Axel Birkmann

Der tote Hund in der Dachrinne


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Tagespresse etwas zurück stecken würden. Das wäre super.«

      »Von mir aus. Nur mein Bauchgefühl sagt mir, dass nicht alles Gold ist was glänzt.«

      »Immer diese Verallgemeinerungen. Schrecklich. Also weiter. Familie Löbinger. Zur Tatzeit im Haus, bis auf den Ehemann. Und wo der steckt, weiß gerade niemand. Dann das Haus. Versuchter Einbruch oder so ähnlich. Ein toter Hund in der Dachrinne.«

      »Dackel! Ein toter Dackel!«

      »Kollegin Schütz!«

      »Kollege Kreithmeier?«

      »Ja, ein Dackel. Und weiter?«

      »Ein Dackel ist nicht so schwer wie ein Bernhardiner. Diesen Tatbestand sollten wir nicht unter den Tisch kehren.«

      »Gut! Und was wiegt ein Dackel?«

      »Ich weiß es nicht. Ich kann ja mal im Internet nachschauen. Aber er ist um einiges leichter als ein Bernhardiner, so viel ist sicher«, lachte sie und setzte sich an ihren Computer. Sie gab etwas ein und blickte konzentriert auf den Bildschirm.

      »Ein Dackel wiegt maximal 9 Kilogramm, ein Bernhardiner fast 80 Kilogramm. Schon ein Unterschied. Was wiegt eigentlich dein Gizmo?«

      Kreithmeier dachte nach. »15 bis 20 Kilogramm. Ich weiß es nicht genau. Habe nur mal geschätzt.«

      »Okay. Könntest Du ihn ohne weiteres zehn Meter hoch werfen?«

      »Niemals.«

      »Na siehst du. Und einen Dackel? Acht Kilogramm Lebendgewicht?«

      »Sicherlich nicht lebend, der würde sich wehren und mich beißen.«

      »Aber tot?«

      »Ich glaube schon.«

      »Das heißt doch, jemand muss den Hund nach oben geworfen haben. Nur wer macht so etwas?«

      »Ein Unfall?«

      »Papperlapapp. Niemals. Wo bleiben die Freaks aus der Spusi? Die müssten doch schon erste Resultate haben. Ich ruf mal unten an.«

      Melanie Schütz wählte eine interne Nummer.

      »Ah, der liebe Rainer. Hat dich die Feuerwehr heute um deine tibetischen Übungen gebracht. Nicht. So viel Zeit muss sein. Da hast du Recht.« Mit dem Zeigefinger drehte sie ein paar Kreise vor ihrer Schläfe.

      »Aha, ihr habt schon was für uns. Na dann kommt mal. Erster Stock. Nicht schwer zu finden. Immer der Nase nach. Habe heute Chanel Nummer 5 an. Rosenöl und Orangenschalen. Ihr Spusis müsst das doch erreichen können. Ja, bis gleich.«

      »Was war das denn?«, fragte Alois Melanie.

      »Na, ja, ich weiß, dass der Rainer jeden Morgen, komme was wolle, seine fünf Tibeter macht.«

      »Was? Fünf Tibeter?«

      »Das sind fünf Übungen, die den Körper und Geist gesund halten sollen. Würde dir auch mal gut tun.«

      »Wieso denn das?«

      »Ich meine ja nur. Die Fünf Tibeter sind eine einfach geniale Kombination von fünf Bewegungsabläufen. Sie gehören zu den ältesten fernöstlichen Methoden, Entspannung, Wohlbefinden und Fitness zu finden und somit neue Kräfte und Energien zu tanken. Mir kommt es so vor, als wäre es für dich nicht schlecht, wenn du mal deine Batterien, so für den Alltag, mit Energieübungen regenerieren und aufladen könntest. Du wirkst halt manchmal etwas verspannt. Sprich doch mal mit Rainer. Der macht das seit fünfzig Jahren.«

      »So alt ist er doch gar nicht.«

      »Du weißt nicht mal wie alt er ist, weil er immer jünger aussieht. Im Gegensatz zu dir.«

      »Was heißt denn das jetzt wieder?«

      »Das du älter aussiehst als du bist. Und das kann man sehr leicht ändern.«

      »Mit den Tibetern?«

      »Unter anderem. Ach lassen wir das. Verlorene Liebesmüh. Jeder so wie er will. Ein bisschen Yoga und Meditation kann nie schaden. Vielleicht hilft es dir sogar gegen deine Angst vor der Höhe.«

