Christine Jörg

Monikas Reifenpanne


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sich schon darauf das Wochenende in Annes gemütlichem Elternhaus zu verbringen.

      Freilich, Monika ist es nie entgangen, dass die Eltern und auch Anne gerne gesehen hätten, wenn aus Monika und Peter ein Paar geworden wäre, doch es blieb und bleibt bei einer herzlichen Freundschaft. Eher Geschwisterlich.

      Für die nächsten Tage ist sommerlich warmes Wetter angesagt. Genau richtig für die Feldarbeit.

      Nachdem Monika am Freitag den Kindergarten verlässt, radelt sie eilig zu ihrer Wohnung zurück. Hurtig packt sie ihre Tasche zusammen, trinkt eine Tasse Kaffee und verlässt die Wohnung.

      Eine gute halbe Stunde später trifft sie bei der Freundin in Sonthofen ein. Wie Monika es nicht anders erwartet hat, hat Anne noch nicht einmal zu packen begonnen. Die Stimmung zwischen Mutter und Sohn ist wieder einmal gespannt. Markus Gesicht hellt auf, als er der Patentante die Wohnungstüre öffnet.

      „Na, Alter“, begrüßt Monika den Jungen und pufft ihn mit der rechten Faust leicht an die linke Schulter.

      Markus strahlt. „Hallo, Monika.“ Erstaunlicherweise hat ihr Patenkind sie nie Tante genannt. Monika ist nicht böse darüber. Sie bildet sich ein, dass ihr das einen Touch von Jugend gibt.

      „Und, schon gepackt?“

      Markus grinst. Dann kommt ein lang gezogenes: „Ja, ich schon. Aber Mama nicht.“

      „So“, ist alles, was Monika dazu sagt. „Wo ist sie?“

      Inzwischen sind sie an Markus Zimmer und Esszimmer vorbei im Wohnzimmer angekommen.

      „Hier bin ich.“ Annes Stimme kommt scheinbar aus dem Schlafzimmer.

      Markus macht noch eine Geste Richtung Schlafzimmer und verzieht sich in sein eigenes Zimmer. Monika verlässt das Wohnzimmer wieder und betritt das Schlafzimmer. Vor ihr steht Anne in T-Shirt und Höschen.

      „Bei der Hitze reicht das was du anhast“, stellt Monika fest. Und dann: „Grüß dich.“

      „Grüß dich“, kommt die Antwort. „Bin gleich fertig.“

      Monika, die das „gleich fertig“ kennt, schlägt vor: „Ich koche uns Kaffee.“

      Normalerweise dauert Packen bei ihrer Freundin immer ewig, auch wenn sie nur für ein Wochenende ins Elternhaus fährt.

      „Ja, mach das.“ Weiter Anweisungen folgen nicht. Monika kennt sich in der Küche bestens aus. Sie stellt den Kaffee auf und öffnet den so genannten Krabbelschrank in dem normalerweise allerlei Knabberzeug gelagert ist. So auch heute. Die Kekse legt sie in der Verpackung auf den Tisch im Esszimmer, zwischen die Sachen, die da sonst noch herumliegen. Aus dem Geschirrschrank nimmt sie zwei Tassen und stellt sie zu den Keksen. Löffel, Zucker und Milch brauchen sie nicht. Beide trinken den Kaffee schwarz. Wenigstens eine Gemeinsamkeit, denkt Monika.

      Das Geräusch aus der Küche sagt ihr, der Kaffee ist gleich durch. Also ruft sie durch die Wohnung: „Kaffee ist fertig.“

      Markus trottet aus seinem Zimmer heran. Zuerst macht er einen Schwenk in die Küche und holt sich aus dem Kühlschrank eine Flasche Cola. Aus dem Schrank angelt er sich ein Glas. Dann setzt er sich an den Tisch, reißt die Packung Kekse auf und beginnt zu futtern.

      Monika hat sich unterdessen zur Freundin ins Schlafzimmer gesellt. Als die beiden Frauen sich ebenfalls an den Tisch setzen, ist von den Keksen nicht mehr viel übrig.

      Anne stöhnt. „Meine Erziehung.“ Müde fügt sie hinzu: „Du hättest wenigstens auf uns warten können.“

      „Damit ihr mir alles wegfuttert?“ Markus schiebt sich die letzten beiden Kekse auf einmal in den Mund. „Ist besser für eure Linie, wenn ich sie esse“, hebt das Glas und spült mit dem Rest Cola die Kekse hinunter.

