Markus Jacobs

Hände hoch! Unterhalt!


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und so absurd, dass ich mir so etwas für mich gar nicht vorstellen wollte.

      Ich musste schon etwas schmunzeln, als ich hörte, dass der gute Herr Krause, der seine Kinder nicht sehen durfte, sich aus lauter Verzweiflung zu Ostern in ein Hasenkostüm zwängte, um im Garten seiner Ex Ostereier zu verstecken. Es schien ihm der einzige Weg, seinen beiden kleinen Kindern etwas näher zu kommen. Den ganzen Vormittag verbrachte er in einem geliehenen Auto, um auf den Osterspaziergang seiner ehemaligen Familie zu warten - der Familie, der er jetzt nicht mehr angehörte. Als diese im nahegelegenen Wald ihren Osterspaziergang machte, fuhr er mit dem PKW hinterher, um sich im Wald als Osterhase zu verstecken. Dort huschte dieser Riesenosterhase dann durchs Gestrüpp und passte seine Kinder ab. Die zwei waren hellauf begeistert, als sie den Osterhasen im Wald erblickten. Wortlos übergab der überdimensionierte Hase die Geschenke an die beiden Kids. Ebenso wortlos, wie Meister Lampe die Gaben an die Kinder überreicht hatte, verschwand er wieder im Unterholz und fuhr unerkannt mit dem Auto davon. Wie viele Tränen das Osterhasenkostüm füllten, wollte ich gar nicht wissen.

      Die Krauses waren kein Einzelfall. Trennungen gab es reichlich in unserem Bekanntenkreis und damit auch ausreichend Gesprächsstoff zwischen Uschi und mir während unseres Urlaubs. Max und Tim hingegen waren in bester Ferienstimmung. Für die beiden war das Leben eine Wundertüte, aus der jeden Moment etwas Neues und Spannendes hervorkommt. Sie dachten nicht an die Probleme, die Erwachsene haben könnten und waren schon gar nicht in der Lage sich vorzustellen, dass Mama und Papa sich eines Tages nicht mehr lieb haben würden.

      Bislang hatten die beiden ein tolles und glückliches Leben, für Kinder in diesem zarten Alter, natürlich mit den täglichen kleinen Alltagsproblemen, die da heißen: Aufräumen, Zähne putzen bevor „Karius und Baktus“ kommen, viel zu wenig Fernsehen gucken und immer viel zu früh zu Bett gehen.

      Wir hatten ein nettes Urlaubshotel, „Mann“ will seiner lieben Frau ja schließlich etwas gönnen. Und was noch viel wichtiger ist: „Mann“ will ein gutes und ruhiges Gewissen haben, natürlich auch die Anerkennung der Ehefrau für seinen stressigen Job bekommen, etwas Dankbarkeit und Bestätigung, weil „Mann“ das alles möglich macht: “Ja, du bist ein guter Ehemann, der sich um seine Frau und Kinder kümmert und ihnen viel bietet.“ So einen Satz wünscht „Mann“ sich. Schließlich musste ich die ganze Familie alleine ernähren. Uschi hatte ja bereits vier Jahre zuvor die Stelle bei ihrem Papa – zum Wohle der Kinder - gekündigt. Sie war unglaublich ehrgeizig, wollte unbedingt zwei Jungs, die auch nach außen eine gute Figur abzugeben hatten. Doch bei zwei kleinen Chaoten in diesem Alter ist Benehmen oft von der Tagesform abhängig, auch bei unseren Kindern war das nicht anders. Nein, falsch, es waren und sind Uschis Kinder. Denn wenn es um Kindererziehung geht, macht der „Mann“ in den Augen der Frau oftmals sehr viel falsch. „Da hat der Papa wieder das gemacht, da hat der Papa wieder das gesagt, da wurde das Kind nicht alle 30 Minuten eingecremt und überhaupt, wie kann man nur den ganzen Tag mit den Kindern spielen, die sind doch später total aufgedreht und können nicht schlafen. Die Kinder dürfen keine Wasserpistolen haben, denn mit Waffen spielt man nicht. Am besten machen die Kinder das, was Mama für richtig hält.“

      Aus Uschis Sicht machte ich immer dann alles richtig, wenn ich haargenau das machte, was sie für sinnvoll hielt. Eigentlich alles ganz einfach! Wenn ich aber die gleichen Fehler wie Uschi beging, fand ich mich schnell in endlosen Diskussionen wieder. Es war wie verhext, ich konnte machen, was ich wollte. Das war genau wie beim Autofahren: „Schatzi, du musst da links abbiegen!“ Uschi zeigte dabei regelmäßig nach rechts. Und wenn Uschi sprach: “Schatzi, rechts abbiegen“, zeigte sie nach links. Das hatte ich mittlerweile voll drauf. Zur Sicherheit fragte ich noch einmal nach: “Du meinst sicher das andere links“ - „Ja, da links!“ Also die Hand nach rechts gerichtet, war bei Uschi links.

      Bei manchen Gesprächen und Diskussionen zwischen Uschi und mir dachte ich, was will sie mir denn nun wieder sagen? Ich konnte ihrer Wechsellogik nicht immer so schnell folgen, wie die Logik wechselte, zumindest war ich stets bemüht, ihren Gedankensprüngen zu folgen.

