Ilona Hoffmann

Urlaub mit Herz und Handschellen


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hinten rechts befand sich noch ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen. Lea steuerte ihn an und setzte sich. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihr das Tobias jeden Moment kommen musste. Und dann sah sie ihn. Suchend stand er in der Tür, eine Reisetasche in der Hand und schaute sich um. Lea winkt ihm zu und Marco kam lächelnd auf sie zu.

      „Hallo Lea.“

      Seine Augen strahlten sie an. Herzhaft nahm er sie bei den Schultern und begrüßte sie mit einem freundschaftlichen Kuss auf die Wange. Leas Herz setzte für einen Moment aus. Ihr Blick verlor sich in seinen türkisgrünen Augen. Ihr Magen krampfte sich für den Bruchteil einer Sekunde zusammen. Verwirrt über ihre Gefühle lief sie Puder Rot an. So viele Male war sie mit Tobias zusammen gewesen und hatte nie mehr als Sympathie für ihn empfunden. Wie konnte es nur sein, das sie auf einmal so reagierte? Doch Marco ließ ihr keine Zeit zum Nachdenken.

      Marco alias Tobias nahm Platz, winkte die Bedienung zu sich und bestellte sich einen Espresso.

      „Darf ich dir auch noch etwas mitbestellen?“

      Marco sah Lea fragend an.

      „Ja, gerne, ein Glas stilles Wasser, bitte.“

      Sie musste jetzt unbedingt etwas kaltes trinken, denn ihr Kehle war wie ausgedörrt. Wir haben stilles Wasser nur in 0,5 Liter Flaschen.“ erklärte die Bedienung beiläufig und räumte dabei Leas leere Kaffeetasse auf ihr Tablett.

      „Ja, natürlich, das ist in Ordnung.“

      Lea spielte nervös mit der Serviette in ihrer Hand. Noch nie hatte sie Probleme gehabt mit Tobias zu reden, doch heute fühlte sie sich irgendwie befangen. Sie brachte lediglich ein dämliches Grinsen zustande. Sie ärgerte sich maßlos doch sie konnte einfach keinen klaren Gedanken fassen. Marco erging es ähnlich.

      Ihre blaugrünen Augen irritierten ihn, in ihnen schimmerten kleine braune Pünktchen Sie schienen wie kleine Irrwische auf einem See hin und her zu tanzen.

      „Du warst beim Friseur.“ bemerkte Lea.

      „Das kürzere Haar steht dir gut.“

      „Danke.“ lächelte Marco zurück. „wie ich sehe hast du die Bluse von unserer ersten Begegnung an. Sie steht dir besonders gut.“

      Endlich kam die Bedienung mit dem bestellten Kaffee und dem Wasser. Lea stieß im Stillen ein Dankgebet zum Himmel.

      „Darf ich gleich kassieren, ich habe nämlich gleich Feierabend?“ flötete das Mädchen in Richtung Marco und schenkte ihm ein provozierendes Lächeln.

      „Ja, natürlich.“

      Marco nahm sein Portemonnaie aus seiner Hosentasche und erkundigte sich nach dem Preis.In keiner Weise ging er auf das fast schon unverschämte Verhalten der Bedienung ein.

      „Macht sieben Euro zwanzig zusammen.“

      Marco legte einen zehn Euroschein auf den Tisch.

      „Stimmt so.“

      Er nickte der Bedienung kurz zu und kam dann sofort wieder zum Gespräch mit Lea zurück. Diese hatte der Szene leicht belustigt zu geschaut und langsam nahm ihre Nervosität ab. Sie trank einen großen Schluck Wasser und wagte nun ihrerseits

      einen Anlauf zu einem Gespräch.

      „Wie viele Wochen hast du dir denn jetzt Zeit nehmen können?“

      Marco, der nun ebenfalls wieder seine gewohnte Ruhe wieder gewonnen hatte, runzelte die Stirn. Vier Wochen wären mit meiner Arbeit zu vereinbaren, d.h. wenn du es so lange mit mir aushalten kannst.“

      Er lächelte verschmitzt und Leas Herz klopfte schon wieder etwas schneller. Was war nur los. So direkt kannte sie Tobias gar nicht. Jetzt wo es Ernst wurde mit ihrer Reise schien er viel forscher geworden zu sein. Doch Lea gefiel das und

      nahm sich vor dieses Spiel mit zu spielen.

      „Dann würde ich vorschlagen, wir brechen auf.“

      „Kein Einwand von meiner Seite her.“

      Marco hob lächelnd die Hände.

