Jennifer Scheil

P.E.M. Projekt Evolution Mensch


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baute sich Samantha mit in den Hüften gestemmten Fäusten vor ihm auf. „Jetzt hören sie mir mal zu, sie eingebildeter, selbstverliebter, egozentrischer Macho. Oh nein, wagen sie es nicht, mich zu unterbrechen! Sie zerfließen hier im Selbstmitleid und gehen mit ihren Launen allen auf die Nerven. Die Hilfe, die ihnen gegeben wird, treten sie mit Füßen. Ich maße mir nicht an, zu wissen, was mit ihnen da draußen im Wald passiert ist. Doch ist das noch lange kein Grund, anderen, die nichts weiter damit zu tun haben, außer dem, dass sie ihnen helfen, das Leben zur Hölle zu machen!

      Ich habe von ihnen keinen Dank erwartet, jedoch erwartete ich ein zivilisiertes Verhalten und nicht das Trotzverhalten eines Dreijährigen. Ich hätte sie dort liegen und verrotten lassen sollen. Aber nein, stattdessen nehme ich die lästigen Fragen, Blicke und Schmähungen auf mich und meine Familie, nur um von ihnen noch schlechter behandelt zu werden. Von mir aus können sie weiter den verwöhnten Jungen spielen, aber dann verzichte ich darauf, mich weiter mit ihrem Starrsinn abzugeben.

      Sollten sie jedoch ihre Ansichten, wider Erwarten ändern- Dr. Schmidt weiß, wie wir zu erreichen sind. Und bis dahin, “ sie drehte sich um und schritt durch die Tür, „werden sie auf meine ihnen offensichtlich unbehagliche, Gesellschaft verzichten müssen!“ Mit einem Knall schlug sie die Tür hinter sich zu und ließ einen sichtlich

      irritierten Mann zurück.

      Das hatte gesessen! Ihm war, als würden ihm noch immer die Ohren klingeln. Wie es jemand schaffte, vor Wut regelrecht zu schäumen und trotzdem gut artikulierte Sätze zu bilden, war ihm schleierhaft. Noch dazu die vielen beleidigenden Ausdrücke, die sie für ihn gefunden hatte. Außerdem hatte sie nicht ein bisschen Angst gezeigt. So viel Courage war bemerkenswert, wirklich bemerkenswert.

      Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Dieses hübsche junge Ding gefiel ihm ausnehmend gut und er war ihr wirklich dankbar, dass sie ihn aus dem Wald rausgeschafft hatte. Aus welchem Grund auch immer er dort gewesen war. Er nahm sich vor, sich bei ihr zu entschuldigen. Ein Stöhnen entfuhr ihm, als er daran dachte, bei wem er sich noch alles entschuldigen musste. Das konnte ja heiter werden. Doch sie hatte ja mit allem Recht gehabt. Ich werde ihr zeigen, dass ich ihrer Hilfe würdig bin. Und vielleicht kann ich mich ja bei ihr irgendwann revanchieren.

      Ja das würde er, doch in einem Umfang, den er nicht einmal zu träumen wagte!

       ****

      Ein Knall ließ die Fenster erzittern. Jonas, der die Ursache herausfinden wollte, steckte seinen Kopf durch die Küchentür. Nur, um ihn gleich wieder, fluchtartig, einzuziehen.

      Den Luftstoß spürend, sah er eine Tasche durch den Flur und an die gegenüberliegende Wand fliegen, wo sie krachend zu Boden ging. Unter der Tasche bildete sich langsam eine Pfütze, die sich über die Fliesen und den Läufer ungehindert ausbreitete. Der Farbe nach könnte man meinen, dass Domino sich hier erleichtert hatte, nur das, Samantha gerade eine der Saftflaschen so zugerichtet hatte, dass man für diese kein Pfand mehr bekommen würde.

      Den Grund für ihr nicht zu übersehen wütendes Verhalten konnte er nur erahnen. Jedoch hatte er da so eine Vermutung.

      „Wie geht es heute unserem Mr. X? Geht es ihm schon besser?“ Funken sprühende, jetzt grün schimmernde Augen bedachten ihn mit einem Blick, dass er es bereute,

      überhaupt den Mund aufgemacht zu haben. „Wie es diesem ´Etwas´ geht, ist so was von unwichtig. Aber wenn es dich so brennend interessiert, dann frag doch im Krankenhaus nach. Ach übrigens,“ sie war mittlerweile am oberen Treppenabsatz angekommen und öffnete ihre Zimmertür, „würde ich es begrüßen, wenn dieser Name nicht mehr in meiner Gegenwart genannt wird!“ Krachend fiel die Tür hinter

      ihr ins Schloss.

      Sich am Kopf kratzend, lächelte Jonas still vergnügt in sich hinein. Er kannte seine Enkeltochter ziemlich gut und hatte sie noch nie so wütend erlebt. Junge, Junge, da hast du aber einen Sturm heraufbeschworen. Ich hoffe, dass dir sehr schnell einfällt, wie du ihn wieder besänftigen kannst. Ich möchte jetzt nicht in deiner Haut stecken!

