Gitte Loew

Rauch und Asche


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      »Hast du Mist gebaut?« Adler war irgendwie irritiert.

      »Nein, es handelt sich um etwas anderes. Wir wär’s morgen Abend beim Schuch in Praunheim? Das Lokal liegt etwas abseits und ist doch gut zu erreichen? «

      »Ich freue mich über deinen Anruf. Das ist eine schöne Abwechslung für mich. Ich kann um 7 Uhr dort sein. «

      »Wenn nichts dazwischen kommt, bin ich pünktlich. Hast du noch immer die gleiche Handynummer? «

      »Ja, da hat sich nichts geändert Hanna. «

      »Danke Max. Ich bin froh, dass du Zeit für mich hast. Dann bis morgen. Tschüs. «

      Adler war mehr als überrascht. Hanna war eine schöne Frau. Was hatte es zu bedeuten, dass ausgerechnet Kommissarin Wolf vom K13 mit ihm privat sprechen wollte?

      Donnerstag, 6. Juni

      Hanna kannte Adler noch von ihren Anfängen bei der Kriminalpolizei. Zum K13 war sie aber erst nach seinem Ausscheiden versetzt worden. Max war ein integrer und ausgesprochen netter Mann. Er hatte warmherzige braune Augen und ein charmantes Lächeln. Außerdem besaß er den nötigen Humor, um den Alltag bei der Polizei ertragen zu können. Sein Absturz tat ihr leid, aber für sie war es auch ein Zeichen, dass hinter all seiner Professionalität ein verletzlicher Mensch stand. Hanna hoffte darauf, dass Max ihr mit seinem fachlichen Rat weiterhelfen konnte.

      ***

      Max verließ am Donnerstagabend zeitig seine Wohnung. Er wollte im Restaurant Schuch einen ruhigen Tisch aussuchen. Hanna schien berufliche Probleme zu haben. Es überraschte ihn, dass sie auf ein Treffen außerhalb des Dienstes bestanden hatte. Nach seiner Versetzung war es ihm nicht entgangen, dass viele seiner früheren Kollegen ihn mieden. Mit einem degradierten Versager will niemand etwas zu tun haben. Im Dunstkreis einer solchen Person möchte keiner stehen, geschweige denn mit ihr in einem Atemzug genannt werden. Er hatte in den vergangenen 3 Jahren die Erfahrung gemacht, dass vermeintlich gute Freunde plötzlich keine Zeit mehr für ihn hatten. Umso mehr freute er sich auf das Wiedersehen mit Hanna.

      Im Restaurant angekommen bestellte er ein Wasser. Die Zeit bis zu ihrer Ankunft vertrieb er sich damit, die Gäste des Lokals zu beobachten. Als Hanna Wolf dann durch die Tür des Restaurants auf ihn zugelaufen kam, war Max von ihrer Erscheinung mehr als beeindruckt. Er stand auf und umarmte sie freudestrahlend.

      »Schön dich zu sehen, du siehst fabelhaft aus«, meinte er voller Anerkennung.

      Hanna lächelte leicht verlegen, warf ihre Tasche auf den Stuhl und setzte sich an den Tisch.

      »Im Moment geht es mir gar nicht so gut. Wir haben eine verbrannte Leiche und kein richtiges Motiv. Außerdem versuchen wir schon die ganze Woche, Zeugen zu finden. Wir kommen nicht voran. «

      »Die Sache am Feld, Richtung Bonames. «

      »Ja, genau. Der Wagen gehört einer Geschäftsfrau aus Bornheim, die verschwunden und bis jetzt nicht wieder aufgetaucht ist. Der Bericht von Dr. Keller steht noch aus. Ich vermute jedoch, dass es sich bei dem verbrannten Opfer, um die Halterin des Autos handelt. «

      »Wie sieht das Umfeld der Frau aus? «

      »Nichts Besonderes, Besitzerin einer Boutique, Witwe, allein lebend. Der Fall ist unauffällig, bis auf einen Schrank, in dem wir alte Reizwäsche gefunden haben. «

      Adler musste unwillkürlich lachen. »Alte Schlüpfer? «

      »Naja, Frau Walter führte ein Dessous-Geschäft mit Namen Frankfurter Burleske. Da war wohl der Name Programm. Der alte Krempel lag in einem verschlossenen Schrank. Jäger hat das Zeug gefunden und vermutet, dass die Wäsche ein Motiv für irgendwelche Fetischisten sein könnte. «

      Adler konnte nicht aufhören zu schmunzeln. »Jäger sieht das mal wieder ganz wissenschaftlich. «

      »Und wie. Aber was denkst du darüber? « Je länger Hanna den lachenden Max ansah, umso schwerer fiel es ihr, ernst zu bleiben. Am Ende stimmte sie in sein Gelächter ein. Das wirkte nach einem langen Arbeitstag richtig befreiend.

