Gitte Loew

Rauch und Asche


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wir nicht schnell unser Material holen? Der Weg ist doch eine Sackgasse und wir kommen auf dem Rückweg sowieso wieder hier vorbei. «

      Olbrich war genervt. Die Nachtschicht ging dem Ende zu und dann hatte ihn das noch erwischt. Ungehalten schnauzte er den Arbeiter an: »Ihr müsst auf die Kollegen von der Kriminalpolizei warten. «

      Roman wich erschrocken zurück. Als Boris merkte, dass er so nicht weiterkam, schlug er einen anderen Ton an. »Chef, bis die Leute von der Kripo auftauchen, sind wir wieder zurück. Es dauert nicht lange. « Er gab Roman einen Wink ins Auto einzusteigen. Der Laster ratterte langsam zu dem weiter entfernt liegenden Gehöft.

      »Ihr habt gehört, was ich gesagt habe«, schimpfte Olbrich ihnen hinterher.

      Eine Viertelstunde später kam ein Opel Insignia den Weg entlanggefahren und vier Personen stiegen aus. »Morgen, ich bin Kommissarin Wolf vom K13 und das ist Herr Rogler der Brandsachverständige. Die anderen Kollegen sind von der Spurensicherung. Wer von Ihnen hat das Auto gefunden? «

      »Zwei Arbeiter«, erklärte Olbrich. »Sie waren auf dem Weg zu ihrem Lager. Im Augenblick laden sie ihr Material bei Kruck auf. Auf dem Rückweg kommen sie wieder hier wieder vorbei. «

      Es begann, fein zu regnen. Hanna zog eine Strickmütze über den Kopf. »Keine schlechte Stelle für einen Brand. Die Böschung zur Straße hin ist hoch. Die Bäume und das Unterholz verdecken die Sicht. « Der Polizist nickte zustimmend. »Ja, nach der anderen Seite hin schirmt die zwei Meter hohe Brombeerhecke den Wagen ab. Außerdem stehen wir direkt am Feld. Da hinten gibt es ein Anwesen, aber da wohnt kaum jemand. « Olbrich kannte sich in der Gegend gut aus.

      »Das ist kein einfacher Diebstahl. Da steckt etwas anderes dahinter«, murmelte Hanna Wolf leise vor sich hin. Der Brandsachverständige kam von seiner ersten Begutachtung zurück. »Wir müssen den Wagen in der Werkstatt untersuchen. Durch die vielen Bäume ist es zu dunkel, um überhaupt etwas sagen zu können. Außerdem lassen sich die Türen und der Deckel des Kofferraums nicht öffnen. «

      »Ich rufe den Abschleppdienst. «

      »Frau Wolf, brauchen Sie mich noch? « rogler war stehen geblieben. »Nein, aber schicken Sie mir bitte Ihren Bericht so schnell wie möglich. «

      »Ich habe viel Arbeit, aber ich tu’, was ich kann! «

      Hanna Wolf lachte. Sie wusste, dass es dauern würde. Der Abschleppdienst kam aber glücklicherweise schneller, als sie alle erwartet hatten.

      »Moin«, rief der Mann aus dem Fahrerhaus und rangierte den Transporter geschickt in die richtige Position. Hanna Wolf stand mit den Kollegen von der Schutzpolizei am Feldrand und beobachtete das Schauspiel. Auf der anderen Seite wartete mittlerweile auch der kleine Laster des Gartenbaus. Nachdem der Fahrer noch zusätzliche Metallstreben unter das Wrack geschoben und befestigt hatte, hob er vorsichtig den Schrott hoch. Beim ersten Ruck sprang plötzlich der Kofferraumdeckel auf.

      Kommissarin Wolf rief: »Halt! « Sie gab Handzeichen, das Ding wieder auf den Boden zu stellen. Der Fahrer setzte seine zerbrechliche Fracht behutsam auf die Erde zurück. Hanna stiefelte zum Auto und leuchtete mit der Taschenlampe in den Kofferraum.

      »Jetzt wissen wir, warum der Täter hierher gefahren ist, und Feuer gelegt hat. « Den Kollegen von der Spurensicherung rief sie laut zu: »Wir haben eine Leiche im Kofferraum. Ich werde den Gerichtsmediziner anrufen, damit er sich vor Ort einen Eindruck verschaffen kann. Der Wagen kann erst danach abtransportiert werden. «

      Die Männer der Spurensicherung machten sich auf den Weg, und steckten das Gelände weitläufig ab.

      »Und was ist mit uns? Können wir vorbeifahren? « Boris guckte ganz verdutzt.

