Karen Erbs

Kapitäne ohne Kurs


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drei bis vier Windstärken. Es ist also überhaupt nicht wie in deinem überflüssigen Gedicht. Es ist eigentlich, wie an dem Tag, als du das erste Mal mit mir auf der Kieler Förde warst. Ein Traumwetter - weißt du noch? Wir haben uns damals mehrere Male auf diesem Törn geliebt.

      Ja, da muss ich doch etwas bitter auflachen.

      Das waren noch leidenschaftliche und zärtliche Zeiten. Unglaublich heute, oder? Wir waren so wild nacheinander, wir kamen kaum raus aus der Kieler Bucht, weil wir nicht die Finger voneinander lassen konnten. Du wolltest mich immer nur küssen, anfassen und anknabbern. Und ich hatte Angst, dass wir von einem Containerschiff platt gemacht werden, das aus dem Nord-Ostsee-Kanal kommt oder auf dem Weg zur Holtenauer Schleuse in Zeitdruck ist. Deswegen ankerten wir damals vor den flachen Sandbänken von Laboe.

      Und dann auf dem Rückweg am Friedrichsorter Leuchtturm noch einmal eine Pause für Sex unter freien Himmel. Dir war es sogar egal, wenn uns die Passagiere der Fördedampfer ficken sehen konnten.

      Oh, sorry! Verletzt das Wort deine zarte Dichterseele?

      Aber du warst der beste Fick meines Lebens.

      Mein Gott, warst du schön und hast mich heiß gemacht. Mit deinen langen wehenden Haaren und deinen nackten, schönen Brüsten kamst du mir vor wie eine dieser geschnitzten Galionsfiguren der alten Segelschiffe. Der Fleisch gewordene Traum eines jeden Matrosen. Das war der geilste Tag meines Lebens.

      Und habe ich dir seitdem nicht alles gegeben, was du wolltest? Aber nichts davon hast du verdient.

      Ja, dass du mir jetzt nickend zustimmst, kann ich verstehen. Dir geht wahrscheinlich dein kleiner, knackiger Arsch auf Grundeis. Apropos Grund – da wirst du sicher nicht landen. Obwohl, hm …, vielleicht finde ich ja noch etwas, um es dir um deine schmale Taille oder deine kleinen Fußgelenke zu binden. Du mochtest ja Mafiafilme noch nie, aber die finde ich nun wiederum inspirierend.

      Wer braucht schon Dandys, die wie schwule Balletttänzer in hautengen Hosen und mit Rüschen verziert durch die Gegend stolzieren. So ein fieser, kaltblütiger Mafiamord im Hafenbecken oder in Beton, da lacht doch das Männerherz. Das sind noch echte Kerle. Prost, mein Liebchen und tut mir leid, dass ich dir mit dem Knebel im Mund natürlich keinen Whisky anbieten kann. Und deinen geliebten Prosecco habe ich schon den Fischen gespendet. Bei einem ordentlichen Seebegräbnis ist mir mein guter alter Schotte doch lieber, findest du nicht auch?

      Deine Krokodilstränen kannst du dir schenken. Ich habe dich durchschaut: Du wolltest nie mich. Du wolltest meinen Namen. Mein Geld, mein Segelboot und meine Villa am Kieler Yachthafen.

      Aber du bist das alles nicht wert und ich lasse mich nicht von einer Blondine aus der thüringischen Provinz verarschen. Das ist nun Vergangenheit. Du bist Vergangenheit! Fischfutter!

      Ja, da wirst du zu Recht ganz blass, mein Schatz.

      Ich finde, wir sind nun weit genug draußen. Findest du nicht?

      Sieh noch ein letztes Mal rüber zum Laboer Ehrenmal!

      Sprich ein Gebet!

      Oder denk an all die Geschenke, die ich dir zu Füßen gelegt habe: Schmuck, edle Dessous, das Cabrio. Von meinem Vertrauen und meinen Gefühlen ganz zu schweigen.

      Du möchtest gerne noch etwas sagen, nicht wahr? Versuchen, mich ein letztes Mal um den Finger zu wickeln. Aber die Zeiten sind vorbei.

      Deine Zeit ist vorbei!

      Was hältst du davon, wenn ich dir vor deinem Abgang noch einmal dein Gedicht vorlese. An Musik habe ich leider nicht gedacht, aber etwas Poesie zum Abschied, das sollte doch ganz nach deinem Geschmack sein.

      Komm, lass dich noch einmal von deinem eigenen Werk berühren.

      Der Titel deines maritimen Gedichtes ist ja schon eine Frechheit für sich:

      Kapitäne ohne Kurs

      Auf dem stillen Ozean der Sprachlosigkeit dümpelte

      unser Boot

      Die frische Brise der Neugierde

      hatte sich gelegt

      Während wir das utopische Festland der Geborgenheit verließen

      Schliefen die letzten Böen der Leidenschaften ein

      Einmal führten uns Wellen der Resignation

      in trübe Untiefen

      Später strandeten wir auf dem seichten Sand

      sturer Vorwürfe

      Die Navigation auf der hohen See der Erwartungen

      Scheiterte im Sturm der Orientierungslosigkeit

      Erst die Flut der Sehnsüchte

      driftete uns auseinander

      Jeder segelte nun

      mit der Windstärke seiner eigenen Bedürfnisse

      Ein gemeinsames Rudern war niemals möglich

      Wir drehten uns nur im Kreis

      Mit den falschen Koordinaten

      Zum Hafen des Glücks

      Oh! Du sagst ja überhaupt nichts!

      Bist du nicht gefesselt von deiner eigenen lyrischen Kreation? Okay, gefesselt bist du ja schon. Aber heute scheine ich dir nichts recht machen zu können. Früher hast du doch Fesselspiele geliebt.

      Ja, ja, die Zeiten ändern sich, nicht wahr, meine schöne Nixe?

      Aber jetzt mal Spaß beiseite. Kommen wir zum Sinn und Zweck unseres Ausfluges. Die Nixe möchte doch sicher abtauchen … in ihr nasses, kühles Grab.

      Oh, Moment ´mal, mein Handy!

      Hallo Claudia, wie geht es dir? Ja, ein Prachtwetter. Wollt ihr heute auch noch raus? Ja? Bis nach Dänemark? WOW! Ja, die dänische Südsee ist zu jeder Zeit die Tour wert. Nein, Verena und ich sind auch draußen. Sie will gleich noch schwimmen gehen, stell dir vor: jetzt im Oktober! Was?

      Kurt hat dir alles von meinem Plan erzählt? Dieser Idiot! Ja, natürlich habe ich alles so gemacht. Nein, natürlich nicht. Ich wollte sie doch nur erschrecken. Was?

      Willst du mich verarschen? Das Gedicht ist von dir?

      Dann willst du deinen Mann also verlassen?

      Nein?

      Das soll nur ein Gedicht sein? Kein Abschiedsbrief? Verena sollte es nur korrigieren?

      Oh, Scheiße. Ich glaube, ich muss ganz schnell Schluss machen. Verena ist ohnmächtig geworden.

      Verena!

      Schatzi?

      Mein Hase - verzeihst du mir noch einmal?

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