Anne Pallas

Lust auf wehrlose Hexen


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plötzlich ein triumphierendes Heulen. So laut und schrecklich, dass es sogar die Geräusche des Unwetters übertönte. Obwohl er Angst um den Hund hatte und er ihm unbedingt zur Seite stehen wollte, konnte er nicht mehr weiterlaufen. Er musste stehenbleiben, riss seine Augen auf und schaute hinein in den dichten Vorhang aus Wasser.

      Schemenhaft sah er die Szene!

      Eine athletische Gestalt stand auf dem kleinen Hügel. In Höhe des Kopfes begann es schwarz zu schimmern, so dass Thomas den Eindruck hatte, es würden dort Haare wachsen. Dies konnte natürlich eine Täuschung sein, aber auszuschließen war es nicht!

      Dann erklang wieder dieses unheimliche Heulen!

      Schaurig und grässlich klang es durch die fahle Dunkelheit. Ein Laut, der Thomas eine Gänsehaut über den Rücken trieb und ihn erzittern ließ. Er wagte nicht mehr, einen weiteren Schritt nach vorn zu gehen. Die Furcht nagelte ihn auf der Stelle fest. Instinktiv ahnte er, dass er unter Umständen sein Leben verlieren konnte, wenn er sich dem unheimlichen Wesen jetzt näherte.

      Der Bodyguard schüttelte sich. Er sah durch den Regen die huschende Bewegung, dann war die unheimliche Erscheinung plötzlich verschwunden. So, als hätte es sie nie gegeben.

      Aber es hatte sie gegeben!

      Thomas bekam den Beweis Sekunden später geliefert, als er die dunklen Teile auf dem Boden liegen sah, die auch nicht vom Regen zur Seite gespült wurden.

      Es war sein Hund!

      Der treue Acon lag zerrissen im nassen Gras.

      Die Augen des Mannes begannen zu brennen. Die seltsam zerfließenden Gebilde der Bäume schienen zu Figuren zu werden. Sie gaukelten ihm Gestalten vor, unheimliche Gespenster! Sein Herzschlag trommelte. Er steigerte sich, die Schläge spürte er oben im Kopf, sie schmerzten förmlich unter seiner Schädeldecke. Obwohl er eine geladene Pistole in den Händen hielt, fürchtete er sich. Ein Gegner konnte im Hintergrund lauern und heimtückisch zuschlagen.

      Schritte!

      Ja, jetzt hörte er sie.

      Sie schienen überall zu sein, die Dunkelheit ließ kaum eine Orientierung zu, aber er konzentrierte sich genauer, versuchte andere Eindrücke auszuklammern und kam zu dem Entschluss, dass die Schritte rechts von ihm aufgeklungen waren.

      Hastig wandte er sich um. Er hielt den Atem an. Und plötzlich sah er die Gestalt!

      Wie eine Statue stand sie da. Unbeweglich, kaum atmend. Er ging langsam noch näher heran. Nach zwei Schritten war er so nahe herangekommen, dass er die Gestalt besser erkennen konnte.

      Und da blieb er stehen.

      Das war kein Monster, kein Tier, sondern eine schlanke Gestalt in einem schwarzen Regenmantel.

      „Hände hoch!“, schrie Thomas und versuchte selbstbewusst zu klingen. „Nehmen Sie die Kapuze herunter und zeigen Ihr Gesicht.“

      Die unheimliche Gestalt gehorchte und zog die Kopfbedeckung herunter. Unbeschreiblich war der Schrecken des Bodyguards, als er in das Gesicht schaute.

      Es war die Fratze einer Bestie!

      Ein Alptraum, ein Geschöpf des Schreckens, Wahnsinn – oder nur ein Spaß? Vielleicht eine Maske, um ihn zu erschrecken?

      Thomas versuchte sich innerlich zu beruhigen, was ihm sehr schwerfiel und auch nicht mehr als ein Zucken seiner Gesichtsmuskeln war. Er holte tief Luft, bevor er es schaffte, eine Frage zu stellen: „Wer sind Sie?“

      „Dein Schicksal!“, antwortete das Wesen in einer rasselnden, kehligen Stimme. Zwei Worte nur! Fauchend ausgestoßen, und dabei bewegte sich die Maske, allerdings so, dass Thomas Zweifel hatte, es hier mit einer wirklichen Maske zu tun zu haben. Das hier war so täuschend echt, und er spürte auch den heißen Atem, der ihm entgegengeweht wurde.

      Kein menschlicher Atem!

      Er zuckte zusammen. Einmal, zweimal, als hätte er Peitschenhiebe bekommen. Das schreckliche Monstrum vor ihm, ein Wesen mit gelblichen Augen und spitzen Raubtierzähnen, blickte ihn wie hypnotisierend an.

      In diesem Moment feuerte er die Pistole ab. Einmal! Zweimal! Dreimal!

