Elke Bulenda

Lausige Zeiten


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      Elke Bulenda

      Lausige Zeiten

      Ein humorvoller Fantasy-Roman

      In Gedenken an Erfried senior und Laura.

      Ich bin mir sicher, Azrael verstaute eure Seelen im hellen Behältnis.

      Copyright © by Elke Bulenda

Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.Epubli.de

      Wenn der Weise auf die Sterne deutet; sieht der Dumme nur die Finger.

      (Unbekannter Verfasser)

      Eine wunderschöne, sternenklare Nacht lag über dem Fjord von Høy Øya. Der Mond stand beinahe voll am Firmament. Im Grunde genommen, eine zauberhaft klare Nacht, wie jede andere Nacht dieser Art. Wenn nicht einer der prangenden Sterne, ein sonderbares Licht ausgesandt hätte. Dieser Stern wirkte, als leuchte er in einem gänzlich einzigartigem Schimmer; es hatte den Anschein, als würde er nebenbei gleichzeitig größer werden. Ob es sich dabei um eine optische Täuschung handelte, konnte im Moment niemand sagen, weil gerade zu diesem Zeitpunkt keine Menschenseele dem Firmament große Aufmerksamkeit schenkte. Eigentlich sehr schade, bei so einer funkelnden Pracht. Deutlich zeichnete sich die mächtige Milchstraße vor der undurchdringlichen Finsternis des Weltalls ab. Ein wahrlich ehrfurchtgebietender Anblick.

      Und doch bewegte sich der auffällige Stern zielstrebig der Erde entgegen. Ein Meteorit? Ein Asteroid? Ein Komet? Eine Sternschnuppe? Oder gar Superman?

      Es ertönte ein ohrenbetäubender Knall, als das unbekannte Flugobjekt in die Erdatmosphäre eintauchte, in grell schillernden Farben aufblitzte und einen eindrucksvoll glühenden Schweif sein Gefolge nannte. Wenig später erfolgte eine weitere Detonation, die etliche Kiefern zu Fall brachte und eine Einflugschneise samt stattlichem Krater ins Erdreich fräste. Das zusätzlich Ungewöhnliche, was dieses Schauspiel im Krater hinterließ, war ein glühend roter Gegenstand, der eine beachtliche Dampfwolke von sich gab. Und dieser Gegenstand, dieses rotglühende Etwas, tat Ungewöhnliches - es hustete...

      Wahhh! Na, scheiß die Wand an! Ich glaubte schon, diese Odyssee nähme niemals ein Ende! Als ich mir selbst bestätigte, endlich gelandet zu sein, entfuhr es mir: »Verdammt! Simon! Es hat geklappt! Das Zeitreise-Experiment ist gelungen! Zumindest die Teleportation... Argh, fast jedenfalls, die Landung habe ich mir irgendwie sanfter vorgestellt!«

      Und wo waren, verdammt und zugenäht, meine Klamotten? Herrje! Splitterfasernackt! Ich trug rein gar nichts mehr am Körper, außer Erde, Tannennadeln, Schrammen und Kratzer. Eigentlich nichts Neues, denn ständig wird meine Kleidung zerrissen, verbrannt, aufgeschlitzt, oder entwendet. Das Gleiche gilt für mein Hab und Gut, wenn ich unterwegs bin. Ständig verliere ich meine Sachen. Entweder fallen sie in Gletscherspalten, werden mir von Feinden abgenommen, oder noch Schlimmeres. In Papua-Neuguinea verschluckte ein Krokodil sogar mal mein Handy. War klar, dass ich ebenfalls nicht gänzlich unbeschadet aus so einem Unglück hervorging.

      Ich war nicht nur nackt, sondern trug förmlich eine Decke aus Schmerzen, die mich umhüllte; ein Gefühl, als hätte mich eine verhärmte, bösartige Waschfrau durch ihre Mangel gedreht. Bewegungslos blieb ich liegen und führte im Geiste eine Bestandsaufnahme durch, indem ich vorsichtig, nach und nach, jedes meiner Glieder bewegte.

      »Das gibt es doch nicht! Dieser blöde Wappler war schon wieder kaputt! Au, ahhh!«, knurrte ich unter Schmerzen. …Der Wappler... Das ist ein nicht gerade unwichtiges Teil im Konstrukt von Simons Zeitportal. Simon ist ein wirklich ungewöhnlich intelligenter und begabter Forscher, der auch schon mal unkonventionelle Wege einschlägt. Er erklärte mir die Funktion des Wapplers so: Er verhindere, dass es in Zeit und Raum zu Paradoxen kommt. Wenn der Wappler nicht funktioniert, kommt es zu einer Art Rückkopplung im Zeit-Raum-Gefüge, was zur Konsequenz hätte, dass man gegrillt würde. Nun ja, beinahe wäre dieses Dilemma eingetreten. Außerdem, meinte Simon, für den Fall, funktioniere der Wappler nicht korrekt, könnte man sich selbst während einer Zeitreise über den Weg laufen. Ein sehr beunruhigender Gedanke, aber nur halb so schlimm, wie bei vollem Bewusstsein gegrillt zu werden...

