Jennifer Scheil

P.E.M. Projekt Evolution Mensch


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Erscheinung. Äh, wie groß sind sie? Circa Einsneunzig würde ich sagen. Doch sehr beeindruckend. Da kommt so ein alter Knochen wie ich gar nicht mit.“

      „Es sind genau Einszweiundneunzig. Ihre Schätzung lag nicht weit daneben. Und so ein alter Knochen sind sie doch gar nicht, Herr Brand.“ Die junge Schwester, Jonas war ihr Name entfallen, trat mit einem scheuen Lächeln ins Zimmer und überreichte ihm die Entlassungspapiere. „Meine Liebe, sie wollen einen alten Mann nur verlegen machen. Ich könnte doch schließlich euer Großvater sein!“

      „Da hätte ich nichts dagegen. Dr. Schmidt lässt ausrichten, dass er es begrüßen

      würde, Mr. X erst in zwei Tagen wieder sehen zu müssen.“

      Neben Jonas tretend legte dieser Hüne von Mann der kleinen Schwester eine seiner Pranken auf die linke Schulter. Sie zuckte unter der Berührung leicht zusammen.

      „Ich weiß, Schwester Mona, dass ich das Gesagte nicht ungeschehen machen kann.“ Seine tiefe, wohlklingende Stimme mit dem leichten Akzent wurde noch eine Spur sanfter, als er ihr in die Augen blickend fortfuhr. „Doch hoff ich, dass sie mir eines Tages verzeihen können.“

      Mit einem scheuen Lächeln, sah Schwester Mona zu ihm auf. „Ich wünsche ihnen alles Gute und hoffe, dass sie ihre Erinnerung schnell wieder erlangen.“

      „Thanks!“ Zur Tür gehend, streifte er sich das T-Shirt über und drehte sich noch einmal um. „Was is nun, old boy, sollten wir nicht gehen?“ Hastig schloss Jonas zu

      ihm auf. „Sicher, mein Jung. Doch sollten wir auch ein Wörtchen miteinander wechseln, während wir uns auf den Heimweg machen.“

      Lächelnd wand Mr. X seinen Kopf in Jonas Richtung. „All right!“ Dass dieser alte Mann etwas auf dem Herzen hat, sieht selbst ein Blinder. Nun ich glaube, dass es mir nicht schmecken wird, sollte er erst mal in Fahrt sein. Obwohl es, denk ich, meine eigene Schuld ist.

      Doch musste er noch auf die Standpauke warten. Jonas hüllte sich in Schweigen. Er machte den Eindruck, als müsse er sich genau auf den Weg durch das Krankenhaus konzentrieren.

      Dass der Alte diesen Weg ganz genau kannte, wusste Mr. X. Beließ es aber dabei und störte ihn nicht in seinen Gedanken Und so schritten der Alte und der Junge durch die Korridore und durch das Hauptportal hinaus ins Freie.

      Erst als sie im Auto saßen und Jonas den Kadett in den fließenden Verkehr eingefädelt hatte, beendete er das Schweigen. „Nun, wie ich sehe, passen ihnen die Sachen. Es war nicht leicht etwas zu finden, was ungefähr ihrer Größe entspricht.“

      „Sie pass’n gut, thanks.“

      „Das freut mich, aber bedanken sollten sie sich bei Samantha. Sie war diejenige, die durch die Geschäfte gezogen ist, um etwas Passendes zu finden.“ Jonas sah zu seinem Beifahrer hinüber. „Und das ist nicht das Einzige, was sie für sie getan hat. Das Mädel hat einiges einstecken müssen seitdem bekannt geworden ist, dass sie einen Fremden gefunden hat. So was spricht sich leider sehr schnell rum und für uns

      kommt das, einer ansteckenden Krankheit gleich. Die Gerüchteküche brodelt. Aufgrund von Ereignissen, die ich hier nicht wieder geben möchte, hatte sie es noch nie leicht mit ihren Mitmenschen auszukommen. Jeder Tag ist ein Kampf.“ Mit Schwung nahm Jonas die Ausfahrt und fuhr auf die Landstraße. „Dank ihnen muss sie nun jeden Tag zwei Schlachten schlagen!“

      Jonas bemerkte, dass sich sein Beifahrer gar nicht mehr wohl fühlte. Er sackte sichtlich in sich zusammen und in seinem Gesicht war der innere Kampf abzulesen, denn er gerade ausfocht.

       Das klappt ja besser als ich dachte. Er reimt sich alles ganz allein zusammen.