      »Tut mir leid, ihr könnt erst weiterfahren, wenn alle Spuren gesichert sind. «

      »Und wie lange wird das dauern? «

      »Das weiß ich im Moment noch nicht, aber es wird besser sein, ihr informiert euren Chef. « Hanna kümmerte sich nicht weiter um die Arbeiter und ging auf die wartenden Schutzpolizisten zu. Olbrich sah müde aus. Er winkte mit der Hand ab: »Ich schick’ meinen Kollegen auf die Wache zurück. Er kann schon anfangen, den Bericht für die nächste Schicht zu schreiben. Wir haben in einer Stunde Dienstübergabe. Ich bleibe zur Verstärkung hier. Sie können mich nachher am Revier absetzen. «

      Die Kommissarin widersprach ihm nicht. Olbrich stand kurz vor der Pensionierung, da war Nachtdienst anstrengend. Hanna Wolf telefonierte zuerst mit der Staatsanwältin und anschließend mit dem Institut für Gerichtsmedizin. Sie hatte mittlerweile kalte Füße und sehnte sich nach einer Tasse heißen Tee. Nach weiteren 30 Minuten tauchte endlich der Wagen des Arztes auf. Ein grauhaariger Mann stieg aus. Hanna ging ihm entgegen.

      »Morgen Dr. Keller. Wir dachten zuerst, dass jemand etwas entsorgen wollte. Nachdem das Blech angehoben wurde, sprang der Deckel auf. Aber sehen Sie selbst, was der Täter für uns versteckt hat. «

      »Frau Wolf, ich sage ja immer, Sie verkehren in den falschen Kreisen. « Der Arzt verzog sein Gesicht zu einem schiefen Lächeln und lief mit gebeugtem Rücken in Richtung Wrack.

      »Den Job möchte ich auch nicht haben«, entfuhr es Olbrich, der neben der Kommissarin stand. Hanna holte Luft: »Wir nennen ihn nur die Kellerassel. Er ist den Tierchen aus den Grüften doch sehr nah. Meinen Sie nicht? «

      »Ach hören Sie auf. Das wäre nichts für mich. « Olbrich schüttelte sich. Sie waren inzwischen vom Regen ziemlich durchnässt. Hanna fühlte sich im wahrsten Sinne des Wortes wie ein begossener Pudel. Kurze Zeit später kam der Gerichtsmediziner zurück. Er wog den Kopf abschätzend hin und her.

      »Nach meiner Einschätzung muss es zwischen 2 und 4 Uhr in der Früh gebrannt haben, aber das kann Ihnen der Brandsachverständige genauer sagen. Im Freien ist es nicht ganz einfach, den Zeitpunkt des Todes festzustellen. Der Wagen ist nur zum Teil verbrannt. Der Täter hat hauptsächlich das Opfer mit Benzin übergossen und angezündet. Ihm ging es wohl darum, die Leiche unkenntlich zu machen. Das war ein Anfänger, sonst sähe das Ganze anders aus. «

      »Anfänger ist gut, da haben wir vielleicht eine Chance«, Hanna Wolf wischte sich mit einem Taschentuch über ihr nasses Gesicht. Sie wandte sich dem Schutzpolizisten zu, der hinter ihr stand: »Ab wann fahren die S-Bahn-Züge? «

      Olbrich dachte einen Moment nach. »Soviel ich weiß, beginnt der Betrieb wochentags um 4 Uhr. «

      »Gutes Timing«, murmelte Hanna kaum hörbar. Obwohl sie leise gesprochen hatte, war ihre Bemerkung dem Arzt nicht entgangen.

      »Was für ein Glück, das ich mit dem Auto zurückfahren kann. Ich möchte ungern einem Feuerteufel begegnen. « Er reichte Hanna die Hand. »Bericht kommt so schnell wie möglich. Schönes Wochenende Frau Wolf. « Er stieg ins Auto und fuhr davon.

      Hanna schlenderte zu den Männern der Spurensicherung. »Wie sieht es bei euch aus? «

      »Der Regen macht uns die Arbeit auch nicht leichter. Trotzdem werden wir die Gegend noch weitläufig absuchen. Heute Morgen ist noch niemand hier entlanggefahren. Wenn du verschwinden möchtest, ordere bitte einen Wagen für uns, damit wir ins Präsidium zurückkommen. «

      »Kann der Laster vom Gartenbau passieren? «

      »Ja, am Weg haben wir alles gründlich abgesucht. Keine weiteren Reifenspuren. Der Täter muss den Rückweg zu Fuß angetreten haben. «

      Hanna Wolf winkte den Kleinlaster vorbei. Dann ging sie zu dem übermüdeten Olbrich. »Es bringt nichts, weiter hier herumzustehen. Ich nehme Sie mit und setze Sie am Revier ab. «

      Sie stiegen ins Auto und die Kommissarin wendete das Fahrzeug. Sie fuhr hoch zur Eisenbahnbrücke, die über die Bahngleise führte. Die dahinter stehenden Hochhäuser ragten im Regen wenig einladend in die Höhe. Hanna musste an der roten Ampel anhalten.

      »Vielleicht hat unser Brandstifter überhaupt nicht die S-Bahn benutzt, sondern haust in einem der Wohnsilos. Was meinen Sie? «

      »Das glaube ich nicht. Wir haben die Leute aus der Siedlung Frankfurter Berg gut im Griff. Es herrscht Ruhe