Gitte Loew

Rauch und Asche


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Das Ehepaar hat eine gute Ehe geführt. «

      »Wir denken gar nichts Schlechtes über Frau Walter. Wir möchten nur herausfinden, wo sie sich im Moment aufhält, und ob sie noch am Leben ist. Es ist gut möglich, dass es sich bei der verkohlten Leiche um eine ganz andere Person handelt. Vielleicht ist das Auto gestohlen worden. Oder es wurde eine Straftat damit begangen. Im Augenblick wissen wir nicht viel. Uns liegen noch keine Untersuchungsergebnisse vor. Wann haben Sie Frau Walter denn das letzte Mal gesehen? «

      Der Putzfrau liefen Tränen übers Gesicht. Sie putzte sich die Nase. Danach hatte sie sich etwas gefasst: »Letzten Freitag. Ich komme immer montags, um die Wohnung sauber zu machen, und freitags kümmere ich mich um den Laden. «

      Sie stützte ihren Kopf in die Hände. Die Nachricht über den verbrannten Wagen drang nur langsam in ihr Bewusstsein. Sie wirkte verwirrt. Hanna tat die Frau leid, aber sie konnte keine Rücksicht auf ihre Gefühle nehmen. Die Kripo mußte schnell an Informationen herankommen.

       »Ist es richtig, das Sie Schlüssel für die Wohnung und die Boutique haben? « Anstelle einer Antwort sackte die Frau noch mehr in sich zusammen und nickte hilflos. Hanna spürte, dass es im Moment schwierig war, weiter mit ihr zu reden. »Bitte geben Sie uns die Schlüssel. Bevor Sie gehen, müssen Sie ihre privaten Sachen zusammenpacken. Die Wohnung wird anschließend versiegelt. Sie können die Räume danach nicht mehr betreten. Ich muss die Spurensicherung informieren.«

      Die Putzfrau beugte sich vor und versuchte aufzustehen.

      »Moment, ich habe noch eine Frage. Können Sie sich daran erinnern, wann dieser Horst hier übernachtet hat? «

      Frau Montano sackte auf den Stuhl zurück und zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid, das ist schon eine Weile her. Ich weiß es nicht mehr genau. Ich glaube, dass ich den Mann nur einmal gesehen habe. «

      Hanna Wolf blickte zu Jäger, der stumm den Kopf schüttelte. »Hat Frau Walter ein Telefonverzeichnis? «

      »In ihrer Handtasche. Das wird sie dabei haben, als Sie die Wohnung verlassen hat. «

      Jetzt schaltete sich Hauptkommissar Jäger ein: »Gibt es einen Schreibtisch in der Wohnung, oder steht er im Laden? «

      »Nein, die Bürosachen sind alle im Geschäft. Wissen Sie, Frau Walter hat mehr in ihrem Geschäft gelebt, als in der Wohnung. Wer sie treffen wollte, kam in die Boutique. «

      »Hatte Frau Walter einen großen Bekanntenkreis? Kennen Sie jemanden mit Namen? «

      Ein bitteres Lachen drang aus ihrem Mund: »Wer selbstständig ist, hat einen langen Arbeitstag. Das Geschäft lief seit ein paar Jahren nicht mehr so besonders. Frau Walter hat nach dem Tod ihres Mannes einmal zu mir gesagt, dass sie eigentlich aufhören müsse. Doch der Laden war mehr für sie, als nur Arbeit. Das Ehepaar hat keine eigenen Kinder. Die Stammkunden waren ihre Bekannten. Im Lauf der Jahre wurden es immer weniger. Bevor er starb, gab es eine Verkäuferin in der Boutique. Das lohnte sich später nicht mehr. «

      »Können Sie uns die Namen der Stammkunden nennen? «

      »Ich kenne nur Frau Holler. Sie wohnt in Sachsenhausen. Mit ihr hat sich Frau Walter öfter sonntags getroffen. Die Frauen sind manchmal in den Taunus gefahren, oder haben irgendwo zusammen Mittag gegessen. Vielleicht finden Sie andere Adressen im Schreibtisch. «

      Kommissarin erhob sich. »Wir werden nachsehen. Können Sie uns bitte das Geschäft aufschließen? «

      Die Putzfrau kam nur schwer auf die Füße. Offenbar war ihr die Nachricht in die Glieder gefahren. Hanna Wolf beobachtete sie und meinte zu ihrem Begleiter: »Robert, kannst du mit Frau Montano nach unten gehen? Ich telefoniere in der Zwischenzeit mit Frau Staatsanwältin Stern. Sie wird uns einen Durchsuchungsbefehl ausstellen müssen. So wie es aussieht, ist Gefahr in Verzug. Danach rufe ich die Spurensicherung an. «

