Elke Bulenda

Himmel, Arsch und Hölle!


Скачать книгу

on>

      Elke Bulenda

      Himmel, Arsch und Hölle!

      Ein humorvoller Fantasy-Roman

      Impressum

      Copyright © 2013 by Elke Bulenda

      Umschlaggestaltung: Elke Bulenda

      Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www. Epubli.de

      ISBN 978-3-8442-6012-0

      … Dann ist der Schmerz loszulassen wohl nichts gegen den Schmerz, wenn einem alles genommen wird …

      (Schiller - aus dem Album Tag und Nacht )

      Irgend etwas trat mich. Benommen blinzelte ich durch meine schweren, halb geöffneten Lider. Aus meiner jetzigen Perspektive ragte die bärtige Zwergin Trixie über mir auf, wie ein mächtiges Gebirge. Und ihr Gesichtsausdruck verriet mir, dass sie nicht in der Laune war, um mit mir Kirschen zu essen. Sie sah eher aus, als hätte sie ein halbes Kilo Zitronen genascht.

      »Sag mal, haben sie dir ins Hirn geschissen? Was liegst du hier am Fuße der Treppe herum?«, zeterte die Energische.

      Es bereitete mir eine ziemliche Mühe, meine Stimmbänder frei zu räuspern.

      »Oh, ich bin die Treppe heruntergefallen«, bemerkte ich.

      »So, so, das wird doch keine 14 Tage gedauert haben, so hoch ist die Treppe nun auch wieder nicht! Du lässt dich nicht mehr blicken, gehst nicht ans Telefon, dein Postkasten quillt über und deine E-Mails beantwortest du auch nicht!«, keifte sie mich an und verschoss noch einen ihrer wüst-wilden Blicke.

      Ich zuckte mit den Schultern und suchte meine Whiskeyflasche. Alles im Liegen, versteht sich. Ich konnte mich jedenfalls noch daran erinnern, zuletzt eine volle Flasche bei mir gehabt zu haben. Nur war sie jetzt spurlos verschwunden und nicht mehr aufzufinden. Schwiegen war meine Reaktion, was die Zwergin nur noch grimmiger machte.

      »Wir machen uns alle schreckliche Sorgen um dich, wir dachten sogar, du wärst abgehauen. Nur warum solltest du dann die ganze Zeit diese fürchterliche Musik laufen lassen?«, fragte sie mich unfreundlich. Ich lauschte.

      Wie immer hatte Trixie recht, oben in meinen Räumlichkeiten lief das Lied Vide Cor Meum in einer Endlosschleife, komponiert aus Dante Alighieri herzzerreißenden Versen. Mir war eben so danach gewesen. Mit anderen Worten: Ich hatte den echten Blues, Depri hoch drei. Mit einem wütenden Blick funkelte ich zurück und knirschte:

      »Ach, lass mich in Ruhe! Was machst du eigentlich hier in meiner Bude?«

      Das hätte ich nicht sagen sollen, nun stemmte die kleine Person ihren freien Arm in die Hüfte und sah mich herausfordernd an. Übrigens auf ihrem anderen Arm balancierte sie einen Karton, der ziemlich schwer zu sein schien. Nur konnte ich aus diesem Blickwinkel nicht erkennen, was sich darin befand und es interessierte mich ohnehin nicht im Geringsten.

      »Ich bringe dir etwas zu trinken! Anna sagte, du seist seit zwei Wochen nicht mehr in der Kantine gewesen, um dir deine Rationen Blut abzuholen. Des Weiteren bringe ich dir deine Scheiß-Post! Du kannst wirklich froh sein, dass du nicht mein Sohn bist! Sonst hätte ich dich für diese freche Aussage über das Knie gelegt! Und zwar nicht zu knapp!«, bedrohte sie mich.

      Wahahaha! Jetzt hatte ich aber Angst! Trixie die Zwergin wollte mich, einen Vampir mit über zwei Metern Körpergröße, über das Knie legen? Wie sollte denn das funktionieren? Nur war ich nicht scharf darauf das herauszufinden.

      Da ich sie dringend loswerden wollte, sog ich die Luft durch die Nase und schnüffelte.

      »Verdammt, hier stinkt es nach Zwergen!«

      Dafür bekam ich prompt die Quittung – einen Tritt von Trixies bestiefeltem Fuß, der wie immer mit Stahlkappen ausgerüstet war. Meine Rippen sendeten mir auf der Stelle ein Dankesschreiben in barbarischem Vokabular. Trixie sah mich hingegen nur kopfschüttelnd an.

      »Verdammt, Ragnor! Sieh dich doch mal an! Du hast keinen Arsch mehr in der Hose und was hast du überhaupt mit deinen Haaren veranstaltet?«

      Misstrauisch zog ich mir einen Zopf vor die Linse. Bei Odin! Seit wann waren meine Haare weiß? Normalerweise ist mein Haar dunkelrot. Das verwirrte mich zutiefst.

