Tilman Janus

Klasse Kerle 2


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mir warm heraus. Ich fühlte mich geborgen wie nie vorher.

      Erst nach einer Weile fragte er nach meinem Namen.

      »Ich heiße Maarten«, erzählte er, nachdem ich ihm meinen Namen gesagt hatte. »Meine Mutter ist Holländerin. – Du, ich mag dich so! Du musst mit zu mir kommen, gleich jetzt. Ich will dich noch mal ficken, in meinem Bett!«

      So war er, geradlinig, offen, natürlich. Und ich mochte ihn ja auch! Sehr!

      »Ich glaube, wir müssen dem Besitzer des Kornfeldes vorher noch was zahlen, für die plattgelegten Halme«, meinte ich.

      Er schüttelte den Kopf. »Der Besitzer bin ich doch selber. Großbauer Maarten, Herr über das ganze Land bis zum Horizont.« Er lachte, weil ich nach Luft schnappte vor Überraschung. »Hast du mich für einen Traktorfahrer gehalten?«

      »Ich habe dich für das gehalten, was du bist – für den tollsten Kerl bis zum Horizont!«, sagte ich und schwang mich vor ihn auf den Traktor. Wir saßen beide auf dem Blechsitz. Ich fühlte an meinem Hintern, dass sein Schwanz schon wieder wuchs.

      »Ich lass dich nie mehr weg!«, schrie Maarten mir zu, während wir zusammen auf dem ohrenbetäubend ratternden Traktor über die Feldwege zum Bauernhaus holperten.

      ***

      Der Degen des Zorro

      Betriebsfeste sind schauderhaft, aber die absolute Steigerung sind Betriebsfeste mit Kostümzwang. Nun hat es mich erwischt! Meine Urlaubstage will ich nicht anknabbern, also muss ich hin. Fast fünfzig Mitarbeiter gibt es in unserer Firma, die Fertigungsmaschinen herstellt, und vierzig davon sind Männer. Ist in der Maschinenbaubranche wohl verbreitet, dieses Verhältnis. Dementsprechend stürzen sich die Kerle beim alljährlichen Ringelpietz auf die wenigen Frauen, da hat selbst unsere älteste Putzfrau traumhafte Chancen. Ein Vorteil für mich: Es ergibt sich zwangsläufig, dass Männer zusammensitzen, sogar miteinander tanzen, das war schon immer so bei uns, daran sind alle gewöhnt. Gegen Schwule haben sie in der Firma auch nichts. Außer mir gibt es noch zwei Typen, die sich mehr oder weniger geoutet haben, aber mit denen habe ich nicht viel am Hut – zu alt, zu jung und auch sonst nicht passend. Ich mag es, wenn mein Lover genauso alt ist wie ich, also um die dreißig, und auch ein paar Interessen mit mir teilt.

      Ach ja, also das Kostümfest. Ich stehe vor meinem Kleiderschrank und zermartere mir das Gehirn, was ich anziehen soll. Ich denke im Traum nicht dran, auch nur einen müden Euro für irgendeine Verkleidung auszugeben. Ich könnte ganz in Weiß gehen, als schwuler Engel, oder in Rot, als Teufel mit langem Schwanz … Dabei fällt mir ein, dass »Südsee« auch ein hübsches Thema ist: bloß ein Lendenschurz und am ganzen Körper tätowiert ... bin ich aber leider nicht. Und unser Chef würde vielleicht doch ein bisschen dumm aus der Wäsche gucken, wenn ich fast nackt aufkreuze. Obwohl ich mich nicht zu verstecken brauche mit meinem Body, Fitnesstraining und so, das muss schon sein. Ein Problem – bei dem Lendenschurz – wäre ja auch mein Schwanz, der dazu neigt, bei jeder Gelegenheit ziemlich steif zu werden …

      Ich seufze. Warum habe ich eigentlich keinen richtigen Freund? Wahrscheinlich bin ich einfach zu mäklig.

      Also, ich überlege ernsthaft. Pirat? Batman? Herr der Cock-Ringe? Schon wieder ... Ich gebe zu, dass ich sehr oft an Sex denke. Das ist ja auch eine verdammt schöne Sache. Soll ich mir vor dem blöden Fest noch ein bisschen Entspannung gönnen? Ich streichele mein Teil langsam. Nein, ich lasse ihn los und packe ihn wieder in den Slip. Es macht Spaß, geil zu sein unter so vielen Leuten, und notfalls werde ich schon ein Plätzchen finden, wo ich mir in Ruhe einen runterholen kann.

      Neuer Griff in den Schrank. Es ist wirklich nichts drin, was nach Fasching aussieht. Also improvisieren. Alte, ausgefranste Jeans, dazu ein enges rotes T-Shirt, bei dem ich die kurzen Ärmel in Streifen schneide. Auch den Saum schneide ich ab und knote ihn mir als Stirnband um meine blonden Haare. Dann kommt eine Krähenfeder rein, die ich neulich im Park gefunden habe – fertig! Ich betrachte mich im Spiegel. Ein blonder Indianer mit blauen Augen, im nabelfreien Shirt? Egal! Jacke über und los!

