Gitte Loew

Rauch und Asche


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Unterkunft der Bundespolizei. Die Beamten sind in den ehemaligen amerikanischen Kasernen stationiert. So viel Polizei, wie in dieser Gegend, gibt es vermutlich in der ganzen Stadt nicht. « Er grinste sie zufrieden an.

      Kommissarin Wolf hielt vor dem 15. Polizeirevier und Olbrich stieg aus. Sie ließ das Seitenfenster runter. »So gut wie Sie, möchte ich es auch mal haben. Sie können mitten im Grünen arbeiten, direkt neben Kirche und Kindergarten. Traumhafte Zustände. «

      Olbrich lachte und verschwand hinter der Eingangstür des Reviers.

      Montag, 3. Juni

      In Frankfurt stieg die Temperatur stetig an. Die Sommerhitze wurde unerträglich. In der Nacht fiel das Thermometer kaum unter 24 Grad. Die Stadt kühlte nicht mehr ab. Hanna saß an ihrem Schreibtisch mit Schweißperlen auf der Stirn. Im Moment telefonierte sie mit der Firma Mercedes. Das Gespräch zog sich schon eine ganze Weile hin. Die Nummernschilder des verbrannten Wagens waren verschwunden. Hanna hatte jedoch von der Spurensicherung die Fahrgestellnummer erhalten. So konnte sie über die Autofirma den Erstkäufer des Wagens ermitteln. Der Mann hieß Edgar Walter und war vor 5 Jahren gestorben. Ihre Nachfrage bei der Zulassungsstelle erbrachte weitere Hinweise. Das Fahrzeug gehörte mittlerweile der Witwe des Verstorbenen.

      »Können Sie mir die Adresse der Halterin geben? «

      »Ja natürlich, Berger Straße 79 A, in Frankfurt am Main. «

      »Vielen Dank, Frau Heinrich. « Kommissarin Wolf stand auf und verließ ihr Büro. Sie öffnete die Tür zum Nebenzimmer.

      »Morgen, Robert. Ich habe die Besitzerin des Mercedes ausfindig gemacht. Bevor wir uns zur ersten Besprechung in der Sache treffen, möchte ich weitere Informationen einholen. «

      Hauptkommissar Jäger lehnte sich im Stuhl zurück und überlegte einen Augenblick. »Ist der Wagen eigentlich als vermisst gemeldet worden? «

      »Nein, die Halterin weiß noch nichts von ihrem Glück. «

      »Naja, mir schwant da nichts Gutes. Hoffentlich triffst du die Frau noch lebend an. Wir setzen uns am besten heute Nachmittag zusammen und sehen uns die Meldungen an, die bis dahin eingegangen sind. Was meinst du, soll ich dich nicht lieber begleiten? «

      »Das wäre gut Robert. Ich habe auch kein gutes Gefühl bei der Sache. «

      »Geht in Ordnung. Organisiere ein Auto. Ich bin in 10 Minuten in der Tiefgarage. «

      Hanna Wolf erledigte die Formalitäten und fuhr mit dem Aufzug ins Untergeschoss. Nachdem Jäger eingestiegen war, lenkte sie den Wagen aus der Tiefgarage des Präsidiums und fuhr auf die Adickesallee Richtung Bornheim. Selbst am Morgen war es nicht einfach, auf der Berger Straße einen Parkplatz zu finden. Doch sie hatte Glück, als ein kleiner Lieferwagen aus einer Parkbucht herausfuhr, huschte sie schnell in die freie Lücke. Die beiden Kommissare stiegen aus. Sie machten sich auf den Weg, um die Hausnummer zu suchen. Hanna entdeckte die Ladenadresse zuerst. Über dem Schaufenster hing ein Firmenschild mit der Aufschrift: „Frankfurter Burleske“. Hinter der Scheibe war auf schwarzem Samt ein rosa Büstenhalter drapiert. Daneben lagen Spitzenhemdchen und das passende Höschen. Jäger lachte vergnügt. »Läuft so ein Laden überhaupt noch? «

      Hanna Wolf musste unwillkürlich auch grinsen. »Trägt deine Frau etwa nur baumwollene Unterhosen? «

      »Natürlich nicht. Wobei ich mir schon öfter die Frage gestellt habe, warum die kleinen Fummel so teuer sind. Schau dir das an, die drei Teile kosten 175 Euro. «

      Hanna zuckte mit den Schultern und drückte die Türklinke zur Boutique herunter, doch die Tür war verschlossen. »Noch zu, wie spät ist es denn? «

      Jäger sah auf seine Armbanduhr. »Schon 10 Uhr. Wann macht das Geschäft denn auf? Siehst du irgendwo ein Schild mit den Öffnungszeiten? «

      Hanna reckte den Hals und suchte nach einem Hinweis. »Nein, aber da ist noch ein Namensschild an den Klingeln. Frau Walter scheint auch ihre Privatwohnung hier im Haus zu haben. «

      Hauptkommissar Jäger drückte auf den Klingelknopf. Kurz darauf summte es und die Tür ging auf. Die beiden Kriminalbeamten stiegen die Treppen nach oben. Die Wohnung befand sich im letzten Stockwerk. Eine kleine grauhaarige Frau guckte durch den Türspalt. Die Tür war von innen mit einem Schieber verriegelt.

