Peter U. Schäfer

Erleuchtet? Im Namen des Volkes...


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dieser Zeit getan?“ Johann horchte auf. Der sprach von Petra. „Wie geht es Petra, wo ist sie? “ „Frau Schöne wurde nach der Unterzeichnung des Protokolls entlassen. Auch Sie werden nach Hause gehen können, sobald Sie uns Wahrheit gesagt haben. Das entscheidet zwar der Staatsanwalt, aber ich werde mich für Sie in diesem Falle verwenden.“

      Petra war zu Hause. – Johann atmete tief durch. „Ich verlange, sofort freigelassen zu werden. Sie haben nichts gegen mich in der Hand, denn ich habe den Brand nicht gelegt.“ Johann rafft seine gesamte Widerstandskraft zusammen. Nachdem sie Petra entlassen hatten, mussten sie doch nun auch ihn gehen lassen. „Das können Sie sich abschminken. Sie bleiben so lange hier, wie ich das für richtig finde.“ „Ich möchte etwas zu trinken und zu essen, ich bin müde und ich will schlafen.“ „Wir setzen die Vernehmung fort, wir beginnen nochmals mit der Vernehmung zur Person.“ Der Hauptmann stellte die Fragen, Johann antwortete. Es waren immer dieselben Fragen.

      Johann schreckte auf. Hatte er geschlafen? Die Protokollantin hatte er überhaupt nicht kommen hören. Seit wann war sie wieder da? „Schlafen Sie nicht ein! “, wurde er von dem Hauptmann angebrüllt. Auch der wirkte erschöpft. „ Stehen Sie auf, ich denke, das wird Sie aufmuntern.“ „Wie spät ist es?“, Johanns Frage war leise gestellt und kaum zu verstehen.

      „1:15 Uhr“. Die Sekretärin handelte sich von Hauptmann Hammer mit „Sie halten den Mund“ eine deftige Rüge ein. Schon wieder waren mehr als fünf Stunden nach der Unterbrechung des Verhörs am gestrigen Abend vergangen, wie lange soll das noch gehen? „Warum quälen Sie mich so, lassen Sie mich doch in Ruhe, wenn Sie doch alles besser wissen.“ Johann flüsterte die Worte, seine Stimme zitterte. Er konnte kaum noch die Augen aufhalten, er schwankte. „Sobald Sie mir die Wahrheit sagen, also was tatsächlich am Freitag passiert ist, wird die Vernehmung beendet sein. Sie erhalten dann zu essen, können sich waschen und schlafen gehen oder, wenn der Kreisstaatsanwalt zustimmt, können Sie nach Hause gehen.“ Die Sache dreht sich im Kreis. Johann weiß nicht mehr ein noch aus. Was will der von mir hören, der Tagesverlauf wurde doch nun schon viele Male durchgegangen?

      „Mann, reißen Sie sich zusammen! “, hörte Johann gerade noch, dann stürzt er von dem Stuhl auf den Boden. Er schlug schwer mit dem Kopf auf, ihm schwanden die Sinne. Als er wieder zu sich kam, saß er erneut auf dem Stuhl, und die Sekretärin hatte ihm ein feuchtes Handtuch über die Stirn gelegt. Er hatte rasende Kopfschmerzen, aber die Hände waren weiter gefesselt. Ob die Kopfschmerzen durch den Sturz oder durch die Erschöpfung verursacht waren, Johann war dies gleichgültig. Er war völlig apathisch. „Wollen Sie der Sache nicht doch ein Ende machen?“, fragte der Hauptmann. Johann standen die Tränen in den Augen. Sein Widerstand brach zusammen. Er bestätigte alle ihm gemachten Vorhalte, es sollte endlich Schluss mit der Quälerei sein. Der Hauptmann diktierte, Johann Klinger habe sich am Freitag nach 19:00 Uhr etwa 20 bis 30 Minuten im Betriebsgelände aufgehalten. In dieser Zeit habe er sich für einige Minuten von Petra Schöne entfernt und sei dann wieder zu ihr gestoßen. Sie habe während dieser Zeit die Instrumententeile in ihrem Arbeitszimmer auf dem Schreibtisch zurechtgelegt und in den mitgebrachten Beuteln verstaut. Die Gegenstände wurden dann von beiden aufgenommen und zu dem Pkw Trabant getragen.

      „Ist das richtig?“ Johann konnte nur noch schwach den Kopf bewegen. Der Hauptmann wertet dies als Zustimmung und diktiert weiter:„Während meiner Abwesenheit von Petra begab ich mich in verschiedene Teile des Betriebes, stellte die Brandsätze auf und entzündete die Kerzen. Die Brandsätze bestanden jeweils aus vier geprägten Würfeln des Kohlenanzünders, auf die ich die Kerzen stellte. Unter die Kerzen und unter die Stücke von Kohlenanzünder legte ich Löschpapier.“ Die Protokollantin übertrug das Diktat des Hauptmanns in das Protokoll. Der Hauptmann überzeugte sich immer wieder, ob sein Diktat korrekt übertragen wurde. „Hat es sich so abgespielt?“ Johann reagierte nicht auf diese Frage, der Hauptmann bewertete auch dies als Zustimmung, also diktierte er weiter: „Den Kohlenanzünder, die Haushaltskerzen und das Löschpapier habe ich von zu Hause in einem Stoffbeutel mitgenommen. Wir hatten mehrere Stoffbeutel dabei, die waren zum Transport der Instrumententeile gedacht. Dass ich Kohlenanzünder, Haushaltskerzen und Löschpapier dabei hatte, wusste und bemerkte Petra nicht.“ Auch auf diesen Teil des Zitats reagierte Johann nach Aufforderung mit einer Kopfbewegung, die der Hauptmann als Zustimmung wertete.

