Alexander-René Grahovac

Zip und Zap auf großer Fahrt


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etwas an Höhe und landete klatschend im Teich.

      „Siehst du, das war der Glaswassereffekt!!“

      Zip kletterte über die Kieselsteine ans Ufer, schüttelte sich, und gemeinsam mit ihrem Vater kratzte sie ein paar Larven aus dem Sand, die sie lustlos und mit langen Zähnen verspeiste. Sie hüpfte ein paar Schritte weiter in Richtung Terrasse und fand den Rest eines belegten Brötchens, über das sie sich hermachte. Sie stopfte einige dicke, schwere Krümel in ihre Schultertasche … Ihr Vater hatte es sich auf einer Gartenleuchte bequem gemacht: „Zip, sei nicht so gierig“, zwitscherte er von oben herab, „du kommst nicht hoch mit dem Gewicht, ich sag’s dir!!“ Zip hörte kaum hin, dieses Brötchen war phantastisch, sogar Wurst war drauf, Butter und ein bißchen Käse. Sie hörte nicht auf, sich die Tasche vollzustopfen.

      „Paß auf, Zip, komm hoch, schnell, die Köter kommen.“ Und das wütende Bellen schreckte jetzt auch Zip auf, die immer noch dabei war, mit beiden Flügeln Krümel, Wurst und Käse und sogar die schon geschmolzene Butter in ihren Rucksack zu stopfen. Sie schloß schnell den Klettverschluß und versuchte einen Schnellstart. Aber was war das? Sie lief und lief, immer schneller, das böse, angsteinflößende Gebell kam näher. Verzweifelt versuchte Zip, Auftrieb zu bekommen, der Schweiß lief ihr in die Augen, sie sah nichts mehr.

      „Schmeiß den Sack weg, Zip, Ziiiiiiiippp, schmeiß weg“, schrie Luigi, „schmeiß weg!!“

      Zips Vater sah die heranstürmenden Hunde, voran der schwarzrote, hochbeinige mit dem Cruffmund und hinterher, ebenso schnell und wild bellend, der rote mit dem weißen Bart. „Alles aus“, dachte Luigi, „alles aus, wie sag ich’s Lydia?“

      Zip versuchte, nachdem sie gegen den Gartenlampenmast geknallt war, immer noch hochzukommen, sie hatte schon einige Zentimeter Luft unter sich, aber immer noch zuwenig, um der heranrasenden Minimeute zu entkommen. Zip sah schon das wütende Weiße in den Augen der schwarzbraunen Hündin und dachte: „Das war’s dann, tschüs Mama, tschüs Papa, tschüs mein schönes, warmes Nest.“

      Doch was war das? Plötzlich änderten die beiden Bestien die Richtung, zum Gartentor hin. Im Gegenlicht der Sonne waren zwei schemenhafte Gestalten zu sehen. Spaziergänger, harmlose Spaziergänger. Die beiden Hunde rasten wie Furien zum Tor und überschlugen sich fast, der braune, weißbärtige stolperte und fiel über seine eigenen Füße.

      Zip hatte etwas Auftrieb bekommen, setzte volle Klappen und gewann gut zwei Meter Höhe. Irgendwoher war ein etwas kühlerer Lufthauch gekommen, woher auch immer. Zwei Meter Höhe, zuviel für die gräßlichen Tölen. Luigi hatte sich mittlerweile von der Gartenlampe empor geschwungen. „Warum hörst du nicht um Gottes Willen, warum hörst du nicht, wenn dein Vater dir etwas sagt???“ Im Licht der untergehenden Sonne erreichten Zip und Luigi das heimatliche Nest. Luigi nahm Rücksicht auf Zip und ihren - wegen des schweren Rucksackes - langsamen Fluges und beobachtete argwöhnisch den Luftraum. „Zip!!“ sagte Luigi, „sag Mama bloß nichts, hörst du???!!!“

      „Keine Sorge, Papa.“

      Sie landeten in der heimischen Hecke, Lydia hatte sich schon, wie üblich, Sorgen gemacht, wo ihre beiden Ausflügler wohl geblieben waren. „Schau nur, Mama, was unsere tüchtige Tochter dir mitgebracht hat.“

      Die Familie verbrachte einen harmonischen Abend mit all den Schlemmereien, die Zip mitgebracht hatte und natürlich holte Mutter Lydia noch einiges aus ihrer Speisekammer, die ebenfalls immer gut gefüllt war. Und sie hätte die Familie auch eine ganze Weile lang durchfüttern können. Aber die Jungen mußten schließlich lernen, für ihren Lebensunterhalt aufzukommen und wenn sie nebenbei noch die Eltern ein wenig unterstützten, so war das nur recht. Hatte Zip für den Hinflug gute zwei Minuten gebraucht, so waren es für den Rückflug zum heimatlichen Nest fast sieben Minuten gewesen, so schwer war sie beladen mit all den Köstlichkeiten.