      *

      Ich komme fast als Letzter. He, was da so alles rumwirbelt in unserer großen, pikfein aufgeräumten, bunt geschmückten Werkstatthalle! Ein Gespenst kommt auf mich zu – ach, das ist unser Buchhalter! Und da, Frau Birkmann, die Chefsekretärin, als Primaballerina! Da werden die geheimen Wünsche sichtbar. Wo ist denn Herr Kern, der Chef? Ah, er geht als Freibeuter der Meere. Gut, dass die Kunden ihn so nicht sehen! Sein Bauch schwankt unter der Piratenschärpe, in der verwegen ein Säbel steckt, und die schwarze Augenklappe lässt ihn auch nicht gerade seriöser ausschauen. Die Schlosser sind als Motorradrocker kostümiert, und die Azubis springen als Popsänger herum. Und wer ist das, dieser Typ in Samthosen mit der Krone auf dem Kopf? Natürlich, Hengstmann, der Abteilungsleiter, mein direkter Vorgesetzter. Klar, dass er im Betrieb am liebsten der King wäre.

      Ich hole mir was zu trinken. Das Buffet sieht lecker aus. Das muss man unserem Boss lassen, knickrig ist der alte Kern nicht zu seinen Angestellten. Wenn er doch bloß noch ein paar tolle Männer engagiert hätte, eine männliche Strip-Gruppe oder so was. Sind eigentlich alle da? Ja, scheint so.

      Hengstmann verwickelt mich in ein Gespräch. Der Arsch kann aber auch nicht aufhören mit seiner Besserwisserei. Jetzt ist Vergnügen angesagt! Ich mache mich dünn.

      »Sind Sie auf dem Kriegspfad, Herr Offer?«, fragt Frau Birkmann im Tutu, schwenkt die Beine und lacht.

      »Hab mein Tomahawk vergessen«, sage ich. Wir prosten uns zu. Mit wem soll ich nachher tanzen? Mit Hengstmann jedenfalls nicht. Also, ein bisschen langweilig ist es eben doch, so ein Fest mit Kollegen.

      Die Tür geht auf. Da kommt noch jemand. Wow! Das scheint eine Show-Einlage zu sein! Hat der Alte doch was arrangiert?

      Zorro persönlich tritt ein!

      Mein Blick hängt an ihm wie festgeklebt. Ein toller Kerl! Wie er schon kraftvoll läuft. Und der Brustkorb unter dem schwarzen, eng anliegenden Kostüm! Es ist so knalleng, dass sich die Bizepse markieren und die kräftigen Brustmuskeln. Die schwarzen Hosen sind genauso eng. Ich trau mich kaum hinzugucken. Es geht nämlich richtig los bei mir. Vielleicht hätte ich doch vorher wichsen sollen … Zu spät! Tja, man sieht meinen Ständer, meine Jeans sind eng und leicht – egal! Nicht zu ändern. Gut, dass es nicht so hell ist.

      Zorro schreitet durch die Halle. Sein schwarzer, rot gefütterter Umhang weht leicht. Das Gesicht ist mit der typischen schwarzen Maske halb verdeckt. Darüber trägt er den schwarzen, spanischen Hut, und am Gürtel baumelt sein Degen. Jetzt klatschen alle. Nachher wird das schönste Kostüm prämiert, aber er hat wohl jetzt schon gewonnen. Die Schreibdamen seufzen neben mir sehnsüchtig, die Putzfrauen ebenfalls. Na, ehrlich, ich seufze auch.

      Jetzt geht er direkt an mir vorbei. Er sieht mich sogar an! Der Blick seiner braunen Augen geht mir durch und durch. Es zuckt in meiner Hose. Tut schon weh, so eng ist mein Steifer eingezwängt.

      Sein Mund ist schön, richtig gut geschnitten. Das kräftige Kinn und die Wangen sind glatt rasiert. Jetzt sehe ich sein Schwanzpaket von der Seite. Mein lieber Mann! Ist das eine Hammerpackung! Wenn der vom Zirkus ist, dann dürfen sie ihn in der Nachmittagsvorstellung gar nicht auftreten lassen, der Mann ist ja nicht jugendfrei!

      Aber er tut gar nichts. Schwingt sich nicht am Lasso vom Dach in den Pferdesattel und ritzt auch nicht mit dem Degen sein berühmtes Z in die Backe vom Boss. Er schüttelt dem Chef bloß die Hand, sie reden kurz, dann nimmt Zorro sich ein Glas und mischt sich unter die Belegschaft. Scheint also keine Show zu geben.

      Ich versuche, dem Rächer der Enterbten näher zu kommen. Jetzt unterhält er sich mit Frau Birkmann, sie lachen zusammen. Na, ein bisschen zu alt ist sie ja für ihn. Er ist vielleicht so alt wie ich, schätze ich mal. Hallo, ich bin eifersüchtig! Eifersüchtig und verliebt. Ja, wirklich! In eine Sagenfigur! Also, in eine sagenhafte Figur. Wer ist das bloß? Habe ich ihn schon mal gesehen? Wohl nicht. Oder doch? Was tut der Kerl hier? Vielleicht ein Geschäftsfreund vom Boss?

      Jetzt fängt der Tanz an. Die Heten stürzen sich auf die paar Weiber. Zorro, der