      »Ich habe keine Höhenangst.«

      »Das habe ich auch nicht gesagt. Aber du wirst mir doch Recht geben, dass es nicht zu deinen bevorzugten Hobbies gehört, Leitern, insbesondere Feuerwehrleitern in die Höhe zu klettern. Und in die Berge zieht es dich ja auch nicht.«

      »Und was hat das jetzt alles mit unserem toten Hund zu tun?«

      »Natürlich nichts. Es sollte nur mal gesagt werden.«

      »Typisch Frau, ihr könnt die Männer nicht so lassen, wie sie sind, immer etwas daran herum zu mäkeln und herum zu ändern.«

      »Wir wollten euch nicht unterbrechen. Ich mag diese Grundsatzdiskussionen zwischen Mann und Frau. Bitte macht ruhig weiter, wir können gerne auch später wiederkommen.«

      Rainer Zeidler und Joseph Schurig standen in der Tür. Sie hatten zugehört. Alois und Melanie hatten sie nicht bemerkt. Wie viel sie von ihrer Grundsatzdebatte mitbekommen hatten, konnten sie nur erahnen. Etwas irritiert bat Alois sie hereinzukommen: »Was habt ihr für uns?«

      »Einiges. Vorab: Die DNA Testergebnisse werden wir vor morgen früh nicht bekommen. Die KTU arbeitet noch dran.«

      »Also?«, bohrte Alois nach. Melanie setzte sich auf ihren Schreibtisch und schlug ihre langen Beine übereinander. Rainer Zeidler fuhr fort mit seiner Erklärung, doch seine Blicke blieben an Melanies nackten Knien hängen, während Schurig steif daneben stand und nur auf die weiße Tafel starrte.

      »Fangen wir mit dem Opfer an, dem Hund, ein Rauhaardackel, vier Jahre alt, 7,8 Kilogramm. Er ist erschossen worden. Kaliber 7,65. Könnte von einer Walther, einer Luger oder Ähnlichem stammen. Ich schätze auf Luger, eine alte Wehrmachtspistole. Schuss direkt in den Kopf. War sofort tot. Die Kugel ist durch den Hundekopf ohne Probleme durchgegangen. Er ist auf der Terrasse erschossen worden. Dort haben wir die Kugel gefunden und Blutspuren. Hülse leider keine. Aber es müsste eine Waffe mit Schalldämpfer gewesen sein. Wir haben fast keine Schmauchspuren auf dem Hund und auf der Terrasse gefunden.«

      »Ich wusste gar nicht, dass es für die Luger einen Schalldämpfer gibt.«

      Joseph Schurig nahm das Wort auf: »Die Luger war seit 1900 die Standardwaffe der kaiserlichen Armee, sie wurde auch unter dem Namen Parabellum bekannt. Entwickelt und erfunden von Georg Luger in Österreich. Anfangs mit Kaliber 7,65, später auch mit Kaliber 9 mm im Handel. Wurde später als P 08 berühmt. Im Zweiten Weltkrieg die Standardwaffe der deutschen Offiziere innerhalb der Wehrmacht. Es gab auch einen Schalldämpfer für sie. Später hat man.....«

      »Danke das reicht, Joseph«, unterbrach Rainer Zeidler seinen Redefluss, »Joseph, unser wandelndes Lexikon.«

      »Also eine Wehrmachtspistole. Mit Schalldämpfer. Höchstwahrscheinlich eine unregistrierte Waffe. Ein Relikt des Krieges. Wer hat so etwas? Waffennarren? Waffensammler? Kriegsfetischisten?«, fasste Kreithmeier zusammen.

      »Wird schwierig sein. Wir haben eine Aufnahme der Kugel ans BKA und LKA geschickt. Vielleicht wissen die etwas. Okay. Weiter. Der Hund muss also nach seinem Ableben in die Dachrinne gekommen sein. Wie, das ist uns noch unklar. Geworfen? Von unten nach oben? Von oben nach unten?«

      »Von oben nach unten?«, fragte Melanie.

      »Ja, aus einem der Dachfenster.«

      »Aha. Aber dann müsste der Dackelwerfer im Haus gewesen sein.«

      »Richtig! Und im Haus haben wir keine Spuren finden können. Nichts.«

      »Wirklich nichts?«, hakte Alois nach.

      »Es gibt auch keine Spuren an der Tür. Wir haben die Kugel, aber keine Hülse, keine Fußspuren, keine Fingerabdrücke.«

      »Wer hinterlässt bei einem Einbruch keine Spuren? Wer tötet kaltblütig mit einem Kopfschuss einen Hund und wirft ihn dann im hohem Bogen durch die Luft,