      Beide standen auf und verließen gutgelaunt das Café.

      9

      Robert stand am Fenster und stierte mit blutiger Nase auf die Skyline von Berlin. Seine Wut auf Marco war grenzenlos. Er hatte sich wie ein Schuljunge von ihm nieder schlagen lassen. Und das Schlimmste: Marco hatte den Stick. Das Taschentuch, das er sich unter die Nase hielt war schon blutdurchtränkt. Die geheimnisvolle Person stand noch immer im Halbdunkeln hinter der Bar und schaute zu ihm rüber. Bevor Marco ins Büro stürzte, konnte sie gerade noch hinter der Bar in Deckung gehen. Nicht auszudenken, wenn er sie bei Robert erwischt hätte.

      Nachdem Marco fluchtartig das Büro verlassen hatte, war Conny ihm gefolgt, doch Marcos schnellen Schritten hatte sie nicht folgen können. Robert hatte geistesgegenwärtig die Tür abgeschlossen.

      „Marco hat dich ganz schön ausgetrickst. Die Szene war ja schon fast filmreif.“

      Dunkel und rau klang die Stimme des Unbekannten.

      Mit einem Schluck kippte es seinen Cognac runter. Geschmeidig wie eine Raubkatze glitt das Phantom vom Barhocker trat hinter Robert und flüsterte ihm höhnisch ins Ohr:

      „Du hast versagt, Robert. Er hat den Stick und wird uns fertig machen, wenn du nicht etwas unternimmst.“

      Robert drehte sich blitzschnell um und fasste seinen Komplizen fest am Arm. Fast berührten sich ihre Gesichter.

      „Sag nie wieder, dass ich ein Versager bin, nie wieder. Sonst wirst du es bitter bereuen.“

      Seine Stimme klang gefährlich leise. Der Unbekannte entwand sich ihm mit einem kurzen Ruck.

      „Und was wirst du nun unternehmen?“ lenkte es das Gespräch in eine andere Richtung.

      „Wir holen uns den Stick zurück, ganz einfach. Aber zuerst müssen wir heraus finden, wo Marco sich aufhält. Nach Hause wird er wohl nicht gegangen sein. Ich denke, sein Bruder Tobias könnte uns da weiter helfen.“

      Robert grinst hämisch, war sehr zufrieden mit sich und schenkte sich nun auch einen Cognac ein und stürzte ihn in einem Zug runter. Seine Augen funkelten gefährlich und seine Nasenflügel bebten.

      „Und dann werden wir eine Privatdetektei einschalten, die uns den Stick zurück bringt.“

      Er schaute ins Halbdunkel der Bar rüber und lächelte triumphierend.

      *

      Das heruntergekommene Haus im Berliner Nikolaiviertel, direkt an der Spree gelegen, hatte schon schönere Tage gesehen. Der Putz blätterte von der Fassade und das Treppenhaus war zugestellt mit Kinderwagen, Fahrrädern und um her liegenden Prospekten.“ Berger u. Berger: Privatdetektive“ prangte sauber und stolz rechts neben einer Reihe von Klingelknöpfen. Wenn man von der schäbigen Gegend absah, sollte man doch meinen, das es regen Anklang fand. Dieser Umstand strafte jedoch Lügen, wenn man bedachte, das seit einem Jahr niemand die Dienste von „Berger u. Berger“ in Anspruch genommen hatte. Wollte man ehrlich sein, so konnten die beiden noch nie einen richtigen Fall bearbeiten, denn dazu mangelte es einfach an Auftraggeber.

      Um das Kind beim Namen zu nennen, hinter “Berger & Berger“ verbarg sich Kalle und Kudde. Zwei verkrachte Existenzen, Mitte dreißig, die sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser hielten. Beide stammten aus Hamburg und hatten sich vor zwanzig Jahren in Berlin niedergelassen. Kalle, der Chef, hatte einige Jahre bei der Bundeswehr gedient und war seitdem der Meinung das die zivile Bevölkerung ein Anrecht auf seine erlernten Fähigkeiten hatte. Dass er nach der Grundausbildung Handlanger im Fuhrpark der Bundeswehr war, verschwieg er vorsorglich. Jedoch erwies es sich als sehr nützlich, dass er einfache Reparaturen an seinem alten VW Bus Baujahr ´74 durchführen konnte. Er war ein großer Fan von James Bond und einige Kampftechniken hatte er