Jennifer Scheil

P.E.M. Projekt Evolution Mensch


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      Während er sich die Schuhe band, sah Jonas zu John auf. „Wären Sie …“

      John grinste. „Du“

      „Was? Na, meinetwegen. Wärst du bitte so freundlich und kümmerst dich um das Essen. Du musst nur darauf achten, dass es nicht anbrennt. Wenn die Schaltuhr piept, bitte ausschalten und die Spaghetti abgießen.“ Bevor John überhaupt die Gelegenheit hatte, etwas darauf zu erwidern, war Jonas schon aus dem Haus und zum Auto geeilt. Achselzuckend wandte sich John Domino zu. „Ja dann wollen wir mal.“

      John war mit dem Tischdecken fast fertig, als er hörte, wie der alte Kadett rumpelnd in den Unterstand fuhr. Kurz darauf vernahm er das Klappen der Türen und ein helles Kinderlachen, das eine freudig bellende Domino begrüßte. Das Bild der strahlenden Jessica schlich sich wieder in seinen Kopf. Fahrig wischte John sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, er musste sie endlich schneiden, und schritt zur Verbindungstür. Nach draußen blickend, gewahrte er einen kleinen Jungen. Unter der dunkelblauen Schirmmütze lugten dunkelblonde Haarsträhnen hervor. So wie er da breitbeinig, mit blauer Latzhose und weißem T-Shirt bekleidet, stand, machte er den Eindruck eines kleinen aufgeweckten Kerlchens, der die Welt für sich entdecken wollte. Lächelnd öffnete John die Tür und trat auf die, das ganze Haus umschließende, Veranda hinaus.

      Tom, der mit Domino auf das Haus zugerannt kam, stockte und sah den Fremden mit großen Augen an. Aus seiner Sicht war John ein Riese und das plötzliche Auftauchen tat sein Übriges. Dann ging eine Veränderung mit dem Jungen vor. Der Körper straffte sich und, den Rücken durchdrückend, stelzte Tom auf John zu. Dicht

      vor ihm baute er sich breitbeinig mit in die Hüften gestemmten Fäusten auf. Den Blick herausfordernd, warf Tom den Kopf in den Nacken.

      „Du dummer, großer Kloß. Sammy hat dir geholfen, sie war oft so müde und hat wegen dir viel geweint. Wenn sie wieder weinen muss und du ihr weh tust…“ Tom neigte den Kopf vor und verengte seine Augen, während er eine dramatische Pause einlegte. „… haue ich dich zu Mus. Dass du es weißt!“ John, der versuchte seine Belustigung nicht zu zeigen, ließ sich in die Hocke nieder. Ernst sah er dem Kind in die Augen. „Ich verspreche dir, dass ich Samantha nicht mehr wehtun werde. Sie soll wegen mir nicht weinen. Das möchte ich nicht!“ John reichte dem Jungen lächelnd seine rechte Hand. „Partner?“ Grinsend legte Tom seine kleine Hand in die große

      Pranke und fasste so fest zu, wie er konnte. „Partner!“

      „Ich weiß ja nicht, wie das mit Euch ist, aber ich habe Hunger!“ Jonas, der durch die Eingangstür das Haus betreten hatte, stand mit einem dampfenden Topf mitten in der Küche. Mit dem Fuß stieß er die Verbindungstür auf.

      John sah Tom in die Augen. „Also ich sterbe fast vor Hunger, und du?“ Tom strahlte. Mit heftigem Nicken bekundete er, dass er ebenfalls Hunger verspürte.

      Sich aufrichtend fasste John die Hand des Jungen. Gemeinsam gingen sie in die

      Küche und nahmen am Tisch Platz. Jonas begann augenblicklich zu schnauben. „Also, was sind das denn für Manieren?! Zum Hände waschen, alle Beide und keine Widerrede! Mit dreckigen Fingern kommt mir niemand an den Tisch. Ab, Marsch, Marsch!“ Wild gestikulierend trieb er die Beiden aus der Küche ins Bad, aus dem er dann lautes Lachen und Quietschen hörte. Jetzt spielen die da herum. Also so was! Als Tom ihn so anschnauzte, befürchtete ich schon das Schlimmste. Aber er hat sich ja ganz gut verhalten. Seine korrekte Aussprache scheint der Kerl auch wieder gefunden zu haben. Wenn man ihn jetzt hört, würde man ihn nicht für einen Ausländer halten. Bemerkenswert!

      John kam lachend in die Küche. Bäuchlings, hing Tom über seiner rechten Schulter und versuchte John an allen nur erdenklichen Stellen zu kitzeln. Dabei konnte er sich selbst kaum halten vor Lachen. Als sie sich dann endlich setzten, häufte Jonas ihnen das Essen auf die Teller. Dabei beobachtete er John genau.