      »Scheiße! Jetzt sehe ich wie ein Tattergreis aus! Zwei Wochen sagtest du?«

      … Was habe ich bloß in dieser Zeit getrieben? Ich bin ja fast schon bekannt für meine Blackouts in letzter Zeit, doch zwei Wochen waren mir bisher noch nie vom Schirm gerutscht ...

      »Mit dem Tattern liegst du nicht verkehrt, du zitterst wie Espenlaub, bist wohl auf Entzug, oder was?«, fragte die Zwergin. Doch sie war noch nicht fertig mit ihrer Moralansprache. »Ja, korrekt, seit der Hochzeit von Delia und Simon, wo du dich wohlgemerkt, einfach so vom Acker machtest!«

      … Jetzt muss ich mal ein wenig ausgreifen. Delia ist unsere Seherin und arbeitet genauso wie Simon und auch ich, für die geheime Organisation Salomons Ring. Na ja, ich im Moment eben nicht, weil ich kaltgestellt wurde. Simon, der Leiter der Technischen Abteilung, hegte für Delia schon immer innige Gefühle und lediglich seine Schüchternheit bremste ihn, Delia seine wahre Gesinnung zu offenbaren. Delia ist meine Muse und Freundin. Als ich Simons Dilemma erkannte, ersann ich mit meinen Teamkollegen einen Plan, um das Pärchen zusammenzubringen. Das gelang uns dann auch. Kurz darauf meldete sich Nachwuchs bei ihnen an. Also bei Delia und Simon, nicht bei meinen Arbeitskollegen, Gott bewahre! Und da Delia die Befürchtung hegte, in kein hübsches Brautkleid mehr zu passen, fand die Hochzeit eher statt. Aber da gab es noch einen anderen Grund. Nur habe ich diesen wieder vergessen. Letzte Zeit vergesse ich die einfachsten Dinge. Mein schneller Abgang war damit zu erklären, dass ich in meinem momentanen Zustand so viel Glück auf einmal nicht ertragen konnte, weswegen ich die Hochzeitsfeier überstürzt verließ. Glück ist so eine fragile Sache. Meistens hält es nicht lange. Und was ist schon der Begriff lange, wenn man so wie ich, über 1200 Jahre alt ist? ...

      »Hat dich Sal geschickt, damit du mir hinterher spionierst?«, fragte ich ganz offen, denn Trixie bevorzugte wie ich, gerade heraus ihre Meinung kundzutun. Dafür erntete ich einen gezeigten Vogel von Seiten der Zwergin.

      »Ich weiß echt nicht, was mit dir los ist, aber Sal ist doch schon lange weg. Genauer gesagt, seit Ende der Hochzeitsfeier. Deshalb haben Delia und Simon doch überhaupt die Trauung vorgezogen!«

      Wieder erntete ich ein mitleidiges Kopfschütteln. Zumindest weiß ich jetzt wieder den zweiten Grund, für den vorgezogenen Hochzeitstermin.

      Sal Ormond war der Leiter unserer Organisation. Außerdem ist er mein Vampir-Blutsbruder, weil wir den selben Schöpfer hatten, der uns zu dem machte, was wir heute sind. Sal heißt eigentlich Cornelius und hat so wie ich, schon etliche Jahre auf dem Buckel. Sein Problem ist nur, dass er selbst nach so vielen Jahren noch immer vor anderen leugnet, ein Vampir zu sein. Natürlich gehe ich damit nicht in der Öffentlichkeit hausieren, doch in unserer Organisation wissen alle über meinen Daseinszustand Bescheid. Als er mich nach meinem über 600 jährigen Todesschlaf zurückholte, ahnte niemand, außer mir, dass Sal ein Vampir ist. Doch das änderte sich, als wir in Paris waren und dort auf einen weiteren, fiesen Blutsbruder trafen, der Sal vor unserem Team als Vampir enttarnte. Obendrein konfrontierte er Sal mit finsteren Teilen seiner Vergangenheit, die Sal schon lange in seinem Bewusstsein begraben hatte. Außerdem wurde Sal in Paris von einem rachsüchtigen Kommissar verschleppt und gefoltert. Das war dem armen Sal dann doch ein bisschen zu viel des Guten, und am Ende der Mission gab er seinen Abschied bekannt, um sich zurückzuziehen. Seinen Aufenthaltsort gab er uns nicht preis. Seitdem ist er vom Radar verschwunden. Im Grunde genommen verstanden wir uns nie besonders gut, doch er war der Einzige, der mich noch mit meiner Vergangenheit verband. Und nun ist er weg und ich treibe ohne Ziel und Zweck durch die Zeit, zu der ich überhaupt keinen festen Bezug mehr habe. So gesehen, war Sal für mich immer der Fels in der Brandung, doch seit seinem Verschwinden wurde mir der Grund unter den Füßen entzogen.

      »Erde an Ragnor! Bist du noch da?«, fragte Trixie und sah mich skeptisch an. »Junge, Junge! Du stehst aber mächtig neben der Spur und hast wohl einen fulminanten Kater, wie?«, meinte sie und grinste