      »Guten Morgen, sind Sie Frau Walter? «

      »Nein, sie ist nicht zu Hause, was wollen Sie? Soll ich ihr etwas ausrichten? «

      Hanna Wolf zog ihren Ausweis aus der Tasche und hielt ihn der höchstens ein Meter fünfzig großen Person entgegen. »Ich bin Kommissarin Wolf von der Kriminalpolizei Frankfurt. Wir möchten mit Frau Walter sprechen. Wer sind Sie denn? «

      »Ich bin die Putzfrau, Angelina Montano. Ich weiß nicht, wo Frau Walter hingegangen ist. Als ich heute Morgen kam, herrschte ein ziemliches Durcheinander, aber die Wohnung war leer. Ich dachte, Frau Walter würde bereits im Laden sein. Erst als ich den Müll nach unten gebracht habe, fiel mir auf, dass die Boutique noch geschlossen war. «

      »Wäre es nicht besser, wenn wir uns in der Wohnung unterhalten würden? «

      »Entschuldigen Sie bitte. » Frau Montano öffnete die Verriegelung und wich einen Schritt zurück. Die Kommissare betraten den Flur und sahen sich erstaunt um. Die Wohnung war mit Biedermeiermöbeln eingerichtet. Das passte irgendwie nicht zu einem Geschäft mit dem Namen Frankfurter Burleske. Frau Montano schien zu ahnen, was die beiden dachten. »Alles, was Sie hier sehen, ist aus Kirschbaumholz. Die Antiquitäten sind ein Hobby von Frau Walter. « Die Putzfrau lächelte stolz, als wenn die Möbel ihr selbst gehören würden.

      »Wo könnte Frau Walter denn hingegangen sein? Ist sie schon öfter verschwunden, ohne Ihnen eine Nachricht zu hinterlassen? « Hauptkommissar Jäger beobachtete Frau Montano, die in Gedanken versunken mit einem Staubtuch über die Tischplatte wischte.

      »Nein, eigentlich nicht. Seit Herr Walter tot ist, hat sich aber einiges verändert. «

      »Was wollen Sie damit sagen? « Die Frau gab ihm keine Antwort. Sie blickte stattdessen zum Fenster hinaus. Jäger gefiel das nicht. »Frau Montano, vielleicht ist Frau Walter etwas passiert. Sie müssen uns darüber informieren, was Sie wissen. «

      Die Putzfrau sah erschrocken auf. »Ist Frau Walter mit dem Auto verunglückt? «

      Die Kriminalbeamten warfen sich stumme Blicke zu. Jäger schluckte, bevor er zu reden begann: »Nein, nicht direkt. Wir haben nur ihr Auto gefunden. «

      Die Putzfrau sah ihn verständnislos an: »Und was ist mit Frau Walter? Was hat das zu bedeuten? «

      Hanna Wolf zog einen Stuhl unter dem Tisch hervor und setzte sich. Dann gab sie Frau Montano mit der Hand ein Zeichen, sich zu ihr zu setzen. »Wir müssen Ihnen die Sache erklären. Der Wagen von Frau Walter wurde gefunden. Er ist ausgebrannt. Im Kofferraum lag eine verkohlte Leiche. Wir können noch nicht sagen, wer das ist. Im Moment laufen die Untersuchungen. Bei dem gefundenen Opfer muss es sich nicht um Frau Walter handeln. «

      Frau Montano sagte kein Wort. Sie hielt sich entsetzt die Hände vor den Mund. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, dann heulte sie los. Hanna hatte das befürchtet. Den Kriminalbeamten blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten, bis sich die Putzfrau wieder beruhigt hatte. Nach einer Weile berichtete sie stockend, was sie wusste. »Frau Walter hat seit dem Tod ihres Mannes einige neue Bekannte. «

      »Sie reden von Männerbekanntschaften«, bohrte Hanna Wolf weiter. Sie wollte es genauer wissen.

      Frau Montano nickte: »Das gehört zum Geschäft. Im Laden haben schon immer Frauen und Männer eingekauft. « Während sie sprach, sah sie Hanna geistesabwesend an. Sie war mit ihren Gedanken im Moment ganz woanders.

      »Kennen Sie vielleicht die Namen der neuen Bekannten von Frau Walter? «

      Plötzlich zuckte die Frau zusammen: »Ich kann mich nur an die Vornamen Horst und Siegfried erinnern. Mit Horst saß Frau Walter einmal am Tisch, als ich morgens zur Arbeit kam. Sie hat mich an diesem