      Ein leises Winseln lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Verbindungstür zum Garten. Dort stand Domino, die ihn mit eingeklemmtem Schwanz und aus traurigen, verständnislosen Augen ansah.

      Jonas ging vor der Hündin in die Hocke, um ihr tröstend übers Fell zu streicheln. „Oh je, da kommt ja einiges auf uns zu, was mein Mädchen!?“

      Domino leckte ihm für seinen Trost dankend die schwieligen Hände.

      „Ich glaube jetzt muss der alte Knochen doch noch mal in die Schlacht ziehen. Auch wenn ich ehrlich gesagt, diesmal als Vermittler auch gehörig ins Schwitzen geraten werde!“

      Am Abend war von Samantha noch immer nichts zu sehen. Zum Abendessen erschien sie ebenfalls nicht, obwohl Jonas es mit Engelsgeduld versucht hatte und sie, durch die geschlossene Tür hindurch, gebeten hatte, zum Essen zu kommen. Tom war das Verhalten seiner großen Schwester unverständlich und er machte sich so seine eigenen Gedanken. Samanthas Mutter hingegen war mehr dazu geneigt, ihre Tochter, ihrem Widerstand zum Trotz, aus ihrem Zimmer zu zehren. Domino die das Verhalten ihrer Menschen, insbesondere das ihres innig geliebten Frauchens, nicht verstand, hatte sich in ihre Ecke zurückgezogen und kam auch auf gutes Zureden hin nicht aus ihrer Zuflucht heraus.

      Tom stocherte in seinem Joghurt herum und grübelte. „Opa, hat jemand Sammy wehgetan oder warum ist sie so böse?“

      „Nun, “ Jonas sah seinem Enkel in die Augen. „Sammy hat jemandem geholfen und der braucht immer noch Hilfe. Doch sieht derjenige das nicht und beleidigt Sammy. Das tut ihr sehr weh!“

      Tom sah seinen Großvater mit seinen klaren, blauen Augen an. „Der Mann aus dem

      Wald, oder? Nun, dann werde ich einfach mit ihm reden.“ Tom drückte seinen Rücken durch und richtete sich so zu seiner vollen Größe auf. „Ich werde ihm schon zeigen, dass man Sammy nicht wehtun darf!“ Mit sich selbst zufrieden löffelte er seinen Joghurt ohne eine weitere Unterbrechung auf.

      Jonas musste lächeln. Ja, seine Enkel waren doch sehr starke, selbstbewusste und oft, zum Leidwesen anderer, dickköpfige Persönlichkeiten. Wütend funkelnde, blaugraue Augen ließen das Lächeln in seinem Gesicht erfrieren. Nicht nur seine Enkel!

      „Du brauchst gar nicht so zu grinsen, Vater! Ich kann nicht sagen, dass ich das Verhalten meiner Kinder gutheißen kann. Auch wenn es verständlich ist.“ Anna richtete ihren Blick auf Tom und legte ihm eine Hand auf den Arm.

      „Ich finde es gut, dass du zu deiner Schwester hältst. Doch sie ist schon neunzehn Jahre alt und sollte somit in der Lage sein, ihre Probleme selbst zu lösen. Und wenn dies nicht der Fall ist, “ nun sah sie wieder ihrem Vater in die Augen „dann sollte sie soviel gelernt haben, dass sie von sich aus um Hilfe bitten kann!“ Den Stuhl energisch zurückschiebend stand sie auf. „Jetzt werde ich dem ein Ende machen!“ Als sie den Raum verließ und zur Treppe schritt, wand sie sich noch einmal um. „Ach Dad, während ich ein `Mutter – Tochter – Gespräch` führe, könntest du im Krankenhaus anrufen und mal nachfragen, wann dieser Streitpunkt entlassen werden kann?“ Mit einem Auge zwinkernd lächelte sie. „Sag ihnen ruhig, dass wir ihn auch zu denn Untersuchungen ins Krankenhaus fahren würden. Wir wären jederzeit bereit, ihn abzuholen!“

      Mehr als bereit, eilte Jonas zum Telefon, um die Sache in Schwung zu bringen. Es bedurfte in den ganzen neununddreißig Jahren kaum längere Erklärungen. Jonas und Anna hatten sich schon immer mit nur wenig Worten verstanden. Somit wusste er genau, was seine Tochter beabsichtigte und es gefiel ihm so gut, das er schmunzeln musste.

      Vor der Tür holte Anna tief Luft. Es war nicht leicht, mit Samantha zu reden wenn sie richtig wütend war. Und dieses Mal war sie so wütend wie noch niemals zu vor. Der Instinkt einer Mutter trügt jedoch sehr selten. Somit glaubte sie zu wissen, warum ihrer Tochter das Verhalten dieses Mannes, so zu Herzen ging. Ein gequältes „Herein“ erklang als Antwort auf ihr Klopfen. Leise die Tür öffnend trat Anna ins Zimmer. Was sie da sah, bestätigte nur ihre Vermutung. Samantha weinte selten und konnte, was Beleidigungen anbelangt, einiges wegstecken. Darin hatte sie ja, leider,

      viel