      Jonas hatte ganz recht mit seiner Annahme. Sein Beifahrer fühlte sich ganz und gar nicht mehr wohl, in seiner Haut. Von Dr. Schmidt, hatte er schon einiges über die Brands und über die Geschichten, die über diese Familie erzählt werden, gehört. Das,

      was er jetzt vom Oberhaupt dieser Familie gehört hatte, machte ihn wütend auf sich

      selbst. Wenn er das Gehörte mit seinem Verhalten in den letzten Wochen verglich, fühlte er sich richtig mies. Und er fand, dass Samantha noch viel zu freundlich zu ihm gewesen war. Oje, John da hast du einiges wieder gut zu machen! John? Ja, so ist mein Name. John Heart und ich bin Amerikaner! Aber das sollte ich vorerst für mich behalten.

      Jonas, dem das kurze Aufleuchten in den Augen von John entgangen war, fuhr für Johns Gefühl viel zu schnell durch die nächste Kurve. Doch hielt er den Mund und

      versucht stattdessen, seinem verschütteten Gedächtnis weitere Informationen zu entlocken. Wenn ich schon meinen Namen weiß, muss da doch noch mehr sein!? „Als sie mich fanden, haben sie auch eine Brieftasche oder etwas ähnliches gefunden, was auf my Identität hinweist?“

      „Tut mir Leid mein Jung, aber wir haben den näheren Umkreis mehrfach abgesucht.

      Wir fanden nichts außer ein paar Stoffstreifen, die unweigerlich von ihrer Kleidung stammten“

      „Hm, wie kamen sie auf den Namen Mr. X?“

      Jonas grinste.„Tja, ganz einfach. Erst einmal ist eure Herkunft nicht bekannt, also X. Des Weiteren, ist es ihnen nicht aufgefallen, dass sie Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache haben? Sie sind unweigerlich ein Amerikaner, also „Mr“!“

      John sah zu Jonas hinüber. „Wie kommen sie drauf? Ich könnte doch auch ein Engländer sein!“ Jonas sah ihn an, als hätte er gerade behauptet, die Sonne sei lila. „Nein, beim besten Willen nicht. Für einen Engländer sind sie viel zu kräftig gebaut!“

      Die restliche Fahrt verbrachten sie schweigend. Jeder hing seinen Gedanken nach.

      Überschrift 2

      Aufmerksam sah sich John um. Das Dorf war recht klein und schien um alte Bauernhäuser herum gebaut worden zu sein. Die Hauptverkehrsstraße, auf der sie fuhren, schien die einzig große und gut asphaltierte Straße zu sein. Sie zog sich durch den ganzen Ort. Es bestand zum Großteil aus alten Fachwerkhäusern, die in großen Gärten von alten Obstbäumen beschattet wurden. Ein paar neuere Häuser mit kleineren Gärten standen dicht zusammen und machten den Eindruck einer kleinen separaten Gruppe in einem großen Ganzen. Ein kleiner Lebensmittelladen, ein Metzger, eine kleine Bäckerei, sowie eine Post waren der einzige Luxus, den er zu sehen bekam.

      Einem Linienbus ausweichend fuhr Jonas aus dem Dorf hinaus und bog in einen Feldweg. Der alte Kadett klapperte und ächzte, als er sich über den vom Regen teilweise ausgewaschenen Weg plagte. John bemühte sich die holpernden Bewegungen des Autos mit zu machen, um seinen noch immer schmerzenden Kopf zu entlasten.

      Jonas, der das verkrampfte Gesicht sowie die Bemühungen von John bemerkte, quittierte dies mit einem Grinsen, fuhr deshalb aber nicht langsamer. Im Gegenteil. Er fuhr nun durch jedes Schlagloch, das sich in Reichweite der Reifen befand.

      „So, da wären wir!“ Jonas bog in die nächste Kurve und John bekam das Haus zu Gesicht. Es war ein kleines Fachwerkhaus, das geschützt zwischen großen Fichten stand.

      Hier musste man schön und in Ruhe leben können. Nach dem was John alles wusste, freute er sich darüber, dass diese netten Menschen hier ihre Zuflucht hatten und etwas geschützt vor den Gemeinheiten waren. Laut hupend, fuhr Jonas den Wagen in einen grob zusammengezimmerten Unterstand. Als sie ausstiegen, kam ihnen mit lautem Gebell Domino entgegen. Die Hündin stoppte ihren schnellen Lauf kurz bevor sie die Männer erreicht hatte und kam nun langsam und vorsichtig näher. John ging in die Hocke und legte seine Unterarme locker auf die Oberschenkel.

      Lockend streckte er die rechte Hand aus. „Ja, hallo du. Du bist aber eine Schöne. Komm ruhig her zu mir! Na komm, das is schon okay!“

      Geduckt und leise fiepend, kam die Hündin auf ihn zu. Vor ihm angekommen leckte

      sie ihm die Hände und drückte ihre Schnauze, in seine hohle Hand. Jonas trat neben die Beiden. „Sie war es die sie gefunden und Samantha