Anne Schröter

Herausforderung des Schicksals


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nicht der normale Alltag, hier wirklich zu leben ist etwas ganz anderes. Sei doch bitte vernünftig. Überleg doch mal.“

      Für einen Moment schwiegen beide.

      „Christina, ist es dir wirklich ernst damit? Willst du es dir nicht doch noch einmal in Ruhe überlegen?“

      Christina schüttelte den Kopf: „Nein, Volker, da brauche ich nicht zu überlegen, es ist mein fester Entschluss. Man kann seinen Gefühlen einfach nicht entrinnen, glaub mir bitte, ich habe es wirklich versucht. Ich wollte das nicht. Es ist einfach passiert. Meine innere Stimme sagt mir, dass ich das tun muss. Ich kann nicht anders — ich liebe ihn. Ich muss meinen Weg zu Ende gehen. Es tut mir so leid … können wir nicht wenigstens gute Freunde bleiben?“

      Während sie diese Worte sagte, füllten sich ihre Augen wieder mit dicken Tränen, was Volker bemerkte. Auch er hatte mit seinen Tränen zu kämpfen.

      Mit belegter Stimme fragte sie schmerzvoll: „Freunde?“

      Wieder trat diese unangenehme Stille ein, bevor er zögernd erwiderte: „Christina, weißt du eigentlich, was du da von mir verlangst? Vorläufig kann ich dir nichts versprechen. Vielleicht später einmal. Ich brauche jetzt erst einmal etwas Zeit. Sei mir nicht böse, wenn ich direkt wieder abreise. Es ist besser so. Ich wünsche dir, dass du glücklich wirst und deine jetzige Entscheidung nicht irgendwann doch noch bereuen musst.“

      Er schaute ihr tief in die Augen und hielt sie an den Schultern fest, als er nun mit weicherer Stimme sagte: „Solltest du einmal Kummer haben, werde ich immer für dich da sein. Vergiss das nicht.“

      Da war es um Christina geschehen, sie konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie weinte bitterlich, als sie leise murmelte: „Bitte verzeih' mir. Ich kann nicht anders.“

      Sie nahmen sich zum Abschied kurz in die Arme. Nun spürte auch Christina seine heißen Tränen auf ihren Wangen. Schnell drehte Volker sich um und ging — es war für beide das Beste. Völlig durcheinander stürmte Christina auf ihr Zimmer, schmiss sich auf ihr Bett und heulte wie ein Schlosshund.

      Kapitel III

      Als sie sich beruhigt hatte, rief Christina Roberto an und berichtete kurz vom Verlauf des Gespräches mit Volker. Außerdem bat sie ihn um Verständnis dafür, dass sie für den Rest des Tages lieber alleine sein wollte. Roberto konnte sich gut in ihre Lage versetzen. Er ahnte, dass ihr die ganze Sache wohl sehr nahe gegangen war. So verabredeten sich erst für den nächsten Tag.

      Immer wieder musste Christina daran denken, wie traurig Volker war. Ja, sie hatte wahre Gewissensbisse wegen der Beendigung ihrer Beziehung. War es richtig gewesen, was sie getan hatte? Sie musste ihm doch die Wahrheit sagen. Ihr war, als hätte sie einen großen Stein im Magen. Vielleicht sollte sie Lilian anrufen? Mit ihr konnte sie immer über alles reden; also wählte sie die Nummer ihrer Schwester.

      Lilian nahm sofort ab und Christina hielt sich gar nicht erst mit langen Vorreden auf, sondern erzählte ihr sofort, was alles vorgefallen war:

      „Stell dir vor, ich habe Roberto wiedergetroffen.“ Überschwänglich vor Glück erzählte sie weiter: „Wir haben uns wieder ineinander verliebt und wollen jetzt endlich heiraten. Er hat mir einen Heiratsantrag gemacht. Du weißt sicherlich noch, wie unglücklich ich damals war und wie sehr ich gelitten hatte? Die ganze Geschichte damals war aber eine üble Verschwörung gegen uns gewesen. Die Eltern hatten uns absichtlich auseinandergebracht. Roberto konnte überhaupt nichts dafür.“ Und sie erklärte ihr die Intrigen der Eltern, von denen Roberto nichts geahnt hatte. „Ihm ging es ebenso wie mir, ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich wir beide sind. Es grenzt schon fast an ein Wunder, dass wir uns wiedergefunden haben.“

      Lilian wollte sie in ihrer Begeisterung über die Wiedervereinigung mit Roberto unterbrechen, doch Christina gab ihr gar keine Gelegenheit dazu. Alles Glück sprudelte nur so aus ihr heraus.