      »Kommen Sie Frau Montano. Ich begleite Sie in die Boutique. «

      Hanna Wolf wählte die Nummer der Staatsanwaltschaft. »Guten Morgen Frau Stern. Ich bin am Samstag zu einem ausgebrannten Mercedes gerufen worden. Im Kofferraum lag eine verkohlte Leiche. Ich konnte über die Zulassung die Halterin des Wagens ermitteln, aber die ist zurzeit nicht auffindbar. Ihre Putzfrau hat uns die Wohnungstür geöffnet. Um nach weiteren Hinweisen zum Aufenthaltsort der Vermissten suchen zu können, brauchen wir einen Durchsuchungsbefehl. «

      »Was sagen denn die Nachbarn? «

      »Die Wohnung der Familie Walter umfasst das gesamte Dachgeschoss. Die Gesuchte ist Witwe und Eigentümerin des Hauses. In der Wohnung darunter wohnt eine schwerhörige alte Dame, die von alldem nichts mitbekommen hat. Nebenan ist ein Maklerbüro. Der erste Stock des Hauses ist als Praxis an einen Hautarzt vermietet. Im Erdgeschoss befindet sich die Boutique der Hausbesitzerin. Frankfurter Burleske.«

      »Frankfurter was? «, Frau Stern glaubte, sich verhört zu haben.

      »Burleske, das ist so eine Art Tanz in Unterwäsche. «

      »Was habt ihr denn da wieder an Land gezogen! Und das am Montagmorgen. Ich stelle Ihnen den Durchsuchungsbefehl aus. Im Augenblick bin ich sehr in Eile Frau Wolf. Tschüss. «

      Hanna blickte zum Fenster hinaus. Das Eckhaus bot einen schönen Ausblick auf die Stadt. Zu ihren Füßen lag Bornheim. Geschäftig liefen Menschen durch die Berger Straße. Hanna dachte eine Weile nach. Warum hatte der Täter den Mercedes angezündet? Auf dem Schwarzmarkt hätte das Fahrzeug noch Geld eingebracht. Der Mörder wollte sein Opfer nicht nur töten, sondern auch unkenntlich machen. Wobei es Unsinn war, die Tote im eigenen Auto zu verbrennen. Der Brand sollte vermutlich die Arbeit der Kripo behindern. Bis der Obduktionsbericht vorlag, würde eine Weile vergehen. Die Zeit konnte der Brandstifter für seine Zwecke nutzen. Eines stand fest, dieser Täter würde ihnen Kopfzerbrechen bereiten.

      Dienstag, 4. Juni

      Am nächsten Morgen marschierte Kommissarin Wolf mit diversen Aktenmappen unterm Arm ins Besprechungszimmer. Es roch muffig, aber die Fenster ließen sich nicht öffnen. Sie drehte an dem Thermostat der Klimaanlage herum und gab nach einigen erfolglosen Bemühungen auf. Als nächster erschien Torsten.

      »Was habt ihr im Fall Walter herausgefunden? «

      Hanna blickte spöttisch zu ihm rüber. »Du nervst, das gibt schlechte Punkte. Ich fange erst mit meinem Bericht an, wenn alle eingetroffen sind. Ich habe keine Lust, alles zweimal zu erzählen. «

      Torsten zwinkerte schelmisch, trank einen Schluck aus seiner Wasserflasche und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Er war Anwärter für den gehobenen Polizeidienst und ein pfiffiger junger Mann. Hanna fragte sich manchmal, ob sie in seinem Alter auch so penetrant war.

      »Kannst du bitte den Kaffee aus meinem Büro holen? «

      Torsten machte sich ohne Murren auf den Weg, um die Sachen zu besorgen. Wenige Minuten später erschienen Pat und Patachon, wie die beiden Kommissare Lotz und Feuerstein genannt wurden. Manfred dokumentierte die Fälle des K13 und Jürgen Feuerstein hatte eine Weiterbildung zum Spezialisten für Tatort-Dokumentation gemacht. Als Letzter kam Hauptkommissar Jäger angerannt. Nachdem sich alle mit Kaffee versorgt hatten, begann Hanna mit ihrem Bericht.

      »Im Fall des verbrannten Autos gibt es neue Hinweise. Der Mercedes gehört einer Frau Ulla Walter. Besitzerin der Boutique Frankfurter Burleske auf der Berger Straße. Wir konnten Frau Walter gestern weder in ihrer Wohnung, noch in ihrem Geschäft antreffen. Die Fahndung nach ihr läuft. Ich befürchte allerdings, dass sie nicht mehr am Leben ist. Ihre Privatwohnung befindet sich im gleichen Haus. Wir haben ihre Putzfrau in der Wohnung angetroffen und vorort vernommen. Sie ist nur stundenweise beschäftigt. Leider wusste Frau Montano nicht viel, über ihre Chefin zu berichten. «

      Hauptkommissar Jäger schaltete sich ein. »Das ist unser Problem. Wir wissen nicht, seit wann genau Frau Walter vermisst wird. Sie ist verwitwet und lebt allein. Ihre Putzfrau hat sie am vergangenen Freitag das letzte Mal gesehen. Es gibt bisher keine weiteren Zeugen, die über den Verbleib von Frau Walter Auskunft geben können. Wohnung und Laden wurden von uns versiegelt. «

      Hanna