      „Tja“, sprudelte es oft genug aus ihr heraus: „Wenn du arbeitest, bekommst du das natürlich nicht mit. Du hast es gut. Du bist den ganzen Tag weg. Und wenn du nach Hause kommst, siehst du die Kinder höchstens eine Stunde, dann ist Bettzeit und von meinem Stress kriegst du nichts mit. Du kommst doch erst immer um 19 oder 20 Uhr von der Arbeit. Und morgens die Kinder in den Kindergarten zu bringen, das ist wohl das Mindeste, was du als Vater ab und zu tun kannst.“ „Was willst du mir damit eigentlich sagen?“ „Ganz einfach: Ich habe einen Mann, der nie zu Hause ist. Du schaffst es ja noch nicht mal, die Kinder aus dem Kindergarten abzuholen.“ Mir ging des Öfteren durch den Kopf, dass es eine unglaublich geschickte Eigenschaft von Frauen war den eigenen Männern ein schlechtes Gewissen einzureden. Und wir Männer ziehen dann oft den Kopf ein und geben tatsächlich nach. Warum eigentlich? Wollen wir einfach unsere Ruhe haben und bloß kein Theater mit der Dame unseres Herzens riskieren? Wir geben also nach und vertreten noch nicht einmal unseren Standpunkt, um den Familienfrieden nicht zu gefährden. Hatten unsere Mütter uns nicht beigebracht, Frauen mit Respekt zu behandeln? Kam uns nicht von allen Seiten und Medien die unterdrückte Frau entgegen?

      Da gab es doch diese Frau Schw.. die alle Männer verteufelte, weil sie die Frauen permanent unterdrücken und nicht schätzen würden.

      Was waren wir doch früher für coole Typen, wenn uns da ein Mädel etwas erzählen wollte, da haben wir noch Kontra gegeben. Da hatten wir keine Angst unseren Standpunkt zu vertreten. Da haben wir nicht an irgendwelche Konsequenzen gedacht und waren noch Helden – zumindest in unseren Augen. Wir waren aber auch noch nicht verheiratet, hatten keine Verantwortung für Frau und Kinder und waren frei von solchen Diskussionen. Als Mann denkt man, man sei der Kopf der Familie und eine kluge Frau lässt dem Mann auch gerne das Gefühl, dass es so ist. Sie will nicht unbedingt der Kopf der Familie sein, sie ist viel lieber der Hals, der den Kopf in die richtige Richtung lenkt. Fast unbemerkt, wird einem so Stück für Stück das Selbstbewusstsein abgeknabbert. Irgendwann stellt „Mann“ fest: Was ist eigentlich noch übrig von dem netten Kerl, von dem coolen Typen, der ich mal war? „Früher wilde Worte, heute Blumen und Torte.“ Gut, ich habe jetzt Familie, da geht das nicht mehr, da sind die Kinder und eine Ehefrau, da musst du dich als Mann einordnen.

      Nein, es ist kein Einordnen, es ist eher ein Anstellen, und zwar nicht vorne, sondern hinten. Aber ganz hinten. Nicht alle Frauen sehen uns unbedingt als das, was wir gerne hätten. Wir sind nicht der Held oder gar der Prinz aus dem Märchenstreifen. Und die Damen bewundern uns auch nicht unbedingt, sondern sie sehen uns teilweise als ihr Eigentum oder ihre Partnerversicherung an. Als den Typen, der dafür zu sorgen hat, dass der ganze Laden läuft. Wir sind also eher der Motor, der zu laufen hat, am besten ohne Sprit und ohne Öl. Wir sind in den Augen mancher Frauen eher so ein Daueraggregat, welches funktionieren soll. Am liebsten ständig verfüg- und einsetzbar. Schade, dass man das gute Stück nicht auf Knopfdruck in den Schrank verfrachten kann und nur dann rausholt, wenn es genehm ist.

      Die Urlaubsdiskussionen mit Uschi gingen unterdessen weiter. Ich fragte sie: „Was machst du eigentlich in der Zeit von 8:00 bis 16:00 Uhr?“ „Denkst du etwa, ich habe keine Bedürfnisse! Ich treffe mich mit den anderen Müttern, deren Kinder auch bis 16:00 Uhr im Kindergarten sind, und wir besprechen den Tagesablauf.“ „Tagesablauf?“ erwiderte ich. „...den der Kinder“, kam wie aus der Pistole geschossen „wenn die aus dem Kindergarten kommen. Außerdem muss ich das Haus versorgen und die Wäsche waschen.“ „Wäsche waschen? Das macht doch unsere Maschine und einen Trockner haben wir auch, einen Wäschekeller ebenfalls und deine Mutter ist auch noch jeden Tag bei uns und hilft dir ungefragt im Haushalt.“ Oh man - die Schwiegermutter hatte ich nach dem Motto „heute zwei zum Preis von einer“ gleich mitgeheiratet. „Ja natürlich, wie soll ich das denn alles schaffen? Ein Haus, zwei Kinder – das ist mir alles zu viel.“

      Ich dachte nur, es sollten zwei Kinder sein, ein eigenes Haus und meine Uschi wollte unbedingt Vollzeitmutter sein. Jetzt, wo ich mir jeden Tag den Hintern aufreiße, um den ganzen Spaß zu bezahlen, stellt Uschi fest, dass ihre Rolle sie nicht ausfüllt und sie gleichzeitig überfordert ist?

      Naja, wieder eine dieser Phasen des Nörgelns, morgen wird das bestimmt vorbei sein. Morgen geht die Sonne wieder auf - schließlich sind wir im Urlaub und lassen