Jennifer Scheil

P.E.M. Projekt Evolution Mensch


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wurde die Tür von Innen geöffnet und Tom lugte heraus. „Was willst du?“

      „Nur deinem Opa eine Frage stellen. Wenn du es erlaubst?!“ Mit einem Stoß, öffnete der Junge die Tür weiter und ließ einen Blick ins Innere des Zimmer zu. Jonas saß auf dem Boden und stellte die Figuren auf das Spielbrett zurück, bevor er ächzend versuchte, sich zu erheben. John hob abwehrend die Hände. „Nicht doch Jonas, bleib sitzen! Ich wollte doch nur wissen, ob du einen Haarschneider besitzt. Mein Erscheinungsbild ist nicht besonders zivilisiert.“ Jonas streckte John die Hand entgegen. „So etwas besitze ich allerding. Ich hol ihn dir. Er ist in meinem Zimmer.“ John ergriff die Hand und zog den Alten ohne sichtliche Anstrengung auf die Füße.

      John war gerade damit beschäftigt sich zu rasieren, als Jonas grinsend ins Bad herein sah. „Wenn du etwas zu tun haben möchtest, habe ich da was für dich. Vorausgesetzt, du kennst dich mit Autos aus. Der alte Kadett macht nicht mehr so gut mit, wie er sollte.“

      „Kein Problem. Autos sind auch nur Maschinen. Übrigens“ John legte Jonas lächelnd, eine Hand auf die Schulter. „Mein Name ist John!“ Jonas mit dieser Neuigkeit stehen lassend, verließ John das Bad und ging in den Garten. Jonas stand noch immer am selben Fleck, nicht fähig sich zu rühren.

      Dann brach es wie eine Sturmgewalt aus ihm heraus. „Anna, Anna! Hör doch! Anna, er weiß seinen Namen! Der Junge, weiß seinen Namen!“

       ****

      Samantha kam die Auffahrt herauf, als sie die Geräusche von Stahl auf Stahl vernahm. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie daran dachte, wie ihr Opa wieder einmal versuchte, den alten Kadett zu reparieren. Ihrer Meinung nach, war das vergebliche Liebesmüh. Der Wagen war fast genauso alt wie Jonas und das war für ein Auto Rentenalter.

      Da sah sie ihn, wie er unter dem Auto lag und sichtlich bemüht war, ihm noch einige Kilometer ab zu ringen. Neben dem kleinen Fiat ihrer Mutter sah der Kadett einfach schäbig aus. Lächelnd trat Samantha durch die Gartenpforte und schritt auf das Haus zu. Sie würde Jonas helfen, doch erst musste sie etwas essen.

      Nachdem sie ihren Hunger gestillt hatte, wusch sie ihr Geschirr ab und war dabei, es in die Schränke ein zu räumen, als die Tür zum Garten hin aufschwang. Mit der Überzeugung ihr Großvater käme herein, um sich etwas zu trinken zu holen, griff sie nach einem Glas und der Teekanne. „Na Opa, will er wieder nicht. Hier hast du etwas zur Erfrischung.“ Sich zur Tür umdrehend, erstarrte sie in der Bewegung.

      Vor ihr stand der Fremde aus dem Wald. Seine Haare waren jetzt zwar kürzer und der Oberkörper nackt und mit Öl beschmiert, aber er war es. So wie er da vor ihr stand, stockte ihr der Atem und nur unbewusst nahm sie war, wie Glas und Kanne ihren Händen entglitten und auf den Küchenfliesen zerschellten. Auch, dass sich der Tee über ihre Füße ergoss, bemerkte sie kaum. Endlich wieder Herr ihre Sinne, verließ sie fluchtartig die Küche und eilte an ihrer Mutter vorbei in ihr Zimmer.

      John stand noch immer in der Küche und sah zur Tür als Anna herein kam. Mit einem Blick die Situation erfassend, holte sie Eimer, Wischtuch, sowie den

      Staubsauger. Die anklagenden Reste aufsammelnd, wandte sie sich John zu. „Jetzt weiß sie es!“ John konnte nur nicken. Er hatte gehofft, dass sie nicht so auf ihn reagieren würde. Ja, wenn sie ihn Beschimpft oder schlicht und ergreifend ignoriert hätte, wäre er damit leichter klar gekommen. Er hätte es sogar verstanden. Aber nicht mit dieser Panik in den Augen. Das Entsetzen in diesen schönen Augen zu sehen, schnitt ihm tief ins Herz. Die Angst galt nicht irgendjemandem sondern ihm.

      Anna erhob sich. Als sie den Ausdruck in seinen Augen bemerkte, durchfuhr es sie heiß. John, du scheinst dir über deine Gefühle vielleicht noch nicht im Klaren zu sein, aber ich weis das du mehr als nur bloße Sympathie für Samantha empfindest.