      So sind wir also ein wenig abgeschweift, denn eigentlich wollte ich ja die Geschichte von Zip und Zap erzählen und hier zuerst, wie sie sich kennen gelernt hatten:

      Es war ein herrlicher Sommertag, genauso einer wie der Tag, an dem Zip mit ihrem Vater zum ersten Male am Teich war. Zip fliegt also von Südosten heran. Zap kommt aus Nordwest herangerast. Beide haben das gleiche Ziel - DEN TEICH - im Auge, da gibt’s einiges zu holen. Wie war das noch? Glaswasserlandung, aufpassen, nicht zu früh runtergehen, paß auf die Hunde auf!! und BUMM: Zip und Zap, zu sehr mit den Warnungen ihrer Eltern beschäftigt, knallen in der Luft zusammen. Und wie!! Und wie !!! Zip wird herumgeschleudert, gerät ins Trudeln und stürzt aus zwei Metern Höhe ins warme Wasser des Teiches. Sie gerät unter Wasser und sieht, wie ein riesiges, rotes Monstrum auf sie zugeschwommen kommt, das große Maul weit aufgesperrt. Ganz offensichtlich einer der Kois und die sind naturgemäß für einen Spatzen extrem gefährlich.

      Zap gerät ebenfalls ins Trudeln, Strömungsabriß, Sturz ebenso aus zwei Metern Höhe. Und das ist viel für einen kleinen Spatz, das ist ungefähr soviel, als würden wir vom Haus fallen. Von einem großen Haus wohl bemerkt, aus etwa 56 Metern Höhe. Wobei der Spatz natürlich seinen Sturz etwas abbremst durch sein Flügelschlagen … und dann doch immer irgendwie weich landet.

      Mit Füßen und Flügeln arbeitet sich Zap an die Wasseroberfläche, der rote Fisch verschwindet in der kühlen Tiefe. Spatz ist wohl doch nicht so sein Geschmack oder er kennt Spatzen noch nicht. Wann fällt schon mal ein Spatz ins Wasser?? Eine fette, dicke, strotzende Libellenlarve treibt an ihm vorbei, er kann ihre kräftigen Kiefer erkennen. LUFT, LUFT, nach oben , nur schnell, schnell.

      „Was bist du denn für ein Penner?“ Zips Stimme überschlägt sich: „Kannst du nicht aufpassen? Du Anfänger!!“

      „Paß du doch auf, du Oberpenner“, brüllt, äh zwitschert Zap zurück und: „Du bist ja wohl auch ein Anfänger…eine Anfängerin.“

      Beide arbeiten sich an Land, endlich Kies unter den gelben, filigranen Spatzenfüßen. Erschöpft setzen sie sich in den Sand, den Kies und schweigen sich an.

      Nach einer Weile sagt Zap: „Tut mir leid, ich wollte nicht ausfallend werden …“ „Ist schon gut, ich auch nicht, mein Name ist übrigens Zip. Und wer bist du?“

      „Ich bin der jüngste Sohn von Gustav und Genofefa, wir wohnen auf dem Biohof gleich hinter dem Wald.“ Zap schüttelte noch mal seine Flügel, um das restliche Wasser aus den Federn zu schütteln. „Und du, wer bist du, wo kommst du her?“

      Zip setzte sich in den warmen Sand. „Ich wohne in der großen Hecke unten am Bach, gleich neben der Pferdeweide. Mein Vater ist der berühmte italienische Tenor Luigi“, sagte sie stolz.

      Sie unterhielten sich eine Weile, Zap zog die eine oder andere Schusterlarve aus dem Sand unter dem Kies. Und er teilte sein Mahl mit Zip, zeigte sich mal von seiner witzigen, mal von seiner welterfahrenen Seite und Zip hörte gespannt zu und lachte über seine Späße.

      Plötzlich ertönte eine leises Rascheln, Zap spuckte die Larve aus dem Schnabel, drehte sich in Richtung des Geräusches und erstarrte: Direkt hinter Zip stand der böse schwarze Kater mit der weißen Blesse und glotzte die beiden Spatzen an. Die linke Pfote, aus der die Krallen schon drohend herausgefahren waren, zum Schlage erhoben. Aus den Erzählungen seiner Eltern wußte Zap, das Katzen im Allgemeinen und böse, taube Kater im Besonderen immer einen Augenblick verweilten, wenn sie ihre Beute ins Visier genommen hatten. Zip deren Augen immer noch an Zaps Schnabel hingen, hatte den Kater noch gar nicht bemerkt. Zap flüsterte: „Dreh dich nicht um, ich zähle bis drei, dann absoluter Blitzstart, senkrecht hoch und ab über die Birke.“ Zip schaute ihn aus großen Augen an und verstand gar nicht recht, was Zap wohl meinte. In diesem Augenblick erschallte wütendes Kläffen und die beiden Haushunde stürmten mit sagenhafter Geschwindigkeit heran. Der Kater drehte sich etwas gelangweilt um, die linke Pfote immer noch zum Schlag erhoben. Diesen Moment nutzte Zap, hüpfte auf Zip zu, griff ihr unter den linken Flügel, wobei er zugleich Auftrieb gewann, indem er heftigst mit seinen Flügeln schlug. Endlich begriff Zip und auch sie flog nun schnell auf. Der Kater schlug ins Leere, dorthin, wo eine Sekunde zuvor noch Zip gestanden hatte. Sie flogen eine steile Kurve über dem Garten und landeten auf einem dünnen Zweig in der Birke oberhalb des Geschehens. Sie sahen, wie die giftigen Köter auf den verdutzten Kater