      Ohne auf weitere Kommentare zu warten erhebt sich der Junge. Er ist etwa ein fünfundsiebzig und vollkommen untergewichtig. Man könnte ihn als einen Strich in der Landschaft bezeichnen.

      „Und da soll ich nicht verzweifeln?“, meint Anne ratlos.

      „Ich könnte jetzt sagen, das ist das Alter, aber das hilft auch nicht weiter“, sagt Monika nur.

      Anne seufzt. Sie trinkt den letzten Schluck Kaffee und sagt: „Ich packe noch den Rest.“

      „Anne, wir fahren nur für zwei Tage nach Rotfischbach. Viel brauchst du nicht. Du bist zum Heuen abgestellt.“

      „OK, OK.“ Weg ist sie.

      Monika steht auf. Sie räumt die Tassen, das Glas und die Kaffeekanne in die Spülmaschine. Die leere Kekspackung landet im Müll.

      „So, das war’s.“ Anne kommt mit einer Reisetasche aus dem Schlafzimmer. „Markus bist du fertig?“

      „Klar.“ Schon tritt er mit einem Rucksack aus dem Zimmer und öffnet die Wohnungstüre.

      „Hast du deine Zahnbürste?“, erkundigt sich Monika, die aus Erfahrung weiß, dass Markus die gerne vergisst.

      Markus grinst sie an. „Ich wusste, dass du mich das fragen wirst und habe sie vorsichtshalber gleich eingepackt.“

      Monika lacht und sagt nur: „Bravo!“

      Zu dritt gehen sie zu Monikas kleinem Corsa. Annes Tasche passt noch in den „riesigen“ Kofferrau. Markus nimmt seinen Rucksack mit auf den Rücksitz.

      „Ach, ich habe vergessen“, sagt Anne, als sie auf der Beifahrerseite einsteigt, „Mama hat mir eine kleine Einkaufsliste durchgegeben.“

      Von hinten kommt ein genervtes: „Mama.“

      Monika vermutet, dass es sich um ein gewolltes Vergessen handelt, aber sie fragt: „Wohin?“

      „Aldi.“

      Der liegt auf dem Weg. Am Kreisel biegt Monika zu Aldi ab.

      „Ich bleibe im Auto“, eröffnet ihnen Markus und setzt sich Kopfhörer auf.

      Anne und Monika steigen wortlos aus. Nachdem Monika ein Ein-Euro-Stück aus dem Geldbeutel gekramt hat, lösen sie einen Einkaufswagen aus.

      Die kleine Einkaufsliste entpuppt sich als gar nicht klein. Der Einkaufswagen ist halb gefüllt. Taschen oder Kisten haben sie keine.

      Monika macht kurzen Prozess. Sie stellt Annes Tasche zu Markus Rucksack auf die Rückbank und packt alles lose in den Kofferraum. Anne fährt den Einkaufswagen weg. Monika setzt sich ins Auto und startet den Motor.

      Anne steigt zu. Monika hält ihr die rechte Hand offen hin.

      „Was?“ Anne versteht nicht.

      „Mein Euro“, erklärt Monika, die die Freundin nur zu gut kennt.

      Anne, die sich inzwischen angeschnallt hatte, schnallt sich wieder ab, pult das Geldstück aus der Hosentasche und reicht es der Freundin. Monika legt es in den Aschenbecher und fährt an, als man erneut das Knacken des Verschlusses vom Einrasten des Gurts hört.

      Auf der B19 herrscht reger Verkehr. Monika fädelt sich vorsichtig ein. Nur langsam kommen sie bis Langenwang voran. Es herrscht Feierabendverkehr Richtung Oberstdorf.

      In Langenwang biegen sie ab und fahren zu Michels Hof am Ortsausgang in Rotfischbach.

      Als sie in den Hof einfahren, springt ihnen bellend der Schäferhund Max entgegen. Monika stellt den Wagen neben die drei Autos, Peters und der Feriengäste, die bereits hier parken. Anne öffnet die Autotür und ruft nach Max. Der stürzt sofort mit dem Schwanz wedelnd und freudig bellend auf sie zu. Er hat Annes Stimme erkannt. Jetzt da der Hund begriffen hat, dass nicht Feind, sondern Freund im Anmarsch ist, beginnt ein großes Begrüßungszeremoniell.

      „Da seid ihr ja endlich“, hören die drei Ankömmlinge die Stimme von Annes Mutter Margarethe. „Ich dachte schon, ihr kommt gar nicht mehr.“

      „Grüß dich Mama“, sagt Anne zunächst um dann hinzuzufügen: „Du weißt doch, dass wir arbeiten. Da geht das nicht so früh.“

      „Hallo