       Da benötigte dieser Mann nur ein paar Minuten und schon frisst ihm Tom regelrecht aus der Hand. Es ist einfach unglaublich!

      In dem Moment kam Anna, von den Dreien völlig unbemerkt, dazu. Was sie zu

      sehen bekam, erstaunte und amüsierte sie zu gleich. Da saß ihr sonst zurückhaltender Sohn mit einem ihm fremden Mann am Tisch und alberte mit diesem herum. Fasziniert schüttelte sie den Kopf, als sie sah, mit welcher Hingabe auch Domino an dem Mann hing. Doch sie konnte nicht leugnen, dass dieser Mann durchaus etwas Anziehendes an sich hatte, so wie er da am Tisch saß und sich lachend, der spielerischen Bockshiebe von Tom zu erwehren versuchte.

      Durch ein Räuspern machte sie sich schließlich bemerkbar. Wie ein Mann drehten sich die drei Köpfe in ihre Richtung, während Domino ihr zur Begrüßung mit der Schnauze gegen die Hand stieß.

      „Na, das ist ja eine nette Gesellschaft. Ist es erlaubt, sich dazu zu setzten?“ John

      erhob sich, trat zum noch freien Stuhl und bot ihn Anna mit einer galanten Handbewegung an.

      Sichtlich geschmeichelt lächelte sie und setzte sich, um sich von John an den Tisch schieben zu lassen. Nun, Manieren scheint er zu haben. Noch dazu von der besten Sorte. Anscheinend hat er sich besonnen. Sammy, ich glaube du hast dir umsonst Sorgen gemacht! „Das riecht wieder mal vorzüglich. Was hast du heute für uns gezaubert, Dad?“

      „Spaghetti mit Soße, alla Brand“ Anna nahm eine Gabel voll und verzog

      genießerisch das Gesicht, als sie sich die Soße auf der Zunge zergehen ließ. „Einfach köstlich! Wie hast du sie zubereitet?“ Jonas grinste und hob einen Zeigefinger. „Das meine Liebe, ist mein kleines Geheimnis. Du darfst zwar alles Essen, aber nicht alles wissen!“ Anna wand sich John zu. „Sie waren doch hier, als er sie zubereitete, können sie mir sagen, wie er es gemacht hat?“ John schüttelte bedauernd den Kopf. „Tut mir leid. Ich weiß es wirklich nicht. Er hatte mich ja regelrecht aus der Küche raus geworfen!“

      „Schade!“

      Das weitere Essen verlief still, von kleinen Neckereien zwischen John und Tom abgesehen. Danach bot sich John an, das Geschirr zu spülen. Nachdem Jonas, mit Tom und Domino im Schlepptau, die Küche verlassen hatte, griff sich Anna ein Geschirrtuch und machte sich daran, das Geschirr ab zu trocknen. Die Reste hatte sie extra abgefüllt und in die Mikrowelle gestellt.

      John verfolgte ihr tun aufmerksam. „Wann kommt Samantha nach Hause?“

      „Sie müsste eigentlich in einer Stunde hier sein.“ Anna sah zur großen Küchenuhr.

      „Ja, heute ist Dienstag. Dann müsste sie mit dem 15 Uhr Bus ankommen!“ Sie sah John in die Augen. „Es sei den, sie ist erst ins Krankenhaus gefahren.“

      „Willst du damit sagen, dass sie nicht weiß, dass ich hier bin? Nun, da kommt dann ja Einiges auf mich zu. Ich kann es ihr ja nicht einmal verübeln. So wie ich sie behandelt habe, ist es ein Wunder, dass sie mich überhaupt hat leben lassen.“ Seufzend, strich er sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich weiß nicht, wie ich es schaffen soll, mich bei ihr zu entschuldigen, ohne dass sie mir die Augen auskratzt!“ Sein Blick glitt Hilfe suchend zu Anna. Abwehrend hob diese die Arme. „Tut mir Leid. Mehr als wir bereits getan haben, ist nicht drin. Das Weitere ist dir und auch Samantha überlassen.“ Anna drehte sich noch einmal um, bevor sie die

      Küche verließ. „Einen Tipp kann ich dir jedoch geben. Lass deinen Charme spielen und lass ihr ihren Schutzraum.“

      „Ich verstehe! Danke!“

      „Nichts zu danken. Im Grunde, bist du kein schlechter Kerl. Zeig das Sammy und das Weitere wird leicht!“

       In dieser Familie muss man sich einfach geborgen fühlen. Sie strahlt so eine Herzlichkeit aus, wie ich es noch nie gesehen habe.

       Doch, bei Nick und Jessica. Es ist alles noch viel zu verworren. Wenn ich daran

       denke, was diesen Menschen angetan wird, bekomme ich eine stink Wut! Doch erst

       einmal muss ich diese vermaledeiten Haare loswerden.

      Sich