      Max wurde wieder ernst. »Ich denke, dass es möglich ist, aber Fetischisten ermorden doch nicht ihre Lieferanten. Die sind froh, wenn sie eine Adresse gefunden haben, bei der sie diskret einkaufen können. Was mutmaßt Jäger denn sonst noch? «

      »Er denkt, dass die Ladeninhaberin versucht hat, ihre Abnehmer zu erpressen. Ihr Geschäft lief in den letzten Jahren nicht so gut. «

      »Das könnte sein. Wie sehen denn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Frau aus? «

      »Die Boutique ist im Erdgeschoss des eigenen Hauses. Es gibt außerdem noch drei weitere Wohnungen, von denen sie Miete erhalten hat. Das Haus steht in der Berger Straße, nahe der Innenstadt. Sie konnte jeden Monat mit guten Mieteinnahmen rechnen. Ich vermute, sie musste überhaupt nicht arbeiten. «

      »Und warum hat sie es dann getan? «

      »Ihr Mann starb vor einigen Jahren. Das Ehepaar hatte keine eigenen Kinder. Ich vermute, dass sie aus Langeweile gearbeitet hat, oder sich einsam fühlte. Nach Auskunft ihrer Putzfrau soll sie in letzter Zeit Herrenbesuche empfangen haben. «

      »Gibt es Zeugen? «

      »Nein, das ist unser Problem. Frau Walter hat sich mit ihren neuen Bekannten wohl im Laden verabredet. Für Außenstehende waren die Besucher ganz normale Kunden, die zum Einkaufen kamen. «

      »Ihr habt also nichts in der Hand? «

      »Genau, und Frau Staatsanwältin Stern drängt. «

      »Das ist nichts Neues. Sie wartet auf spektakuläre Fälle, um den Absprung zum BKA schaffen zu können. «

      »Wir wären erleichtert, wenn sie weggelobt würde. «

      Max blinzelte Hanna verschmitzt an. »Es geht doch nichts über verständnisvolle Kollegen. Aber Spaß beiseite, willst du nur von der Arbeit reden? Hast du denn gar keinen Hunger? Was möchtest du essen? «

      Hanna war unschlüssig. »Einen Salat vielleicht, ich halte mich abends zurück. Du weißt, Frauen und ihr Gewicht. «

      »Hanna sei kein Spielverderber und mach’ mir die Freude. Was hältst du von dem Bachsaibling auf Risotto? Garantiert leicht und gesund. «

      Sie warf ihm einen anerkennenden Blick zu: »Ich freue mich für dich, dass du die Krise überwunden hast und wieder voller Lebensfreude steckst. «

      Aus Max Gesicht wich die Wiedersehensfreude.

      »Ich fühle nicht immer so gut wie im Augenblick. Es liegt daran, dass du dich an mich erinnert hast. Ich hatte oft das Gefühl, dass nicht nur meine Arbeit, sondern auch ich, in Vergessenheit geraten sind. «

      »Max, du kennst doch den Betrieb. Wir kommen selten dazu, über uns selbst nachzudenken. Ständig gibt es Veränderungen und neue Vorschriften. «

      »Verstehe ich schon. Ging mir früher genauso. Wer aber raus ist, beginnt, nachzudenken. All die Kumpel, die mit mir zusammen gearbeitet haben, keiner hat sich bei mir gemeldet. «

      Hanna fühlte sich unbehaglich. »Viele davon sind versetzt worden, arbeiten jetzt ganz wo anders. Der Laden hat sich verändert. «

      Sie hatte die Hand auf seinen Arm gelegt und sich zu ihm gebeugt. Max ergriff, ohne nachzudenken, ihre Finger und hielt sie fest. Er sah sie dabei unmissverständlich an. Hanna senkte zuerst die Augen, entzog ihm die Hand und begann in der Speisekarte zu lesen. »Was trinken wir? «

      »Zur Feier des Tages ein Apfel-Secco als Aperitif? « Als Max ihren ängstlichen Blick sah, schüttelt er ungläubig seinen Kopf.

      »Hanna, ich habe aus Verzweiflung über den Tod meiner Frau getrunken, und nicht, weil ich Alkoholiker bin. Es war unfassbar für mich, dass sie von einem auf den anderen Tag aus meinem Leben verschwand. Wir haben uns geliebt. «

      Hanna fühlte sich peinlich berührt. »Es tut mir leid Max, ich wollte dich