      „Ich wollte den Betrieb niederbrennen. Das erschien mir die einzige Möglichkeit, Petras alsbaldige Zustimmung zu einem Ortswechsel zu erhalten. Wenn es den Betrieb über eine absehbare Zeit nicht mehr gab, dann konnte auch die Bindungsverpflichtung der Absolventenlenkungsverordnung für Petra nicht mehr greifen und ihr würde die Entscheidung leichter fallen“, fuhr der Hauptmann mit dem Diktat des vermeintlichen Motivs fort. Hauptmann Hammer sah zufrieden von dem eingespannten Schreibpapier auf. Er stand hinter der Protokollantin und beobachtet die korrekte Aufnahme seines Diktats in das Protokoll. Er hatte nach dem Geständnis soeben auch das Motiv des Täters diktiert. Nachdem Johann Klinger auch diese Passagen des Protokolls scheinbar bestätigt hatte, entnahm die Protokollantin auf Anweisung des Hauptmanns die vier im Durchschreibverfahren beschriebenen Seiten aus der mechanisch betriebenen Schreibmaschine, das Kohlepapier wurde entfernt und gesondert von ihr abgelegt. Die einzelnen Seiten legte sie in der richtigen Reihenfolge aufeinander und heftete sie noch provisorisch zusammen. Der Hauptmann nahm das Protokoll und las es nochmals durch. An einzelnen Stellen auf verschiedenen Seiten korrigierte er mit Hand den Text.. Danach er legte die vier Ausfertigungen auf den Schreibtisch und schloss die Handschellen von Johann Klinger auf.„Lesen Sie das Protokoll und unterschreiben Sie“, forderte er seinen Gefangenen auf.

      Johann war zum Lesen des Protokolls nicht mehr fähig. Die Buchstaben verschwammen auf dem Papier. Bei der Unterschrift musste jede Seite von dem Vernehmer umgeblättert werden, Johann war auch dazu nicht mehr in der Lage. Er konnte die Seiten nicht in die Hand nehmen, zu sehr zitterten ihm die Hände. Die Zeit, die beim Umblättern und zum Lesen eingeräumt wurde, hätte auch einem geübten und konzentrierten Leser nicht genügt, um auch nur die Hälfte des Textes inhaltlich zu erfassen. Der Hauptmann zeigte Johann auf jeder Seite die Stelle, an der er zu unterschreiben hatte. Teilweise zeichnete er auf Anweisung des Hauptmanns auch von diesem korrigierte Textpassagen mitten auf der jeweiligen Seite ab. Endlich war auch das geschafft. Johann Klinger wurde nun in einem Waschraum gebracht. Hier konnte er sich an einem Waschbecken die Hände waschen. Danach brachte man ihn in die Zelle zurück. Dort stand in einer Kanne aus Metall Kaffee, eine Tasse und ein Teller mit mehreren belegten Brötchen. Nachdem er ein Brötchen gegessen und etwas getrunken hatte, sank Johann auf das Bett und schlief sofort ein. Es war Dienstag, der 1.10., etwa um 5:00 Uhr. Genau konnte er die Zeit nicht bestimmen, denn bei seiner Einlieferung in das Volkspolizeiamt hatte man ihm seine Armbanduhr abgenommen.

      Hauptmann Hammer hatte sich für kurze Zeit in einem Bereitschaftsraum des Volkspolizeikreisamtes hingelegt. Gegen 8:00 Uhr wurde er durch einen Telefonanruf des Diensthabenden Offiziers nach dem zuvor erteilten Weckauftrag geweckt. Er ging in einen Waschraum und machte sich frisch. Dann ging er in die Telefonzentrale und rief bei der Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit an. Er wurde mit Generaloberst Hartmann verbunden. „Genosse Generaloberst, ich berichte über die Vernehmung des Klinger.“ Der Hauptmann berichtete über das Geständnis des Johann Klinger. „Es war ein schweres Stück Arbeit. aufgrund der Dauer der Vernehmung habe ich auf die Schilderung weitere Einzelheiten durch den Täter verzichtet. Das wird in den späteren Vernehmungen nachgeholt werden.“

      „Ich gratuliere Ihnen. Ich werde Ihre energische und zügige Arbeit in dem Bericht an den Genossen Minister ausdrücklich erwähnen“, reagierte der Generaloberst.„Vielen Dank, Genosse Generaloberst. Ich schlage vor, einen Haftbefehl zu beantragen und werde inzwischen den Genossen Kreisstaatsanwalt entsprechend informieren, falls Sie mit dieser Vorgehensweise einverstanden sind.“ „Ja, tun Sie das. Ich werde den Vorschlag beim Staatsanwalt des Bezirkes unterstützen. Wie gehen Sie dann weiter vor?“„Wir müssen die Ergebnisse der Spurenauswertung durch die Kriminaltechniker und das vorläufige Gutachten des Brandsachverständigen abwarten. So bald weitere Untersuchungsergebnisse und das Gutachten vorliegen, werde ich die Vernehmung des Klinger fortsetzen. Außerdem werden Ermittlungen im Umfeld des Beschuldigten durchgeführt und die Ermittlungen im Bereich der Mitarbeiter des Unternehmens werden fortgesetzt.“ „Gut, fahren Sie so fort. Wenn Sie Unterstützung benötigen, rufen Sie den Genossen