      „John, Kopf hoch, sie wird sich daran gewöhnen, dass du hier bist. Glaub mir, das wird schon werden!“ Sie griff nach einem neuen Glas und einer Flasche Malzbier, die sie John in die Hand drückte. „Danke, Anna. Du bist einfach Gold wert!“

      „Schmeichler. Und jetzt raus mit dir, bevor meine Küche vollends in ein Schlachtfeld verwandelt wird.“

      Samantha lag auf ihrem Bett. Die Arme unterm Kopf verschränkt starrte sie zur Decke. Ihr Inneres war noch immer in einem heillosen Durcheinander. Wieso war er hier? Was machte er hier? Meinem Körper und meinen Gefühlen kann ich auch nicht mehr trauen. Ich könnte mich Ohrfeigen, das war Mamas beste Teekanne. Und dann steht der einfach vor mir. Oh, warte Opa du kannst was erleben. Warum habt ihr mir nicht gesagt, dass ihr ihn hier her holt?

      Das Klopfen an ihrer Tür, hätte sie am Liebsten ignoriert, doch wusste sie aus Erfahrung, dass das nichts brachte. Im Gegenteil. In Punkto Hartnäckigkeit, war ihre Familie einsame Spitze. Somit erhob sie sich und öffnete die Tür. Der vorwurfsvolle Blick ihrer Mutter traf sie tief. „Was ist los mit dir? Das da in der Küche war ja nicht unbedingt eine Glanzleistung!“

      „Oh, Mama bitte! Es tut mir Leid, dass deine Kanne kaputt gegangen ist, es war doch keine Absicht.“ Samantha ging zurück zu ihrem Bett und setzte sich, mit angezogenen Beinen darauf. Als sie ihre Arme um die Knie schlang, setzt sich Anna neben ihre Tochter. „Das weiß ich doch! Das beantwortet aber noch nicht meine Frage!“

      „Ihr hättet es mir sagen sollen!“

      „Was hätten wir dir sagen sollen? Dass John zu uns kommt, war doch schon am ersten Tag klar gewesen. Du hattest es doch sogar selber vorgeschlagen!“ Samantha

      sah ihre Mutter völlig entgeistert an. „Wie, war das John? Soll das heißen, er weiß seinen Namen?“ Ein Gefühl der Freude, durchfuhr sie.

      „Ja er weiß seinen Namen, das ist aber auch schon alles. An andere Ereignisse seiner Vergangenheit erinnert er sich noch nicht!“

      „Das sagt er!?“ Samantha hatte das unbestimmte Gefühl, dass da mehr war, als er sie glauben machen wollte. Aber vielleicht war es auch nur Einbildung.

      In den darauffolgenden Tagen ging sie ihm, so gut es ihr möglich war, aus dem Weg. Wenn er im Garten war und dort arbeitete oder mit Tom und Domino spielte, beobachtete sie ihn immer durchs Fenster. Abends wenn die ganze Familie im

      Wohnzimmer saß und Fern sah oder spielte, versuchte sie Blickkontakt zu vermeiden und sich in Schweigen zu hüllen. In ihrem Inneren tobte ein Kampf, für den sie all ihre Kräfte brauchte. Doch wider Erwarten akzeptierte John das und ging, sollten sie sich zu nahe gekommen sein und ihr unwohl werden, einen Schritt zurück. Er gab ihr so den Abstand, den sie brauchte. Was sie noch mehr verwirrte. Wenn er sie ansprach, war seine Stimme immer ruhig und so sanft, dass sie Innerlich erbebte. Hatte ihre Mutter Recht? Liebte sie diesen Mann, von dem sie nichts wusste, wirklich? Das würde das leere Gefühl erklären, wenn er nicht in ihrer Nähe war. Sobald sie ihn erblickte, schlug ihr Herz schneller und sie konnte jubeln vor Glück. Der harte Glanz in seinen Augen war vollständig einem freundlichen Strahlen gewichen.

      Es war schön und doch irritierend, mit an zu sehen, wie ihre Familie auf ihn reagierte. Tom, der Fremden, vor allem Männern gegenüber, sehr verschlossen und zurück haltend war, vergötterte John regelrecht. Selbst Domino, war kaum von seiner Seite zu bekommen. Das machte Samantha wütend und glücklich zugleich. Als sie an diesem Abend neben ihrer Mutter auf dem Sofa saß, schweifte ihr Blick, ohne das sie darauf Einfluss hatte, zu John hinüber. Er war nun schon knapp zwei Wochen hier und sie konnte sich ein Leben ohne ihn schon nicht mehr vorstellen.

      Plötzlich war ihr Blick gefangen.

      Ohne dass sie es registriert hatte, hatte John den Kopf gehoben. Seine Augen hielten die ihren fest. Samantha verlor sich in ihnen und nichts war mehr wichtig. Sie vergaß alles um sich herum, selbst dass sie ihm nie so tief die Augen hatte sehen wollen. Es faszinierte sie der Gedanke, in diesen Augen Gefühle zu finden, die sie nie zu hoffen gewagt hatte.

      John hielt ihrem Blick stand. Diese großen, unergründlichen Augen, von einer Farbe, die hätte alles sein können, weiteten sich. In ihnen zu versinken kam einem Ertrinken gleich und doch stürzte er sich mit Freude, immer tiefer in sie hinein. Was ihn faszinierte, war die Tatsache, dass sich