      Und jeder Schuss traf exakt das gewünscht Ziel.

      Das unheimliche Wesen wurde in den Oberkörper getroffen und stolperte mehrere Schritte zurück.

      Aber dann geschah das Unfassbare!

      Die Treffer schienen der Kreatur keinen Schaden zugefügt zu haben. Die Bestie wischte die plattgedrückten Patronen vom Regenmantel herunter und lächelte den Bodyguard ironisch an.

      Thomas riss seinen Mund auf, wollte schreien, brachte aber keinen Ton hervor. Nur einen Wimpernschlag später stand das Wesen direkt vor ihm. War es ein Sprung gewesen? Er konnte es nicht sagen, denn alles geschah so furchtbar schnell. Die Bestie holte mit dem rechten Arm aus und schlug Thomas die Pistole aus den Händen. In einem großen Bogen landete die Waffe einige Meter entfernt im Gras.

      „Bitte ... nicht ...!“, flehte Thomas streckte dabei seine Arme aus. Es war eine hilflose, bittende Geste, die Bestie sollte sie sehen, und der hässliche Schädel bewegte sich von einer Seite zur anderen.

      Die Bestie ließ den Mann nicht aussprechen. Sie bewegte sich vorwärts. Ein schneller Schritt, lautlos geführt. Der Mann schaute direkt in die gefährlich funkelnden Augen, die ihn an kalte Sterne erinnerten. Grausam blickten sie ihn an, und er las darin ein Versprechen: Den Tod!

      Die Bestie sprang!

      Es war ein blitzschnelles Abstoßen. Die Kreatur wuchtete sich auf ihr Ziel zu, die Arme hielt sie vorgestreckt, und Thomas, der zwar mit dem Angriff gerechnet hatte, wurde trotzdem von der Schnelligkeit überrascht.

      Zur Seite kam er noch weg, nur schaffte er den Bogen nicht mehr ganz. Die Pranken der Bestie erwischten ihn noch an der Schulter. Es war ein harter Schlag. Der Stoff seiner Kleidung hatte dem nichts entgegenzusetzen. Er wurde von den Krallen zerfetzt! Thomas hörte das Reißen, sein Gesicht verzerrte sich, die Bewegung stoppte, und noch in der gleichen Sekunde verspürte er den Schmerz. Scharf und bitter!

      Da wurde ihm klar, dass die Krallen der Bestie bis auf seine Haut gedrungen waren. Das konnte man nicht mehr als Spaß bezeichnen. Im Gegenteil, es war blutiger Ernst, der Bodyguard ahnte, dass er um sein Leben kämpfen musste.

      Mensch gegen Bestie!

      Hatte er überhaupt eine Chance? Der kampferprobte Personenschützer versuchte optimistisch zu denken, und schlug zu. Diesmal nahm er die Handkante, und er bedauerte den Hieb nicht einmal, freute sich sogar, als er einen harten Treffer landen konnte, der einen Menschen sicherlich zu Boden geschickt hätte, nicht aber diese Bestie. Sie nahm den Schlag zwischen Schulter und Maul, zuckte zwar und torkelte auch zur Seite, aber sie hielt sich auf den Beinen und fuhr fauchend herum. Angriff!

      Thomas sah den Körper kommen. Ein riesiges Monstrum, gefährlich und zerstörend. Diesmal schlug er Mann mit beiden Handkanten zu. Sie kamen links und rechts wie Sicheln. Abermals war das Wesen nicht zu verfehlen. Die Schläge schüttelten es durch, das Fauchen wurde böse, wütend. Der muskulöse Bodyguard stand wie ein Baum, bis die Bestie gegen ihn prallte. Da merkte er, wie schwer dieses Wesen war und welch eine Wucht hinter dem Sprung lag.

      Zwar spreizte er gedankenschnell seine Beine, um den Fall zu bremsen, doch die Kreatur riss ihn einfach um. Für den Mann wurde die Welt zu wirbelnden Schatten. Er knallte zu Boden, die Bestie lag plötzlich auf ihm, und schon führte sie den nächsten Schlag.

      Diesmal wurde Thomas an der Brust getroffen. In seiner Panik wusste er nicht mehr, was er unternehmen sollte. Er riss einfach den Mund auf und schrie. Vielleicht würde er Hilfe bekommen, doch der Regen reagierte wie Watte und schluckte seine Schreie.

      Und dann waren plötzlich die Zähne da! Hart und spitz wie Messer. Sie schauten aus dem Ober- und Unterkiefer. Das Maul klaffte weit auf, biss sich in Fleisch und schloss sich wieder. Thomas verspürte den wilden Schmerz, der ihn zu zerreißen drohte, glaubte sein Blut zu sehen, die Welt verschwand vor seinen Augen, und wurde rot!

      Eine