waren zwei hübsche Kinder wie aus dem Bilderbuch. Max, 4 Jahre und Tim, 6 Jahre alt. Uschi und ich waren ein durchaus ansehnliches Paar. Alles in allem: eine nette Familie - könnte man meinen. Meine bessere Hälfte, eine gelernte Bürokauffrau, hatte nach ihrer Ausbildung eine Stelle in der Firma ihres Vaters angenommen. Sie, das Einzelkind, war für die gesamte Abwicklung der Karl-Heinz König GmbH zuständig. Die Firma befand sich im Hause ihrer Eltern und so waren die drei tagtäglich zusammen. Familienpatriarch Karl-Heinz hatte somit seine beiden Damen voll im Blick. Er hatte sie sogar bestens im Griff. Vor unserer Hochzeit bestand er darauf, dass seine kleine Prinzessin „Uschi“ den Namen König beibehält, damit dieser nicht ausstirbt. Mit der Geburt unseres zweiten Kindes wollte Uschi sich voll und ganz unseren Kindern widmen. Aus diesem Grund gab sie den Job - in Papas Firma - zum Wohle der Kinder - nach mehr als acht Jahren auf.

      Im Vorfeld zu unserem Urlaub hatte es schon kleinere Unstimmigkeiten zwischen Uschi und mir gegeben. Die Kinder waren wieder so stressig und irgendwie musste sich die schlechte Stimmung an einer Person entladen. Im Nachhinein betrachtet, war ich der Blitzableiter für das aufziehende Gewitter.

      Als Handelsreisender war ich naturgemäß viel unterwegs. Auswärtige Übernachtungen versuchte ich aus familiären Gründen zu vermeiden und fuhr oft noch spät abends nach Hause. So kamen jedes Jahr bis zu 80.000 Kilometer zusammen und meine Arbeitstage hatten deutlich mehr als acht Stunden. 12 – 14 Stunden kamen der Realität schon näher.

      Uschis Freundinnen hatten gerade von A bis Z schwere Ehekrisen. Hier ging die Freundin fremd, dort der Mann. Unsere Bekannten, die Krauses, hatten sich vor ein paar Wochen getrennt. Eine junge Familie wie wir, zwei Kinder - zwei Jungs im Alter von Tim und Max. Seit der Trennung hatte die Familie Krause große finanzielle Probleme, besser gesagt: der Mann. Von heute auf morgen war für Herrn Krause Existenzminimum angesagt. Frau Krause hingegen kam prima zurecht: Unterhalt, Kindergeld, ja sogar eigenes Einkommen sorgten für ein gutes Auskommen. Herr Krause aber wusste kaum, wie er seine kleine Wohnung inkl. Strom und Wasser finanzieren, und von dem, was ihm blieb, seinen Weg zur Arbeit bestreiten sollte. Keine tollen Aussichten für jemanden, der kurz zuvor neue Möbel für die gemeinsame Wohnung gekauft hatte. Nun durfte er Unterhalt zahlen, aus der Wohnung ausziehen und die Kosten für den Möbelkredit hatte er noch zusätzlich an den Hacken.