stellt Anne ein Glas Orangensaft vor das Mädchen. „Iss erst einmal, damit du nachher richtig arbeiten kannst.“
„Ich habe aber schon gefrühstückt“, erklärt die Kleine jetzt.
Margarethe lacht. „Kinder haben doch immer Hunger.“
Andrea bestätigt diese Behauptung in dem sie nochmals ins Brot beißt.
Wieder klopft es an die Küchentüre. „Herein“, ruft Peter nun freundlicher. Er kann sich schon denken, wer jetzt kommt. Schließlich sind es immer die gleichen Spielchen.
Andreas Mutter steckt den Kopf zur Tür herein. „Ach, da bist du. Sag mal, man könnte glauben, du bekommst bei uns nichts. Komm, wir wollen gehen.“
„Ich darf aber Michels beim Heuen helfen.“
„Wie bitten?“ Andreas Mutter nähert sich. Sie greift ihre Tochter am linken Unterarm und will sie von der Bank ziehen. „Papa wartet schon im Auto.“
„Peter hat mir versprochen, dass ich helfen darf.“ Andrea weigert sich immer noch der Mutter zu folgen und schaut hilfesuchend Peter an.
„Lassen Sie sie nur da“, mischt sich Anne ein. „Wir gehen nachher alle aufs Feld.“
„Na ja, so ganz recht ist mir das nicht.“
„Da machen Sie sich nur keine Sorgen“, beruhigt Margarethe die zögernde Mutter. „Wir passen schon auf Andrea auf.“
„Na gut“, Andreas Mutter gibt sich geschlagen. Seufzend sagt sie: „Sei schön brav.“ Sie drückt ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn. „Dann bedanke ich mich und schönen Tag allerseits.“
„Schönen Tag“, antworten alle im Chor.
Nach dem Frühstück cremen sich alle außer Margarethe dick mit Sonnenmilch ein. Dann geht es raus an den Hang, der heute gemäht werden soll. Jedes Jahr das gleiche. Dieser Hang ist so steil, dass man mit Maschinen nicht mehr viel machen kann, deswegen ist hier Handarbeit angesagt.
Bis zur Mittagszeit sind sie fleißig. Die Hitze nimmt zu. Auch Andrea müht sich mit dem großen Rechen ab. Nett zuzusehen, wie sich das Mädchen bemüht und nicht locker lässt.
Mittags bringt Margarethe mit dem Jeep Brotzeit und Getränkenachschub für alle. Nach einer halben Stunde Pause geht es weiter. Alles ist gemäht, ausgebreitet zum Trocknen in der Sonne und das erste Mal gewendet.
Rechtzeitig zum Nachmittagskaffee kehrt die Mannschaft zum Hof zurück. Margarethe hat schon draußen den Tisch gedeckt. Zur Feier des Tages und weil alle so fleißig waren, gibt es Johannesbeeren- und Apfelkuchen mit Sahne.
Während die anderen sich die Hände waschen, schaut Markus zuerst nach dem Kälbchen. Er sieht es als sein Kalb an. Zumindest für dieses Wochenende.
In fröhlicher Runde setzen sie sich zusammen. Den Kuchen haben sie sich redlich verdient.
Gegen fünf Uhr gehen Peter und Markus, begleitet von Andrea, in den Stall. Auch dort wartet noch Arbeit.
Die Frauen bleiben noch eine Weile sitzen und unterhalten sich.
„Andreas Eltern werden eine Freude haben, wenn ihre Tochter aus dem Stall kommt“, überlegt Monika und grinst.
„Davon gehe ich aus.“ Margarethe lacht.
Kaum haben sie den Gedanken ausgesprochen, da fährt schon Andreas Familie vor.
Die Mutter ist gleich bei ihnen. „Und, alles gut gegangen?“
„Natürlich“, ist Margarethes beruhigende Antwort.
„Ich versteh das nicht“, wundert sich die Mutter jetzt noch, „sonst geht sie nie so auf Menschen zu.“ Dann ruft sie laut: „Andrea!“
Die drei Frauen schauen Andreas Mutter an. Dann sagt Anne: „Sie hilft im Stall.“
„Sie… Was?“
„Sie hilft im Stall“, bekräftigt Monika die Aussage der Freundin.