      »Zum Glück bin ich dank meiner Vampir-Gabe feuerresistent!«, sprach ich zu mir selbst, weil ich mir schon von jeher der beste Zuhörer war, und im Moment tröstende Worte brauchte. Ach ja, und ich bin ein Vampir, falls ihr euch fragen solltet, wieso ich solcherlei Tortur überstehen konnte. Jeder Vampir hat Dunkle Gaben, die er als Geschenk von seinem Schöpfer erbt, oder sich im Laufe der Jahre aneignet.

      Eine meiner Dunklen Gaben ist die Telekinese. Das heißt, Gegenstände gekonnt, mittels Gedankenkraft zu bewegen, oder als Waffe einzusetzen. Ebenso kann ich damit eine Art Energiefeld erzeugen, das sowohl als Mauer, als auch wie ein Puffer fungiert. Tja, nur zu dumm, dass es mir bei meinem Sturz nicht in den Sinn kam, meine Fähigkeit geschickter einzusetzen. Das werde ich mir für´s nächste Mal merken.

      Die Pyrokinese, ist meine zweite Gabe. Sie ist wiederum die Kraft, per Gedanken Feuer zu entfachen. Auch eine wirkungsvolle Waffe. Nur ist der Preis sehr hoch, derart Feuer zu erzeugen. Mein Energiehaushalt ist nicht unbegrenzt. Immerhin ein Glücksfall, diese Gabe macht mich resistent gegen Feuer und allzu große Hitze. Kaum auszudenken, wenn ich sie nicht gehabt hätte. Dann wäre ich jetzt ein verkohltes Stück Fleisch unbekannter Herkunft. Und deshalb war ich nackt, weil mein Nano-Suit verglühte, als ich wie ein Feuerball auf die Erde fiel. Bei dieser Hitze wäre wohl so ziemlich alles verdampft. Selbst jetzt kochte mir noch das Blut. Gut, der Anzug ist hin, aber wo war mein Handy geblieben? Krokodile hatten mir hier noch nicht ihre Aufwartung gemacht. Obwohl ich nicht bezweifle, dass es in Urzeiten, als diese Landmasse noch zum Superkontinent Pangaea gehörte, diese Panzerechsen hier zuhause waren. Überhaupt beherbergt der Tiger, der zum Sprung über den Rest Europas ansetzt, das älteste und härteste Granit-Gestein dieses Planeten. Wir Nordmänner sind eben gut geerdet.

      »Ah! Da!«, stöhnte ich, und zog mir ein paar geschmolzene Glassplitter aus der Hüfte. Die Telekommunikation konnte ich damit nun eindeutig vergessen. Ebenso war es hier in dieser Gegend ganz offensichtlich zu einem gravierenden Stromausfall gekommen. Um mich herum, spendeten lediglich die Sterne ihr Licht, - äh, um ganz ehrlich zu sein, noch ein paar brennende Bäume, die ich wohl auf dem Weg zur Erde abfackelte. Wenn ich mich nicht rechtzeitig vom Acker machte, käme bald die Feuerwehr. Falls man mich aufgriff, winkte mir der Knast, weil ich als nackter Waldschrat an Bäumen herum zündelte. Und wieso war es überhaupt dunkel und tief in der Nacht? Als ich den Teleporter programmierte, stellte ich das Gerät so ein, am frühen Nachmittag die Insel zu erreichen. Eigentlich sollte es jetzt hell und warm sein, und nicht kalt und dunkel. Vielleicht lag es an der Erdkrümmung, oder der Sommerzeit? Das veranlasste mich zum Grübeln. Stöhnend und mit schmerzenden Gliedern, kletterte ich aus dem Krater und ließ meinen Blick schweifen. Schließlich musste ich eine wichtige Mission erfüllen.

      »Holla! Welch Verwüstung!«, grinste ich nicht gänzlich ohne Stolz. Meine destruktive Ader war befriedigt, nickte anerkennend und streckte mir ihren Daumen entgegen. »Da kann ich wirklich von Glück sagen, während der Landung nicht gegen einen Baum geprallt zu sein!«

      Mit Bedacht kletterte ich aus dem Krater, setzte mich allerdings schleunigst auf seinen Rand, weil heftiger Kopfschmerz durch meinen Schädel brandete und mich zu einer heiteren Karussellfahrt einlud. Yeah! Jede Faser meines Körpers schien mir ihren Hass entgegen zu speien. Hinter mir ertönte ein quietschendes Geräusch, welches mich sofort alarmierte.

      »Oh, Scheiße!«, stöhnte ich, war bei meiner Flucht aber noch viel zu benommen und langsam, während der Baum fiel und mich unter seinem Gewicht begrub...

      *

      Viele Skeptiker glauben nicht an so etwas wie Zufälligkeiten. Sie führen diese Begebenheiten auf ein Zusammenspiel aus Ursache und Wirkung zurück. Andere glauben an Fatalismus; halten das Schicksal für einen Ränkeschmied und schreiben ihm einzig und allein die Ereignisse zu. In diesem Fall möge jeder selbst entscheiden, welcher listige Gott, oder Teufel, da seine Finger im Spiel hatte. Unweit der Absturzstelle, öffnete sich ein blau gleißendes Portal und Molly Flannigan trat daraus hervor. Zuerst checkte sie die Lage. Suchend sah sie sich nach ihrer