      Doch endlich kam Lilian auch einmal zu Wort: „Christina, das geht mir alles viel zu schnell.“

      „Ja, freust du dich denn gar nicht für mich?“

      „Aber ja“, antwortete Lilian, „es kommt alles nur so plötzlich. Vor allen Dingen, wie willst du das Volker beibringen? Ach … der tut mir jetzt aber leid. Ihr hattet euch doch so gut verstanden. Bist du dir wirklich sicher, dass du das Richtige tust? Du und Volker, ihr hattet doch schon Zukunftspläne geschmiedet.“

      „Mit Volker habe ich schon heute Morgen gesprochen. Er war hier … sicher, er ist sehr enttäuscht. Mich belastet das Ganze ja auch enorm, deshalb rufe ich dich schließlich an. Was soll ich nur machen? Ich liebe Roberto. Er ist die Liebe meines Lebens … das war er schon immer. Du musst ihn unbedingt kennenlernen. Ich komme in den nächsten Tagen nach Hause, das wird das Beste sein. Wenn es für euch in Ordnung ist, würde ich Roberto gleich mitbringen. Du wirst begeistert sein, wenn du ihn triffst. Bis dahin möchte ich dich bitten, dass du dich ein wenig um Volker kümmerst, vielleicht kann auch Stefan mit ihm sprechen? Sie haben ja beruflich miteinander zu tun und sehen sie sich ohnehin sehr häufig.“

      Lilian beruhigte sie in ihrer Planung ein wenig und sagte: „Mach dir nicht so viele Sorgen. Es wird sich schon alles finden. Die Zeit heilt alle Wunden.“

      Lilian kannte ihre Schwester zu genau, um nicht zu bemerken, wie sehr sie die ganze Angelegenheit mit Volker doch belastete. Sie wusste, dass die Gefühle, die sie Volker entgegenbrachte, nicht nur aus reiner Freundschaft bestanden, sondern es war durchaus mehr dahinter. Dennoch machte sie sich Sorgen um Christina. Die ganze Sache mit Roberto gefiel ihr gar nicht. Doch schließlich war Christina alt genug — es war allein ihre Entscheidung.

      Kapitel IV

      Christina verbrachte eine unruhige Nacht. Ein Gewitter zog auf. Aufgrund der erschreckenden Blitze und des gewaltigen Donners war an Schlaf gar nicht zu denken. Das schlechte Gewissen und auch Zweifel, die in ihr hochstiegen, trugen ebenso dazu bei. Ihre innere Stimme meldete sich: War es wirklich richtig, was ich getan habe? Ihr Herz sagte: Ja, du liebst Roberto doch. Ihr Verstand sagte: Willst du etwa alles aufgeben? Deine Heimat, deine Freunde, deinen Job? Und was ist mit Volker? Liebst du ihn nicht auch? Kann Roberto dir das alles ersetzen?

      Christina fand keine Ruhe. Sie nahm sich daher in dieser Nacht fest vor, noch einmal mit Volker zu reden. Er musste sie doch verstehen. Sie waren doch immer ehrlich zueinander gewesen. Christina zog sich das Kissen über den Kopf. Sie wollte einfach nicht mehr drüber nachdenken. Was sollte es auch, schließlich hatte sie sich längst entschieden und Volker wie auch Roberto ihre Entscheidung mitgeteilt. Irgendwann übermannte sie dann doch die Müdigkeit und sie schlief ein.

      Kapitel V

      Am nächsten Tag sah die Welt für Christina wieder ganz anders aus: Die Sonne und die herrlich klare Luft trugen dazu bei. Bei einem Spaziergang mit Roberto erzählte Christina davon, wie schwer ihr die Aussprache mit Volker gefallen war. Ebenso erzählte sie von dem Telefonat mit ihrer Schwester.

      „Am Telefon ist das alles so schwierig zu erklären. Ich muss in Ruhe mit ihr reden. Sie wird mich verstehen. Was hältst du davon, wenn du mich nach Deutschland begleitest? Dann können meine Schwester und ihr Mann dich gleich kennenlernen.“

      Roberto erklärte sich bereit, in den nächsten Tagen mit ihr nach Frankfurt zu fahren. Während der Unterhaltung kam aber auch heraus, dass Roberto am Vorabend noch bei seinen Eltern gewesen war. Er habe so einiges klargestellt und ihnen anständig die Meinung gesagt. Schließlich gaben sie auch alles zu; mit der Begründung, dass sie doch nur sein Bestes gewollt hatten. Angeblich konnten sie damals nicht anders handeln, denn sie hatten schließlich ein Versprechen abgegeben. Ihr einziger Sohn sollte sich mit Maria Biantini vermählen. Sie hatten sich vor diesem Hintergrund auf einige dubiose Geschäfte mit den Biantinis eingelassen: Angeblich hätten seine Eltern sonst sehr, sehr viel Geld verloren. Er verschwieg Christina allerdings den eigentlichen Gesprächsverlauf. Roberto wollte ihr nämlich unbedingt die nach wie vor ablehnende Haltung