Die arme Mutter stöhnt. „Also gut, wenn sie fertig ist, soll sie bitte hochkommen.“
Margarethe nickt. „Richten wir aus.“
Als Andreas Familie im Haus ist, schauen sich Margarethe, Anne und Monika nur an und lachen leise. Sie verstehen sich auch ohne Worte. Das dicke Ende wird kommen, wenn Andrea mit Stallgeruch die Wohnung betreten wird.
Jeder will das schöne Wetter ausnützen und so treffen sich nach dem Abendessen alle wieder draußen. Wie schon gestern werden zwei Bänder in die Bäume gespannt. Volleyball ahoi! Die Mannschaften werden etwas anders verteilt. Alle haben Spaß an dem Spiel.
Etwa um die Uhrzeit wie gestern legen sich Anne und Monika vollkommen erledigt ins Bett.
„Gute Nacht, und schnarch nicht so“, ist alles was Monika noch zu Anne sagt.
Ein müdes „ich schnarch doch nicht“ sagt ihr, die Freundin ist schon beinahe eingeschlafen.
*
Bereits kurz vor sechs wacht Monika auf. Sie ist ausgeschlafen. So leise wie gestern schnappt sie sich ihre Sachen und zieht sich im Badezimmer an. Heute ist noch niemand in der Küche. Monika stiehlt sich aus dem Haus.
Wieder schlägt sie ihren Lieblingsweg ein. Immer wieder wagt sie einen Blick in die Landschaft. ‚Ja, wir im Allgäu sind schon verwöhnt‘, denkt sie sich und atmet tief durch. Die frische Luft tut ihren Lungen gut.
Hinter sich hört sie irgendwann Schritte, die langsam näher kommen. Der Jogger oder die Joggerin ist schneller. Monika lässt sich trotzdem nicht aus der Ruhe und aus dem Tritt bringen. Zurückschauen. Nein, das kommt nicht in Frage. Außerdem, wen kennt sie schon hier.
Die Schritte rücken und werden lauter. Die Person ist auf ihrer Höhe. Es würde Monika schon interessieren, wer da neben ihr läuft, aber sie dreht den Kopf nicht in die Richtung des Verfolgers.
„Na, hallo!“, vernimmt sie einen überraschten Ausruf.
Es hilft nichts, sie muss kurz zur Seite schauen. Doch nur zur Seite schauen bringt nicht viel. Die Person ist um einiges größer. Also hebt sie den Kopf und blickt in Herberts grinsendes Gesicht.
„Hallo“, erwidert sie kurz und hofft, damit die Sache erledigt zu haben. Schließlich rennt der Mensch schneller.
Der Hüne verlangsamt den Schritt und gleicht sich ihrem an. ‚Also auch noch Smalltalk‘, sagt sich Monika.
„Was führt Sie in diese schöne Landschaft?“, fragt Herbert.
„Heuen.“
Monika hört die rhythmischen Schritte neben sich. „Wie bitte?“, kommt die prompte Frage.
„Anne und ich helfen Peter beim Heuen.“
„Da schau an. Der Peter! Stellt Schwarzarbeiter ein!“
„Ganz so ist es nicht“, glaubt Monika erklären zu müssen. „Es ist eher Zimmer und Verköstigung gegen Arbeit.“
„Ach?“, Herbert scheint sich zu wundern. „So nennt man das jetzt.“
„Idiot“, sagt Monika eher zu sich, aber der Mitläufer hat es gehört.
„Das kostet Sie was.“
„Wie bitte?“ Monika weiß nicht recht was er meint.
„Na, der Idiot kostet Sie was.“
Monika geht gar nicht mehr darauf ein und joggt ihren Trott weiter. Vielleicht verschwindet dieser aufgeblasene Lackaffe dann.
„Frühstücken Sie mit mir?“, will er nun wissen.
„Ich?“
Herbert schaut sich um. „Ist hier sonst noch jemand.“
„Also wenn, dann muss ich Sie zu einem Frühstück einladen.“